Die Kunst-Halle — 4.1898/1899
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https://doi.org/10.11588/diglit.63302#0086
DOI Heft:
Nummer 5
DOI Artikel:Norden, J.: Aus skandinavischen Museen, [2] (Schluss)
DOI Artikel:Gustav, Leopold: Villa Stuck
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70
Die Aun st-Halle
Nr 5
stellung nicht: sie enthält ca. (70 Gemälde, ca. 25
Skulpturenwerke und einige Handzeichnungen und
Radirungen. Auch herrscht kein System in der Samm-
lung, wenn nicht das, hervorragende Werke hervor-
ragendster skandinavischer Künstler, der finländischen
nicht zu vergessen, die u. A. Edelfeldt und Vallgren
vertreten, zusammenzubringen. Aber natürlich fehlen
auch hier nicht die Franzosen: Bernard, Tazin,
Dantan, Pointelin, Raffaelli u. A. Sie sind gleich-
zeitig bezeichnend für den modernen Geschmack des
Sammlers, der übrigens nicht ganz links steht, denn
er wählte von den Werken dieser Franzosen meistens
sozusagen zahmere aus. Mit Genugthuung erfüllte es
mich, daß ich neben diesen auch einem Selbstporträt
Lenbachs und einem guten Böcklin (Waldlandschaft
mit Faun und Nymphe) begegnete. Sonst ist von
deutschen Malereien nur ein unbedeutender Salentin
und ein noch unbedeutenderes Bild des Lindenschmit-
Schülers Schlitt vorhanden. Dafür aber eine große
Anzahl wundervoller skandinavischer Bilder. Da
fehlt, namentlich was die Schweden betrifft, kaum
ein bedeutender Name der letzten 25 Jahre. Ls ist
dabei interessant, zu beachten, wie allmälich die
Düsseldorfer Schule dem pariser Einflüsse die Füh-
rung überläßt . . . Einige ältere Gemälde von
Fritz Thaulow, Bruno Liljefors, Anders Zorn,
fesseln besonders dadurch, daß wir hier diese
Künstler von einer anderen Seite kennen
lernen. Und doch zeigt sich bei Thaulow,
zeigt sich bei Zorn auch damals schon deutlich das,
was Paris später weiter entwickelt hat unter Zurück-
drängung des spezifisch Heimischen, das ihrer heutigen
Malerei fast ganz abhanden gekommen ist, es müßte
denn sein, daß Zorn Landsleute in der Heimat
selbst malt. Da allerdings findet er stets wieder den
Weg zu Mutter Erde zurück. Liljefors dagegen ist
immer sich selbst treu geblieben, nur das seine tech-
nischen Ausdrucksmittel mit der Zeit immer impres-
sionistischer geworden sind. „Die Katze auf der
Vogeljagd" z. B. zeigt noch eine ganz andere Hand-
schrift, als die jüngeren Gemälde des Einsiedlers
von Upsala. Interessant auch sind die großen de-
korativen Malereien, mit denen Karl Larsson, dessen
entzückende Kinderszenen und »bome«-Bilder hier be-
kannt genug sind, einen Treppenaufgang im Hotel
Fürstenberg geschmückt hat. In reich geschnitzten,
ebenfalls von ihm entworfenen Holzumrahmungen
malte er hier drei Allegorien: die Kunst der Re-
naissance und des Rokoko und die nackte Kunst.
Die Tafeln sind im Entwurf eigenartig, schön in
der Linienführung und von blendender Farbenwirkung,
die sonst Larssons starke Seite nicht zu sein pflegt.
Die ganze Fürstenberg'sche Sammlung wird, wie
schon jetzt in Kopenhagen die Iakobsen'sche, wohl
auch einmal im städtischen Museum von Göteborg
ihren Platz erhalten. Diesem Museum hat Fürsten-
berg schon jetzt manches zugewandt. Namentlich
aber haben das Großkaufmann Wilson, Oberst
Melin, die Dicksons, Graf Lewenhaupt und andere
patriotische Göteborger gethan. Von Bürgern der
Stadt überhaupt ist das ganze Museum gestiftet
worden. Es ist in dem jüngst gänzlich umgebauten
Häuserkomplex der einstigen „Ostindischen Kompagnie"
untergebracht und zerfällt in mehrere Abtheilungen,
eine zoologische, botanische, ethnographische u. s. w.
Direktor aller Sammlungen ist der Kammerherr
Karl Lagerberg, Intendant der Kunstabtheilung
w. Lindholm, der kunstgewerblichen vr. Baüth, As-
sistent Herr S. Weinberg. Redaktör S. A. Hed-
lund war es, der (86H die Kunstabtheilung begrün-
dete. Heute zählt sie, durch Stiftungen, Geschenke
und Ankäufe fortlaufend vermehrt, über 3(0 Gel-
gemälde und Aquarellbilder, (63 Skulpturwerke
(darunter 86 Abgüsse von Antiken) und 70 Miniatur-
malereien. Es erscheint begreiflich, daß weit über
die Hälfte aller Kunstwerke auf Skandinavier ent-
fällt, ebenso wie, da man meistens auf Schenkungen
angewiesen war, daß die Sammlung lückenhaft ist
und manche Arbeit aufweist, deren Platz besser nicht
in den schönen Sälen, sondern unten im Keller wäre.
Das bezieht sich namentlich auf einige Kopien nach
niederländischen und italienischen Meistern.
was ich erst von den Liljefors, Thaulow, Zorn
in der Fürstenberg'schen Gallerte sagte, das bezieht
sich ganz ebenso auch auf ihre hier vorhandenen
Arbeiten — es sind meistens ältere. Auch einen
älteren Gallen entdeckte ich hier, aus einer Zeit, wo
er noch eine allgemein verständliche Sprache redete.
Die Sammlung greift übrigens bis auf die ein-
heimischen Maler und Bildhauer zu Beginn des
Jahrhunderts zurück und vervollständigt in dieser
Beziehung die Stockholmer Sammlungen sehr wesent-
lich. Ein Ausflug von Kopenhagen nach Göteborg
beansprucht uur zwei Tage Zeit; wer sich für skan-
dinavische Kunst interessirt, der unterlasse daher, wenn
sich die Gelegenheit bietet, nicht einer: Besuch des
Göteborger Museums, dessen eingehendere Besprechung
mich zu weit führen würde. Nur soviel noch: auch
die kunstgewerblichen Sammlungen sind sehenswerth
und was die Gemälde betrifft, so giebts neben
manchem mittelmäßigen eine Anzahl sehr hervor-
ragender, die man gesehen haben muß, wenn man
sich, wie gesagt, mit skandinavischer Kunst beschäftigt.
Denn die mitteleuropäische Kunst studirt man doch
wohl nicht dort. Sie ist auch recht stiefmütterlich
vertreten. Habe ich doch z. B. nur zwei deutsche
Bilder aufgefunden: einen Grützner und einen Har-
burger.
Aber gerade das Vorherrschen nationaler Kunst-
pflege — auch die Franzosen sind nur sechsmal ver-
treten — wird bei Jedem, der Verständniß für na-
tionale Kunstbestrebungen hat, sicher nur Anklang
finden.
Mila Stuck.
Von Leopold Gustav, München.
Prinzregentenstraße, jene neue vornehmste
Straße Münchens, die sich theilweise an
der Lisisre des Englischen Gartens dahin-
zieht und das bald zu eröffnende National-
Museum, einen Bau von starkem Stylgemisch aber
köstlichem Detail enthält, hat jenseits der Isarbrücke
eine Fortsetzung erhalten. Nicht unmittelbar zwar,
denn erst sind die reizvollen Anlagen mit dem noch
nicht vom Baugerüst enthüllten Friedensdenkmal zu
überschreiten. Dort in der äußeren prinzregenten-
Straße hat Meister Stuck sich eine Villa gebaut, die
zugleich eine künstlerische That bedeutet und mit dem
Hause Lenbachs künftig in einem Athem genannt
werden wird. Noch entbehrt die Umgebung der
völligen Ausgeglichenheit; theils besteht die Nachbar-
schaft aus hübschen Villen, theils aus Bauplätzen
und dann aus — Häuschen von ländlicher Primi-
Die Aun st-Halle
Nr 5
stellung nicht: sie enthält ca. (70 Gemälde, ca. 25
Skulpturenwerke und einige Handzeichnungen und
Radirungen. Auch herrscht kein System in der Samm-
lung, wenn nicht das, hervorragende Werke hervor-
ragendster skandinavischer Künstler, der finländischen
nicht zu vergessen, die u. A. Edelfeldt und Vallgren
vertreten, zusammenzubringen. Aber natürlich fehlen
auch hier nicht die Franzosen: Bernard, Tazin,
Dantan, Pointelin, Raffaelli u. A. Sie sind gleich-
zeitig bezeichnend für den modernen Geschmack des
Sammlers, der übrigens nicht ganz links steht, denn
er wählte von den Werken dieser Franzosen meistens
sozusagen zahmere aus. Mit Genugthuung erfüllte es
mich, daß ich neben diesen auch einem Selbstporträt
Lenbachs und einem guten Böcklin (Waldlandschaft
mit Faun und Nymphe) begegnete. Sonst ist von
deutschen Malereien nur ein unbedeutender Salentin
und ein noch unbedeutenderes Bild des Lindenschmit-
Schülers Schlitt vorhanden. Dafür aber eine große
Anzahl wundervoller skandinavischer Bilder. Da
fehlt, namentlich was die Schweden betrifft, kaum
ein bedeutender Name der letzten 25 Jahre. Ls ist
dabei interessant, zu beachten, wie allmälich die
Düsseldorfer Schule dem pariser Einflüsse die Füh-
rung überläßt . . . Einige ältere Gemälde von
Fritz Thaulow, Bruno Liljefors, Anders Zorn,
fesseln besonders dadurch, daß wir hier diese
Künstler von einer anderen Seite kennen
lernen. Und doch zeigt sich bei Thaulow,
zeigt sich bei Zorn auch damals schon deutlich das,
was Paris später weiter entwickelt hat unter Zurück-
drängung des spezifisch Heimischen, das ihrer heutigen
Malerei fast ganz abhanden gekommen ist, es müßte
denn sein, daß Zorn Landsleute in der Heimat
selbst malt. Da allerdings findet er stets wieder den
Weg zu Mutter Erde zurück. Liljefors dagegen ist
immer sich selbst treu geblieben, nur das seine tech-
nischen Ausdrucksmittel mit der Zeit immer impres-
sionistischer geworden sind. „Die Katze auf der
Vogeljagd" z. B. zeigt noch eine ganz andere Hand-
schrift, als die jüngeren Gemälde des Einsiedlers
von Upsala. Interessant auch sind die großen de-
korativen Malereien, mit denen Karl Larsson, dessen
entzückende Kinderszenen und »bome«-Bilder hier be-
kannt genug sind, einen Treppenaufgang im Hotel
Fürstenberg geschmückt hat. In reich geschnitzten,
ebenfalls von ihm entworfenen Holzumrahmungen
malte er hier drei Allegorien: die Kunst der Re-
naissance und des Rokoko und die nackte Kunst.
Die Tafeln sind im Entwurf eigenartig, schön in
der Linienführung und von blendender Farbenwirkung,
die sonst Larssons starke Seite nicht zu sein pflegt.
Die ganze Fürstenberg'sche Sammlung wird, wie
schon jetzt in Kopenhagen die Iakobsen'sche, wohl
auch einmal im städtischen Museum von Göteborg
ihren Platz erhalten. Diesem Museum hat Fürsten-
berg schon jetzt manches zugewandt. Namentlich
aber haben das Großkaufmann Wilson, Oberst
Melin, die Dicksons, Graf Lewenhaupt und andere
patriotische Göteborger gethan. Von Bürgern der
Stadt überhaupt ist das ganze Museum gestiftet
worden. Es ist in dem jüngst gänzlich umgebauten
Häuserkomplex der einstigen „Ostindischen Kompagnie"
untergebracht und zerfällt in mehrere Abtheilungen,
eine zoologische, botanische, ethnographische u. s. w.
Direktor aller Sammlungen ist der Kammerherr
Karl Lagerberg, Intendant der Kunstabtheilung
w. Lindholm, der kunstgewerblichen vr. Baüth, As-
sistent Herr S. Weinberg. Redaktör S. A. Hed-
lund war es, der (86H die Kunstabtheilung begrün-
dete. Heute zählt sie, durch Stiftungen, Geschenke
und Ankäufe fortlaufend vermehrt, über 3(0 Gel-
gemälde und Aquarellbilder, (63 Skulpturwerke
(darunter 86 Abgüsse von Antiken) und 70 Miniatur-
malereien. Es erscheint begreiflich, daß weit über
die Hälfte aller Kunstwerke auf Skandinavier ent-
fällt, ebenso wie, da man meistens auf Schenkungen
angewiesen war, daß die Sammlung lückenhaft ist
und manche Arbeit aufweist, deren Platz besser nicht
in den schönen Sälen, sondern unten im Keller wäre.
Das bezieht sich namentlich auf einige Kopien nach
niederländischen und italienischen Meistern.
was ich erst von den Liljefors, Thaulow, Zorn
in der Fürstenberg'schen Gallerte sagte, das bezieht
sich ganz ebenso auch auf ihre hier vorhandenen
Arbeiten — es sind meistens ältere. Auch einen
älteren Gallen entdeckte ich hier, aus einer Zeit, wo
er noch eine allgemein verständliche Sprache redete.
Die Sammlung greift übrigens bis auf die ein-
heimischen Maler und Bildhauer zu Beginn des
Jahrhunderts zurück und vervollständigt in dieser
Beziehung die Stockholmer Sammlungen sehr wesent-
lich. Ein Ausflug von Kopenhagen nach Göteborg
beansprucht uur zwei Tage Zeit; wer sich für skan-
dinavische Kunst interessirt, der unterlasse daher, wenn
sich die Gelegenheit bietet, nicht einer: Besuch des
Göteborger Museums, dessen eingehendere Besprechung
mich zu weit führen würde. Nur soviel noch: auch
die kunstgewerblichen Sammlungen sind sehenswerth
und was die Gemälde betrifft, so giebts neben
manchem mittelmäßigen eine Anzahl sehr hervor-
ragender, die man gesehen haben muß, wenn man
sich, wie gesagt, mit skandinavischer Kunst beschäftigt.
Denn die mitteleuropäische Kunst studirt man doch
wohl nicht dort. Sie ist auch recht stiefmütterlich
vertreten. Habe ich doch z. B. nur zwei deutsche
Bilder aufgefunden: einen Grützner und einen Har-
burger.
Aber gerade das Vorherrschen nationaler Kunst-
pflege — auch die Franzosen sind nur sechsmal ver-
treten — wird bei Jedem, der Verständniß für na-
tionale Kunstbestrebungen hat, sicher nur Anklang
finden.
Mila Stuck.
Von Leopold Gustav, München.
Prinzregentenstraße, jene neue vornehmste
Straße Münchens, die sich theilweise an
der Lisisre des Englischen Gartens dahin-
zieht und das bald zu eröffnende National-
Museum, einen Bau von starkem Stylgemisch aber
köstlichem Detail enthält, hat jenseits der Isarbrücke
eine Fortsetzung erhalten. Nicht unmittelbar zwar,
denn erst sind die reizvollen Anlagen mit dem noch
nicht vom Baugerüst enthüllten Friedensdenkmal zu
überschreiten. Dort in der äußeren prinzregenten-
Straße hat Meister Stuck sich eine Villa gebaut, die
zugleich eine künstlerische That bedeutet und mit dem
Hause Lenbachs künftig in einem Athem genannt
werden wird. Noch entbehrt die Umgebung der
völligen Ausgeglichenheit; theils besteht die Nachbar-
schaft aus hübschen Villen, theils aus Bauplätzen
und dann aus — Häuschen von ländlicher Primi-