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Die Kunst-Halle — 4.1898/​1899

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Nummer 15
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H., H.: Aus Weimar
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Gustav, Leopold: Münchener Brief
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https://doi.org/10.11588/diglit.63302#0267

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Dr. so

Die Aunst-L)alle


Auck in der ständigen Ausstellung siir Kunst und Kunst-
gewerbe herrscht reges Leben. Nachdem der Karlsruher
Künstlerbund soeben erst seine Sammlung von Lithographien
und Zeichnungen zurückgezogen hat, haben im Anschluß
hieran der dem Bunde angehörige Maler Biese eine dustig
gesehene Wiesenlandschaft und Prof. Kallmorgen sechs
andere vortreffliche Gelgemälde, Motive aus Polland und
von der Unterelbe gebracht. Letztere erscheinen grau und
sturmgepeischt in zwei kleineren Bildern. Auch eine fein-
farbige Straßenstudie aus Amsterdam hält sich in solchen:
Format; während zwei größere Kanalbilder in Tages- und
Abendbeleuchtung die ganze Sicherheit des Künstlers in der
Wiedergabe des polländischen Milieus in Farbe und Form
bekunden und ein großes Bild „Flachsheuer in Polland"
ein vorzügliches Interieur und Figurenbild abgiebt. Gleich-
zeitig ist ein neuer Lenbach ausgestellt, nämlich das sehr
ähnliche und in bekannter Meisterschaft gemalte Porträt
des Prinzen peinrich VII. Reuß, welches, obwohl nur das
von dunkelbraunem put beschattete Gesicht ausgeführt ist,
doch wieder eine perle Lenbachscher Bildniß-Kunst bedeutet.
Der im Bild Dargestellte hat sich übrigens selbst unter
die Künstler eingereiht, und zwar durch seine schon lange
und neuerdings mit besonderer Pingabe geübte Aquarell-
malerei. Dreiundzwanzig im Monat Februar in der Hin-
gebung Roms entstandene größere Studien in reiner Wasser-
farbentechnik sind von durchaus bildartiger Wirkung und
künstlerischer «Dualität. Siebzehn Aquarellstudien der Frau
Prinzessin Marie Reuß aus derselben Gegend und Zeit
stammend wie die ihres Gemahls, nähern sich auch in der
Malweise und erreichten Wirkung den verdienstvollen Werken
desselben. 6. p.
Münchener Kries.
Don Leopold Gustav.

»M-^ei Peine mann sehen wir z. Z. einen piloty,
welcher so gut wie unbekannt sein dürfte, denn das
Bild war gleich nach feiner Entstehung nach Amerika ge-
langt und kam erst jetzt zurück. „Friedrich V. von der
Pfalz empfängt die Nachricht von der verlorenen Schlacht
am weißen Berge" ist ein neuer Belag dafür, wie innerlich
fremd uns L. v. piloty fchon geworden ist. Der Winter-
könig und seine Gattin sitzen umgeben von ihrem Dofstaat
beim prunkenden Mahle; eine Kapelle spielte eben muntere
weisen auf; Diener trugen noch von dem wohlbesetzten
Kredenztische neue Speisen und weine herbei. Da war
ein geharnischter Ritter in den Saal getreten, der jetzt mit
„schönen Gesten" die Schreckenskunde berichtet. Der böhmische
König steht erschüttert an die Tafel gestützt da, die Königin
beugt das besorgte Antlitz ihn: zu. In vielfachen fein ab-
gewogenen Schattirungen inalt sich in den Gesichtern der
Suite Schrecken, Kummer, Angst und Theilnahme. Doch
kühl bis ins Perz hinan läßt uns diese Paupt- und Staats-
aktion; vielleicht weil wir heute die Entwicklung der Ge-
schichte in tieferen Wurzeln suchen, als sie das Schicksal
des peidelberger Schloßherrn bieten, der auszog mit den:
Szepter und der Krone Böhmens zu spielen. Technisch ist
das Gemälde natürlich sehr interessant und von jener
Eleganz des Dortrags, die noch immer einen großen Theil
unseres Publikums gefangen nimmt.— Auch zu retrospektiven
Betrachtungen ladet diesmal der Kunstverein ein.

Kleine Bilder und Skizzen der beiden Schleich und einiger
ihrer Mitstrebenden! Es sind hübsche Sachen, zwar keine
Perlen darunter, aber doch immerhin Bildchen, welche die
große Kauflust des Publikums rechtfertigen; zeigt sich doch
auch an seinen künstlerischen Abfällen der Meister. Auch
die Kollektion, die Wilhelm Trübner gesandt hat, ist
hauptsächlich von historischem Interesse. Die meisten Bilder
sind nämlich schon recht alt; namentlich in München seit
einen: Zeitraum von ungefähr 20 Jahren oft gesehen und
manchmal wohl über Gebühr gepriesen. Am besten find
ohne Frage die Gemälde, die Trübner hier in München
unter dein Einflüsse Leibls inalte, in dessen damaliger Art.
Sie stammen meist aus dem ersten Lustrum der siebziger
Jahre. Der Studienkopf von dem Mohrei: im grauen An-
zug mit einem Arn: voll rother Blume:: ist entschieden das
prächtigste, was ausgestellt ist. Alte K:n:stvereinsbesucher
erinnern sich dieses Bildes noch gut aus der Zeit vor 25
Jahren; sie meinen, es sähe jetzt noch viel besser aus, seit
die Farben zusammengewachsen sind. Dann das lebens-
große Porträt eines jnngen Perri: ii: Schwarz und eines
Einjährigen sehr hübsch und tief in der Farbe, aber wieder
in stark ausgesprochener Manier. Die wenigen neuen
Porträts aus den letzten Jahren zeigen Trübner quasi als
Nachahmer seiner selbst. Don seinen neuen Landschaften
kann mir leider fast nichts gefallen: Die „Fleckelmanier",
wie der hiesige Atelierausdruck lautet, allein thuts nicht.
Bei so lnftlos gemalten Naturschilderungei: fällt die Der-
nachlässigung der Form um so mehr auf. Angern urtheilt
man so über einen Meister, der fein Können oft bewiese::
und auch als Lehrer an: Städelschen Kunstinstitute zu
Frankfurt, trotz der Kürze seiner dortige:: Thätigkeit, un-
gemein anregend und günstig auf seine Schüler eingewirkt
hat. — Schuster-Weidenbach hat eine Szene aus der Be-
lagerung von Paris mit Benutzung einer Bleibtreuschen
Komposition für das Kasino eines Bayreuther Regiments
gemalt. Auf unkriegerischen Wanderungei: ii: der Um-
gebung der französischen Pauptstadt ist nur der Blick auf
die im Dunstkreis verschwimmende Weltstadt stets impo-
santer-vorgekommen, als auf dem Schusterscher Bilde. Die
Figurei: sind dramatisch belebt; Einiges vielleicht ein wenig
banal; in: Ganzen macht das Gemälde dieses philosophischen
Denkers unter den Pinselführern einen guten Eindruck,
peinrich Rasch bringt ein Bild von der holländische::
Küste: „Die Fluth kommt." Der Künstler zeigt sich uns
hier, was tiefe, kräftige Farbe anlangt, von einer neuen
Seite. Die tiefrothen Segel des Fischerbootes sich gegen
die graue Luft und das schäumende Wasser gestellt von
feinen: Reize. Die beiden Figuren — Mutter und Kind —
sind von frischer Natürlichkeit. Unter den Landschaften von
Meyer-Kaffel ist manches Treffliche, Robert Bichtger hat
Skizzen von einer Hübschei: Einfachheit und Unmittelbarkeit
des Sehens. Anderes zeigt leider BichtgersHNeigung, auch auf
dem Pfade des Kunstgewerblichei: zu wandeln, der in letzter
Zeit vielfach für der alleinseligmachende angesehen wird.

Es ist vielleicht erlaubt, am Schluffe ein paar Worte
über Panoramen zu sagen. In der Theresienstraße ist den:
bekannten pambnrger Pafen von p. Petersen nun ein
Golgatha gefolgt. Ma:: lasse alle Dergleiche mit den: ver-
brannten Panorama piglheins draußen! Entworfen und
gemalt ist das Werk von A. Brouwer; das Landschaftliche
war, laut Beschreibung, dem Maler Krieger übertragen,
wir schätze:: das Landschaftliche am meisten; die Figuren
 
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