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Die Kunst-Halle — 4.1898/​1899

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Nummer 11
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Norden, J.: Berliner Kunstschau
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Kunstchronik
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170

Die Aun st-Halle

Nr. 11

mehr zu betonen, hat der Künstler endlich auch zwei sehr
stimmungsvolle Straßenbilder ausgestellt, zwei Nacht-
stücke — einen dämmernden stillen Winkel am Wasser, in
blauviolettem Mondlichtdunst, und einen Blick auf das
nächtliche Treiben aus Piceadilly mit typischen Figuren
im Schein der Straßen- und Wagenlaternen.
Einem vielversprechenden Griginalradirer begegnen
wir im jungen Berliner Hermann Struck. Er weiß die
Landschaft persönlich aufzufassen und seine Eindrücke
technisch sicher wiederzugeben, wie das Motiv aus dem
Lharlottenburger Schloßxark und die perbststimmung be-
weisen. Uebrigens sind auch die Platten nach Gemälden
von Paul Vorgang (namentlich diese) und von O.
Iernberg seinempfundene Arbeiten.
Die Skulptur vertreten der Münchener pugo Kauf-
mann und der Berliner Friedrich Psannschmidt.
Kaufmanns lebensgroße Bronze-Büste des lachenden Malers
Fr. Wahle ist sehr charakteristisch ausgesaßt uud der
„Daniel" gut in der Bewegung und von packender Ver-
innerlichung. psannschmidt's „Zeit" aus dem Rade inter-
essirt durch die gut beobachtete paltung und die flotte
Durcharbeitung des nackten Frauenkörpers.
* *
Der Salon Ribera bietet eine sehr buntscheckige
Ausstellung, zum Theil Bekanntes, wie die Sammlung
der Magnussen'schen Büsten und die Studien des
Worpsweders Modersohn. Der Hamburger Impressionist
Arthur Illi es wirkt, wie immer, grell und bunt.
Ausnehmen möchte ich nur etwa das Feld mit den
Garben nach dem Regen und die Waldwiese. Lieber
freilich ist mir die „Mondnacht" eines anderen Hamburgers,
Paul Kayser. Wilhelm Iordan's flotte Pastellbildnisse
wirken frappant ähnlich, weil der junge Künstler das
Charakteristische mit wenigen Strichen hervorzuheben weiß.
Die Oelportraits von Polleck-Weithmann dagegen haben
etwas Flaches, polirtes, ohne grade irr Unnatur zu verfallen.
Als tüchtige Landschafter, die auch ihre Motive geschickt
wählen, bewähren sich Pans pigulla (namentlich das
Vorsrühlingsmotiv mit den Birken), Louis Lejeune und
Th. Schinkel, der sich übrigens etwas an den Karlsruher
volckmann anlehnt. Die größte Kollektion hat Frl. M.
poenernach. Ihre Stärke liegt weniger in ihrer im-
pressionistischen Gelmalerei, als in den getönten Zeichnungen,
die Persönlichkeit und Sicherheit verrathen. Auch in der
Plastik ist sie heimisch. Ein flotter Zeichner ist der Elsaßer
Emile Schneider, von denvorhandenenDresdenerKünstlern
nenne ich zwei: den Radirer Georg Jahn, dessen Akte irr
zeichnerischer Genauigkeit wohl den Gipfelpunkt bedeuten,
der aber auch gut charakterisirt, wie im portrait der Mutter
und in der Sirene; sodann Max Lehmann, der ein sehr
gutes Interieur einer Bügelstube und eine Wäscherin im
Freier! gesandt hat. Binnenlust und Freiluft sind mit vielem
verständniß wiedergegeben. Das größte Bild hat der
Weimaraner Lugen Urban beigesteuert, auch ein Interieur,
das eines Waggons I v. Klasse mit erstaunlich viel Raum
und Licht, während einzelne der buntscheckigen Schaar
Reisender ganz treffend, wenn auch etwas derb und auf-
dringlich charakterisirt sind.

Ikunstckronik.
* Berlin. Die Kgl. Nationalgallerie führt die
Gruppe ihrer neuen Besitzstücke vor; bei den meisten fällt
wieder die Bezeichnung „Geschenk" aus. Man sollte die
Namen dieser freigebigen Leute nennen, die hier seit
Kurzem so folgerichtig spenden. Da ist das berühmte
Selbstbildniß A. Böcklin's von ;872 mit dem fiedelnden
Knochenmann, dieser feurige, lauschende Künstlerkopf, der so
oft den Titel unseres Blattes schmückt, ferner p. Thoma' s
mit Ziegen bevölkerte große Schwarzwaldlandschast,
die in gleichem Maaße real und ideal wirkt, ein Selbst-
porträt A. Feuerbach's, flau im Tone, aber seltsam
fesselnd durch den Reiz des blassen schönen Gesichts, was

ja wohl bei Manchem als Kardinalfehler eines Bildnisses gilt.
Da ist ferner ein größerer Leibl, ein „Jäger in der
Landschaft", ausschauend wie ein verjüngter alter Ian
wildens. Line Farbenskizze von p. v. Mar ee's „St.
Georg" entbehrt nicht einer gewissen Größe der An-
schauung, zeigt aber auch, wie maßlos dieser früher ver-
kannte Künstler heute überschätzt wird. Da ist endlich ein
Skarbina, „Abend im Dorfe", eine sein gestimmte
Gouache von L. Dill, „Dachauer Landschaft", die bekannte
große Leinwand von p. v. pab ermann, „Aerztliche
Konsultation" und eine gleichfalls ältere Malerei des f
Bildhauers N. Geiger, „Die Sünderin", ein Kirchen-
interieur, dessen pelldunkel etwas trübe geworden ist. Lin
schwarzseidener japanischer Wandschirm mit einer fabelhaft
geschickten Nadelmalerei, die Stromschnellen des Katsura-
gawa bei Kioto darstellend, bilden den Abschluß. — In
einem Lokal Anter den Linden stellt die Kunststickerin
Frl. Elara Ripsberger aus Dresden eine in Seide auf
Leinwand gefertigte Kopie der Sixtinischen Madonna in
Originalgröße aus. Das Raffinement dieser „Nadel-
malerei" ist so erstaunlich, daß wir der geduldigen Meisterin
gern das Zeugniß ausstellen, sie habe sowohl in den
Fleischtönen wie auch in den stofflichen Theilen der Figuren
getreu die raffaelische pand kopirt. Aber das hindert
nicht, sein Befremden über die Eristenz dieser Arbeit über-
haupt auszusprechen, die nur möglich sein d. h. den Ehr-
geiz nur befriedigen konnte zu unserer Zeit, die auch jene
rein technische Ausgabe der Farbenzerlegung in der Malerei
für hohe Kunst auszugeben im Stande war. vielleicht
findet sich noch Jemand, der eine Kopie der Sixtina in
Originalgröße aus aneinandergeklebten Briefmarken her-
stellt. — In der jetzt geschlossenen Ausstellung von Frau
Permion e von Preuschen, die sich zeitweise eines
guten Besuches erfreute, wurden im Ganzen 32 Skizzen
bezw. Bilder verkauft. -— Eurt Stoeving hatte an zwei
Tagen (;6. und s7. Februar) sein Atelier dem Publikum
zugänglich gemacht. — Der Kaiser hat den Bildhauer
Walter Schott mit einer Monumentalsigur für das
Schlachtfeld von St. Privat beauftragt. Den Entwurf
zu diesem Denkmal hat der Kaiser selbst gezeichnet. Es
soll in der Mitte auf dem Schlachtfelds mit der Front nach
der französischen Grenze ausgestellt werden und gleichsam
den Abschluß der ganzen, dem Andenken der hier gefallenen
Pelden gewidmeten Anlage bilden. Der Entwurf zeigt die
Gestalt eines gewappneten Erzengels, der beide pände
vorn aus ein mächtiges Schwert stützt. Die Figur wird in
einer Größe von 3 m ausgesührt werden. Die pöhe des
ganzen Monumentes, über dessen Sockel Näheres noch nicht
bestimmt ist, wird 5P2 m betragen. — Der ungarische
Maler Laszlo hat gegenwärtig das Bild des Reichskanzlers
Fürsten von pohenlohe aus der Staffelei. — Von den
32 Gruppen für die Siegesallee wurden die letzten drei
vom Kaiser vergeben. Pros. Peter Breuer wird das
Standbild des Kurfürsten Johann Georg modelliren mit
dem Kanzler Diestelmeyer und dem Baumeister Lynar.
Bildhauer Pfretzs chner ist beauftragt, die Gruppe des Kur-
fürsten Joachim Friedrich herzustellen, umgeben von Johann
von Löben und Gras pieronymus von Schlick. Endlich ist
dem Bildhauer Martin Wolfs die Ausgabe geworden, die
Nische mit dem Kurfürsten Johann Sigismund und den
Büsten des Fabian zu Dohna und Thomas von dem
Knesebeck zu schaffen.
* Magdeburg. Pier soll dem berühmten Bürger-
meister der Stadt, Otto v. Guericke, dem Erfinder der
Luftpumpe, ein Denkmal errichtet werden.
* Dresden. Die zu Anfang des vorigen Jahres vom
Geheimen Baurath Wallot verfaßten Skizzen für das neue
Rathhaus hatten im Wesentlichen den Beifall des Rathes
gesunden, hatten jedoch zu einigen Abänderungen im
Einzelnen Anlaß gegeben. Dem Rathe lagen nunmehr die
dementsprechend abgeänderten Skizzen vor, und es wurde
beschlossen, mit diesen Skizzen sich grundsätzlich einverstanden
zu erklären, nach Prüfung der Pläne durch das Baupolizei-
amt die Zustimmung der Stadtverordneten einzuholen und
im Falle solcher Zustimmung den Geheimrath Wallot mit
Ausarbeitung der Baupläne im größeren Maßstabe (t: loo)
zu beauftragen.
 
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