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Die Kunst-Halle — 4.1898/​1899

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Nummer 17
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Gensel, Otto Walther: Die Pariser Salons
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Schestag, August: Wien: Die Ausstellung der "Sezession", [2] (Schluss)
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https://doi.org/10.11588/diglit.63302#0303

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Nr. N

4- Die Kunst-Halle

263

Glück die Art Gerard Dous und Gstades. Lin
Kabinetstück ist der Sperling der Lesbia von Joy.
Unter den Herren - Bildnissen zieht das schöne
Porträt des deutschen Reichskanzlers von Laszlo in
erster Linie unsere Aufmerksamkeit aus sich. Das
herrlichste Damenporträt ist Dagnan-Bouverets „Frau
L. T . . .," gleich wundervoll in der intimen Auf-
fassung wie in der Ausführung. Die Dame sitzt im
schwarzen Trepe-Kleide auf einein mattgelben Sopha,
das liebliche Gesicht mit den unergründlichen Märchen-
augen in die linke Hand, den Ellbogen auf das
übergeschlagene Bein gestützt. Benjamin Tonstants
großes Damenporträt ist höchst elegant, kann sich
aber trotzdem noch bei Weitem nicht mit den Bildern
de la Gandaras messen. Wieviel angenehmer als diese
raffinirten Werke wirkt das anmuthige Damenbildniß
von Stevens. Blanche ist mit einen: großen Bilde
„Der Maler Thsret in seinem Atelier", einem Doppel-
porträt und mehreren entzückenden Studien vertreten.
Unter den Porträtgruppen ragt diejenige Lucein
Simons (seine Freunde Tottet, Dauchez, Menard u.s.w.
in seinem Atelier) besonders hervor. Auch das große
Familienbildniß von Baschet besitzt treffliche (Qualitäten.
(Lin zweiter Artikel folgt.)
'X
Aien-
vie MMellung cler „Zeression."

(Schluß.)
on den Jüngeren sind besonders drei Künstler-
zu erwähnen, die zu schönen Hoffnungen be-
rechtigen : Andri, Orlik und Lenz. Andri tritt
zum ersten Mal in dieGeffentlichkeit und stellt eine ganze
Serie von recht guten Skizzen und Studien aus. In diesen
zeigt er die Früchte einer Wasfenübung in Galizien,
indem er uns sowohl die weite galizische Landschaft,
wie auch das elende armselige Volk in zahlreichen,
theilweise kolorirten Zeichnungen vor Augen führt.
Auch seine Porträtstudien zeugen von ernster Arbeit.
Diel origineller als Andri und voller Linfälle ist der
Prager Orlik in seinen Radirungen, Lithographien
und Holzschnitten, die uns die Vielseitigkeit dieses
Künstlers zeigen. Alles was ihm auf seinen Reisen
anziehend erschien, hat er mit den: Stift notirt, den
Blusenmann mit seinem Mädchen, die Feldarbeiter,
die Kokotte, den schachernden Juden u. s. w. und
seine Arbeiten können sich mit denen der besten
illustrirenden Zeichner messen. Auch seine Bilder, die
zum großen Theile englische Landschaften zum Vor-
wurf haben, find stimmungsvoll und charakteristisch.
Lenz hat eine sehr gute Arbeit ausgestellt: Lin
Mann geht, in Gedanken versunken, über eine
blühende Wiese, da steigen zarte Mädchengestalten
auf und tanzen, blüthengeschmückte Zweige schwingend,
einen Reigen. Der Künstler vereinigt poetische Auf-
fassung mit gediegenen: Können und wir hoffen,
bald wieder von ihn: etwas zu sehen.
Aus den Neichslanden hat sich der Dresdener
Meister Kuehl mit einer Reihe von vorzüglich ge-
malten Ansichten aus Dresden, Hamburg und Lüne-
burg, sowie mit drei Interieurstudien eingefunden.
Skarbina sandte unter Anderen: einen „Reitenden
Schutzmann", eine sehr interessante Studie der künst-
lichen Straßenbeleuchtung. Von Peter Kroyer aus
Kopenhagen ist das bekannte Selbstporträt da, das

man jedesmal von Neuen: bewundern muß. Durch
große Feinheit und Eleganz ist ein Porträt der Gräfin
Noailles von den: pariser Gandara ausgezeichnet.
Wir haben ihn schon in einer früheren Ausstellung
der Sezession, kennen gelernt und müssen hier vor
Allen: wieder auf die vornehme Auffassung aufmerk-
sam mache::. Obwohl die Züge der Gräfin durch-
aus nicht schön zu nennen find, so versteht doch der
Künstler durch die Art des Sitzens, der Arm- und
Körperhaltung den: Bilde einen großen Reiz zu ver-
leihe:: und auch die zarte duftige Wiedergabe des
Kleides ist sehr interessant. Wir können an diesen:
Bilde sehen, was guter Geschmack zu leisten in: Stande
ist. Auch Besnard hat ein Frauenporträt gebracht.
Line Meereslandschaft von ihn:: „Sonnenuntergang",
ist eine Lichtstudie, von deren Wahrheit wir durchaus
nicht überzeugt sind.
Linen ungetrübten Genuß verdanken wir Baert-
soen, der besonders in dem Bilde „Der alte Hafen.
November" eine ergreifende Stimmung zu finde::
wußte. Iu seinen: Bilde auf Seeland giebt er un-
gemein lebhafte Farben, violette Fenster- und Thür-
rahmen, grellrothe Dächer und ein intensiv blauer
Himmel. Die Harmonie der Farben aber ist eine
äußerst glückliche. Lin ganz anderes Problem stellt
er sich in den beiden kleinen Studien: „Die Sackgasse
und „Der kleine Hof". Er malt hier nur die grauen
Mauern und bringt durch die Lichtwirkung eine ganz
intime und anheimelnde Stimmung in diese einfachen
Motive. Thaulow, der Meister des fließenden Wassers,
hat eine alte Fabrik in: Winter gemalt, ein Vorwurf,
dem er, so oft er ihn macht, immer wieder neue
Schönheiten abzugewinnen weiß, ferner ein von
einem Bache durchflossenes Stück eines Dorfes in der
Normandie. Wie sich die gelben und rothen Dächer,
das Grün der Bäume und das Blaue des Himmels
in den: nur leise Wellen werfenden Wasser spiegeln,
das ist meisterhaft wiedergegeben. Auf einen: dritten
Bilde leuchtet das künstliche Licht in der Kirche
St. Jacques zu Dieppe durch die bunten gothischen
Glasfenster auf den vom Monde beschienenen
Kirchenplatz.
Von den pariser Malern hat ferner Raffaelli
zwei seiner Typen: einen „Straßenkehrer" und „einen
Händler", Berton einige Akte, Billotte zwei gute
Arbeiten „Schneelandschaft" und,, Befestigungswerke"
von jener zarten Stimmung, die dieser Maler so be-
sonders liebt, ausgestellt. Maurice Eliot, der in
technischer Hinsicht ganz außerordentlich geschickt ist,
kann uns doch nicht von der Nichtigkeit seiner Farben-
anschauung überzeugen, die Bilder sehen manirirt
und unnatürlich aus. Roger Guillaume zieht uns schon
durch deu Vorwurf seines Bildes an. In einen:
Garten, der von zahlreichen gelben Lampions be-
leuchtet wird, vertreibt sich eine Schaar von Mädchen
die Zeit nut Harfenspiel und Tanz. Die Hellen, in:
Lichte der Lampions ganz eigenartig wirkenden
Kleider geben mit dem eigenthümlich grünen Grund-
tone des Bildes eine ganz eigene Farbensymphonie
und wir sehen nicht ungern ein so phantastisches
Werk eines Künstlers, von den: wir nur verlangen,
daß er über seinen Farben nicht die Zeichnung ver-
nachlässige.
Sehr werthvoll ist es für uns Wiener, in dieser
Ausstellung eine so hervorragende Malerschule, wie
es die zu Glasgow ist, an so gediegenen Arbeiten
genauer studiren zu können. Der vornehme Ton,
auf den diese Bilder gestimmt find, die hervorragende
Technik, die Stimmung, die von diesen Landschaften
 
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