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Die Kunst-Halle — 4.1898/​1899

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Nummer 18
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Fischbach, Friedrich; Bock, Franz [Gefeierte Pers.]: Dr. Franz Bock †
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Thomas, Bertha: London: Die Ausstellungen von 1899
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https://doi.org/10.11588/diglit.63302#0319

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Nr. s8

7- Die Kunst-Palle

277

näheren Bekannten glaubten, er werde das Alter
seines Vaters erreichen, der als Bademeister mit
s)5 Jahren starb. Um so mehr überrascht sein schneller
Tod. — Beine Werke und sein wirken werden so
lange unvergessen sein, als die Vervollkommnung im
Kunstgewerbe das Ziel der Schulen und der Kunst-
freunde bleibt. Ich gestehe dankbar, daß ich stets
große Anregungen durch den Verkehr mit ihm volle
vierzig Jahre hindurch erhalten habe.
Wiesbaden.
Friedrich Fischbach,
Kunstgewerbschnldirektor a. Ib
X
London:
Die -Aueskekbunzen von 1899.
Von Bertha Thomas, London.

as diesjährige Unternehmen der Royal
Academy repräsentirt ein schwaches künst-
lerisches Ergebniß. wer als Fremder die
Londoner Akademie und auch die New Gallery be-
sucht, um die gegenwärtige englische Kunst maßgebend
vertreten zu finden, würde über deren Stand eine
recht geringe Meinung erhalten. Tin Zusammen-
treffen von ungünstigen Zufälligkeiten — Störung
und Verzögerung durch Krankheit oder Arbeits-Ueber-
bürdung — haben leider mehrere unserer namhaftesten
Künstler an der Betheiligung gehindert. So ist denn
inmitten der sich breit machenden trivialsten Alltäg-
lichkeit auch nicht annähernd die gewöhnliche Anzahl
von Werken da, welche durch hervorragende (Quali-
täten das Interesse des Publikums auf sich konzen-
triren könnten.
Damit zusammen hängt die Neigung der hei-
mischen Pinselführer zu faden abgedroschenen Motiven.
Zu beklagen ist dabei nur, daß ihr nicht unbedeutendes
technisches Können nicht würdigeren Zwecken dient.
Tine andere höchst unerfreuliche Wahrnehmung ist
die, daß die jungen Künstler, wenn sie mit irgend
einem Bilde Erfolg gehabt haben, hartnäckig bei
diesem Sujet kleben bleiben, um es in jedem Jahr
mit kleinen Variationen unermüdlich zu wiederholen,
als fürchteten sie, daß die eine glückliche Idee die
einzige sei, die sie in ihrem Leben haben könnten.
Das find doch bedenkliche Symptome; denn derartige
Zaghaftigkeit, solch ein in die Zeit sich schickendes
Streberthum machen jede künstlerische Fortentwicklung
gradezu unmöglich. Die Künstler selbst gestehen dies
auch wohl eiu, glauben über, wenn sie dem britischen
Publikum allein Schuld geben, welches nun einmal
diese wie kolorirte Photographien ausschauenden
Bilder begehre, das nur das allbekannte, in gewohnter
Manier dargestellte Motiv schön finden kann —daß
fie dann vollständig gerechtfertigt auch vor dem Forum
er Geschichte stehen.
versöhnende Momente gewährt z. B. das Gebiet
der Landschaftsmaler ei. In manchen Fällen
freilich wäre zu wünschen, die Künstler hätten auf die
große Leinwand verzichtet. Die Vorliebe dafür mag
vielfach dem Str en nach Freiheit in der Behandlung
zuzuschreiben sein, aber oft wohl mehr dem Umstand,
dadurch aufzufallen. Andererseits werden zwei ganz
vortreffliche Bilder des skandinavischen Malers Fritz
Lhaulow, die Studie „Rauch", wo an einem breiten
Fluß rauchende Fabrik-Schornsteine aufragen, und

„Nacht", ein Stück ländlicher Szenerie im Zwielicht,
trotz ihres nur mäßig großeu Umfangs gewiß
nicht leicht übersehen werden, weil hier das malerische
Motiv mit Energie erfaßt und charakteristisch zur An-
schauung gebracht ist.
Sujet-Malerei ist wenig, von Ideal-Kompositionen
so gut wie nichts vorhaudeu. Alma Tadema aber
hat in seiner Spezialität Interessantes gebracht. Das
Bild heißt „Thermae Antoninae" und zeigt diese an-
tiken Bäder des Taracalla als rekonstruirt gemäß den
neuesten Ergebnissen archäologischer Forschung. Drei
angekleidete Damen fitzen in lebhafter Unterhaltung
— dies die Szene im Vordergründe —, während über
den Hintergrund, durch eine sinnreiche perspektivische
Anordnung, verschiedene Abteilungen der Bäder sich
erstrecken, in denen Gruppen nackter Gestalten im
Wasser sichtbar sind. Die auf deu Eindruck des
Kühlen gestimmte Farbengebung ist rein und harmo-
nisch, die technische Behandlung wie immer meister-
haft, und die architektonische Neukonstruktion verleiht
der Wiedergabe des Schauplatzes eiuer längst er-
storbenen Zivilisation ein besonderes kulturhistorisches
Interesse, abgesehen von der Schönheit des Werkes,
das sowohl als Ganzes, wie in jedem Detail be-
wundernswerth ist.
Mr. Gow's großes Iubiläumsbild, welches den
Moment schildert, wo die Equipage der Königin
vor der St. Pauls-Kathedrale hält, während auf den
zum Portal führenden Stufen sich kirchliche Würden-
träger und andere illustre Persönlichkeiten drängen
und ein kurzer Gottesdienst stattfindet, wird die Nach-
welt in Stand setzen, sich das Gepränge des außer-
ordentlichen Schauspiels klar uud deutlich vorstellen
zu können. Die wände der Akademie weisen noch
zwei andere Darstellungen derselben Szene auf, in-
dessen zeichnet sich die von Mr. Gow, welche für die
Gemälde-Gallerie der Guildhall gemalt ist, durch
minutiöse Genauigkeit und Treue der Wiedergabe
aus, wie überhaupt diese ebenso schwierige wie un-
dankbare Aufgabe nicht besser gelöst werden konnte.
Mr. Sarg ent's Gabe, den Tharakter seiner
Modelle in momentaner Stimmung mit unfehlbarer
Sicherheit zu firiren, hat sich au drei eigeuthümlichen
Typen glücklich bewährt: Lin ebenso fein wie
originell aufgefaßtes Offiziersporträt ist das des
Oberst Ian Pamilton, und bei den Bildnissen der
berühmten Philanthropin Miß Oktavia Jill und der
Miß Jane Evans tritt die starke Intelligenz der beiden
Damen mit ebensoviel Lebendigkeit hervor, wie sonst
in den Porträts der von dem Künstler bevorzugten
Salondamen. Mr. S. Shannon, der eine mehr
dekorative Wirkung im Porträt anstrebt, hat in der
New Gallery einige Bildnisse ausgestellt, die jenen
kaum nachstehen und dabei in der Auffassung einen
Pauch von Poesie bekunden, die Sargent nicht besitzt.
Trotz dieser und ähnlich schöner Leistungen — darunter
zwei treffliche Porträtköpfe von Watts und mehrere
Grchardsons — steht die Bildnißmalerei im Ganzen
doch nicht auf der pöhe des sonst auf diesen Aus-
stellungen Gebotenen.
Rät wahrhafter Befriedigung darf man indeß
bei einein anderen Gebiet verweilen. Ich meine das
landschaftliche Genrebild — zum Unterschied zur Land-
schaft ohne Figuren. Pier sind es vornehmlich
Tlausen, La Tangue und Edward Stott, die,
obwohl technisch wie individuell ganz bedeutend von
einander abweichend, mit gleichem Erfolg ein Feld
kultiviren, das für den britischen Künstler von un-
endlicher Ergiebigkeit ist. Der den Engländern an-
 
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