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Die Kunst-Halle — 4.1898/​1899

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Nummer 16
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Galland, Georg: Zur Eröffnung der Grossen Berliner Kunstausstellung 1899
DOI Artikel:
Schestag, August: Wien: Die Ausstellung der "Sezession", [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.63302#0282

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Die Kunst-Halle

Nr. 16

2^

Einstweilen war der Erfolg ihres heftigen Grolles
der, daß auch die auswärts in der Opposition stehenden
Künstler die Betheiligung an der Moabiter Aus-
stellung grundlos verweigerten. Zum Glück hat'aber
dieser nicht eben ruhmvolle Pyrrhussieg die Reihen
der Gegner keineswegs geschwächt. Die Theilnahme
für die „Große Berliner" erwies sich im Gegentheil
als überaus bedeutsam. Obwohl die Jury ca. s?00
Ginsendungen abweisen mußte, blieben doch über
2000 Merke zurück, nicht eingerechnet die Wiener
Gruppe, die erst Ende Ium von ihrem schönen Saale
Besitz nehmen wird. Man muß sodann die Geschick-
lichkeit der betreffenden Kommission loben, die in der
langen Flucht der Säle und Kompartimente eine Reihe sehr
glücklicher Veränderungen traf: in der Ausstattung, der
Vertheilung der Werke der Plastik und des Kunsthand-
werks, der Anordnung der Velarien am Oberlicht.
Dadurch find überall die günstigsten Effekte für die
Behaglichkeit der Säle wie für die einzelnen Kunst-
werke ermöglicht worden. Rnd dank dem künstlerisch
hervorragenden Inhalt mehrerer Räume ist in der
That die gegenwärtige Ausstellung eine der besten,
reizvollsten, die wir nicht nur in Berlin, sondern in
letzten Jahren überhaupt in Deutschland kennen ge-
lernt haben. Wenn dies nicht überall gebührend
anerkannt wird, wenn zumal aus dem Fehlen nam-
hafter Meister und aus einer Anzahl minderwerthiger
Stücke, wie sie jede, selbst die erfolgreichste Ausstellung
aufzuweisen hat, falsche Schlüsse für den Werth des
Ganzen gezogen werden, wenn verschiedene Rufer im
Streite ein Interesse oder ein Vergnügen daran finden,
das Bild auch dieser Berliner Kunstausstellung, vielleicht
gar Anderen zu Liebe, zu entstellen, so kann dies Alles
lediglich beweisen, bis zu welchem Grade suggestiver
Ueberredung die Macht der Opposition auf schwach-
geistige Kritikenschreiber gediehen ist —- hat doch sogar
einer dieser Herren bei der Eröffnung der Ausstellung
versucht, die Feier zu stören. Gin Verschweigen solcher
Verirrungen kann nur das Ansehen der Presse herab-
mindern. Ich bin sicher, daß die Mehrheit der
Kollegen bei ihren Betrachtungen über die diesjährige
große Berliner Kunstausstellung jeden: tendenziösen
Reberwollen als einer schweren Schädigung der Be-
rufsinteressen unserer heimischen Künstler so fern wie
möglich stellen wird.
G. G.
X
Aien-
vie HumeNung M „Zeression."

„Vereinigung bildender Künstler Oester-
reichs", von den Wienern schlechtweg die
„Sezession" genannt, hat die Pforten
ihres neuen Hauses wieder geöffnet. Durch den Lrio,
Künstler des Auslandes zu korrespondirenden Mit-

gliedern zu ernennen, wurde erreicht, daß die hervor-
ragenden Modernen ihre Arbeiten der Sezession
einsenden und diese in Folge dessen im Stande ist, uns
die verschiedenen Strömungen in der Kunst an der
Hand von Meisterwerken vorzuführen. Das ist bis
jetzt das Hauptverdienst der Vereinigung, daß die
Wiener endlich Gelegenheit fanden, die modernen
Künstler des Auslandes kennen zu lernen und sich
ein eigenes Urtheil über sie zu bilden.
' Den Hauptsaal hat Architekt Olbrich als: „Natur-
großes Modell für den Mittelsaal eines Skulptur-
Museums" hergerichtet, ein Raum, der berechuet ist,
das hervorragendste Werk dieser Ausstellung, Alfred
Straßers „Maro Anton" zur richtigen Geltung zu
bringen. Wenn man aber auch die Schönheit der
Raumvertheilung anerkennen muß, so kann man sich
nicht verhehlen, daß diese Art der dekorativen Aus-
schmückung uns nur zu bald zum Reberdruß werden
dürfte. Natürlich überall Band- und Schlangen-
ornamente! Gin an der Wand auf S!off patro-
nirter Fries soll Mosaikarbeit imitiren und vier
Säulenstümpfe ohne Kapitelle ragen fast bis zur
Decke hinauf! Trotz alledem ist die Wirkung, die
die Kunstwerke in diesem Raume ausüben, jedenfalls
eine ganz vortreffliche. An der Rückwand steht die
große Gruppe Straßers. Auf einem zweiräderigen
Prunkwagen, der von einem Löwen und zwei Lö-
winnen gezogen wird, sitzt der feiste Kaiser Maro
Anton und führt an einer^Kette seine Lieblingslöwin,
die sich an den Wagen ihres Herrn schmiegt. Die
Gruppe zeigt große Auffassung und gediegenes
Naturstudium und ist bestimmt, in Grz gegossen auf
der pariser Weltausstellung ausgestellt zu werden,
mn dann in den Anlagen vor den: K. K. kunstllisto-
rischen Hofmuseum in Wien einen würdigen Platz zu
finden.
Nebst Straßer interessirt besonders der Moskauer
Bildhauer-Prinz Troubetzkoy. Gr versucht die Im-
pression, die eine Person auf ihn macht, mit den
Mitteln der Plastik wiederzugeben und leistet darin
Erstaunliches, wie wir an dem überlebensgroßen
Bildnisse eines hohen russischen Militärs sehen können.
Es ist dasselbe Experiment, das Rodin an seinem
Balzao gemacht hat und das so kläglich gescheitert
ist; da von diesem Künstler in demselben Saale der
Kopf Rocheforts ausgestellt ist, kann man die Ver-
wandtschaft Tronbetzkoys mit dem großen französischen
Meister leicht verfolgen.
Mit einer größeren Anzahl von Bildnissen ist die
russische jetzt in Wien lebende Bildhauerin Theresa
Feod. Ries vertreten, alles gediegene, ehrliche, talent-
volle Arbeit, die von ganz besonderen: Können in:
Treffen der Aehnlichkeit zeugt, doch es fehlt diesen
Werken die höhere Weihe, der Hauch des Genialen.
Ich erwähne als Beispiele hierfür: die drei
Töchter des Grafen wilczek, die Porträtbüsten des
Bildhauers Ed. Helliner, des Barons p. von Pir-
quet, des Prof. Theod. Gomperz.
Stuck hat einen verwundeten Zentaur und eine
ganz charakteristisch behandelte Tänzerin, Beyrer aus
München ein schönes Relief eines Gngelkopfes, der
an präraffaelitische Werke erinnert, ausgestellt. Nicht
unerwähnt können wir eine äußerst vornehme Arbeit
Saint Maroeaur' lassen: das Bildniß einer Frau nut
zarten durchgeistigten Zügen.
Von den Wienern Malern sei zuerst der Vorstand
und Führer der Vereinigung, Gustav Klimt, erwähnt,
der ein stimmungsvolles Bild: „Schubert" gebracht
 
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