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Die Kunst-Halle — 4.1898/​1899

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Nummer 16
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Die deutsche Kunst auf der Pariser Weltausstellung 1900
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Gustav, Leopold: Münchener Brief
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Norden, J.: Berliner Kunstschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.63302#0286

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2ff8

4- Die Run st-Halle -z-

Nr. (6

Vie üeuizche Isuntt auf aer
parizer iveltausstellung iyoo.
in außerordentlicher Delegirtentag der allgemeinen
deutschen Kunstgenossenschaft berieth in diesen Tagen
in den Räumen des Künstlerhauses unter dem Vorsitz
Anton von Werners und tcheilweise im Beisein des Reichs-
kommissars, Geheimen Gberregierungsraths Dr. Richter,
über die Betheiligung der deutschen Kunst an der pariser
Weltausstellung tyoo. Fast alle größeren Lokalgenossen-
schasten waren durch namhafte Künstler vertreten, so
Dresden durch Gotthard Kuehl, Düsseldors durch G. Marx,
Diisseldorser Sezession durch Iernberg, Franksurt a. M.
durch Linnemann, Karlsruhe durch Edmund Kanoldt,
Karlsruher Sezession durch Tarlos Grethe, München durch
Petersen und Schmid-Breitenbach, Münchner Sezession durch
Benno Becker, panau durch Mar Wiese, Weimar durch
Stahlschmidt und Rehder, Stuttgart durch Bausch.
Der Meinung gegenüber, daß die der deutschen Kunst
zugewiesenen Räume nur beschränkte seien, wurde hervor-
gehoben, daß keine der anderen Rationen außer der fran-
zösischen annähernd so gut gestellt, daß vielmehr das Ver-
hältniß der Räume der deutschen Kunstabtheilung den
anderer: Rationen gegenüber das von 60 : so sei, wie
denn nach der Versicherung des perrn Reichskommissars
auch sonst der Vertretung Deutschlands von der französischen
Ausstellungsleitung das liebenswürdigste Entgegenkommen,
die größte Zuvorkommenheit überall bewiesen worden sei
und werde. Demgemäß herrschte über die Beschickung der
Ausstellung seitens der deutschen Kunst vollkommene Ein-
stimmigkeit, ebenso wie über alle anderen wesentlichen
Punkte.
Die Zentralleitung der ganzen Angelegenheit liegt dem
delegirten Pauptvorstand der deutschen Kunstgenossenschaft
in Berlin ob und zwar in unmittelbarem Linverständniß
mit dem Reichskommissar, während die Linzelführung,
Auswahl der Kunstwerke u. s. w. durch die 5 Vororte
der Lokalgenossenschaften, München, Berlin, Düsseldorf,
Dresden und Karlsruhe erfolgt, von denen s. Zt. auch je
ein pängekommissar nach Paris abgeordnet werden soll.
Ferner wurde einstimmig beschlossen, mit dem allge-
meinen künstlerischen Arrangement der deutschen Kunst-
abtheilung die hervorragende und bewährte Kraft Fr. von
Lenbachs und Emanuel Seidls-München zu betrauen.
Der praktischen, sachgemäßen, streng objektiven Leitung
der Verhandlungen wurde allseitig der größte Beifall ge-
zollt, und am Schlüsse der Berathungen sprachen u. A. auch
die Vertreter der Sezessionen, Iernberg-Düsseldorf und
Becker-München, dem Vorsitzenden ihren Dank und ihre
lebhafte Anerkennung aus, wie denn auch überall das vollste
Linverständniß beispielsweise mit Kuehl-Dresden zu Tage
getreten war.
Bei solchem Zusammenwirken hervorragendster Kräste
darf mit Sicherheit erwartet werden, daß die deutsche Kunst
auf der Weltausstellung von ts>oo auf das würdigste ver-
treten sein wird.
X
Von Leopold Gustav.
Kollektion von Bildern F. M Bredts gefallen
dem Kunstvereinsxublikum sehr; die Kritik kann
kann sich auch ziemlich lobend verhalten. Nament-
lich in den südlichen Landschasten findet sich manches fein
Gesehene. Line Art „Susanna im Bade", die Grazien
und andere weibliche Akte sind für unser modernes Kunst-
empfinden ein wenig süßlich; aber tüchtig in der Zeichnung,
flott und jedenfalls mit viel Lhik gemacht. Von p. Rüdis-
ühli (Basel) sind uns Bilder bekannt, welche viel weniger
Böcklinschen Einfluß verrathen als die meisten der jetzt

ausgestellten, schon anderwärts gesehenen und besprochenen
Gemälde. Reben diesen Bildern von kräftigster Farben-
gebung sind wieder andere von ganz mattem Kolorit; hier
scheint der Künstler zu ringen, um jenen überwältigenden
Einfluß zu überwinden. Gb mit Glück? —
Josef wenglein bringt wieder eine seiner feinge-
stimmten Isarlandschaften. A. Finks „Vorfrühlingsmorgen"
findet für das erste Regen der noch in Träumen dämmern-
den Natur ergreifenden und beredten Ausdruck. Auch
unter den Skizzen und Landschaften von Karl Voß und
G. Rau findet sich manches pübsche. Fritz Wucherern bringt
Studien aus der idyllischen Umgegend vom Bade Nauheim.
Der Blick aus das alterthümliche Friedberg ist sehr an-
sprechend; alles nur etwas weich und überzart. Die Nach-
laßkollektion des im Vorjahre verstorbenen Malers Ferdinand
Feldhütter besteht aus einer großen Zahl Skizzen und
kleinen Landschasten, die viel Fleiß, viel Freude an der
Natur und freundliches Talent kund geben. Das Publikum
verhält fich den hübschen Bildern gegenüber recht kauflustig.
Perlbergs Aquarelle schildern uns die Grientreise unseres
Kaisers, im Figürlichen rein illustrativ. Das Landschaftliche
zeigt jedoch manches pübsche; auch koloristisch ist die
Kollektion zu loben.
Im Plastiksaal finden wir eine Gruppe, welche für
den Kirchenübergang des Dresdener Residenzschlosses be-
stimmt ist. Sie ist von Fröhlich (Dresden) im Geschmacke
des Barocks entworfen und von Seitz Nachfolger (Mün-
chen) in Kupfer getrieben. Die Kolossalfigur des be-
schwingten Genius, welcher den Schild mit den Initialen
des sächsischen Königs hält, ist dekorativ sehr wirkungsvoll.
— -— In der Gallerie Fleischmann sehen wir ein Bild
von Schreyer; die tänzelnden arabischen Pferde wieder
virtuos behandelt; Louyot bringt recht stimmungsvolle
„Kühe am Bach", Lenbach ein reizvolles Kinderköpfchen,
G. v. Eanal sein beliebtes Motiv der Wassermühle in recht
poetischer Ausführung. G. v. pößlin, der sonst Personi-
fikationen von Liebe, Treue und Aehnlichem in etwas semi-
niner Auffassung liebt, bringt diesmal einen Kloftergarten,
der landschaftlich gut gesehen ist.


Aei-Iiyei» Ttwsksclisu.

Die Ausstellung der Weimarer Schule, bereits in der
vorigen Nummer erwähnt, beweist in erster Linie, daß sie
eigentlich nie eine künstlerisch führende Rolle gehabt hat,
denn wie verschieden sind die Wege, die die namhaftesten
dort durchgegangenen Künstler später eingeschlagen haben.
Das tritt schon jetzt hervor, wo es sich bei der Ausstellung
um die erste Serie, die ältere Zeit, handelt, und es wird
noch offenbarer werden, wenn die zweite Gruppe von
Werken, solcher der älteren Künstler aus späterer Zeit und
andererseits der Jungen, in das Künstlerhaus eingezogen
sein wird. Arnold Böcklin und Franz v. Lenbach, Ferdinand
Briitt und M. Liebermann, Karl Gussow und v. Gleichen-
Rußwurm, L. Plockhorst und Pilz u. s. w. — soviel Namen,
soviel andere Gesichter. Aber gerade die so lange Liste mit
der Weimarer Schule verknüpfter Namen hervorragender
Künstler beweist doch wohl andererseits, eine wie große
Bedeutung als Unterrichtsanstalt ihr die Fürsorge des
Großherzogs Karl Alexander zu verleihen gewußt hat und
wie verdient sich um ihre Leitung der erste Direktor Graf
Kalckreuth gemacht hat. Von ihm selbst ist u. A. eine
große romantische Landschaft vorhanden, ein phantastisches
Gebirgspanorama mit der Gralsburg im Vordergründe.
Die Belgier Struys und Verlat, jener durch ein ungemein
farbenkräftiges und plastisches Porträt einer alten vor-
nehmen Dame, dieser durch ein Bildniß Liszts und humo-
ristische Affenmotive vertreten, dann Th. Pagen, deffen
Schloß Runkel a. d. Lahn mit seiner peinlichen Durch-
führung heute so weit zurück liegt hinter dem jetzigen Im-
pressionismus des alten Meisters, Graf parrach, der
 
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