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Die Kunst-Halle — 4.1898/​1899

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Nummer 1
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Norden, J.: Gr. Berliner Kunstausstellung, [8]
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Kunstchronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.63302#0019

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Nr. ;

Die Aun st-Halle

einen Weberaufstand, zu dem die starksinnige Künstlerin
natürlich durch Hauptmann's Dichtung begeistert worden
ist. Line wahrhaft revolutionäre Kraft lebt in diesen
Blättern mit ihren naturalistischen Gestalten und der
starken Bewegung, die bis zu eigentlich unkünstlerischem
Ingrimm und Fanatismus ausartet. In starkem Gegen-
satz zu ihr steht der Münchener HermannUrban, dessen
ich schon unter den Malern zu erwähnen Gelegenheit hatte.
Gleich Dasio bewegt er sich in den Bahnen moderner
Umwerthung antiker Schönheitsbegriffe, wie das hier sein
ideal aufgefaßter Frauenkörper von strenger und doch an-
muthiger Linieneinfachheit beweist.
was endlich die vervielfältigenden Griffelkünstler be-
trifft, so stehen in erster Reihe Fritz Krostewitz, der sich
zu einem Ser vornehmsten Lorot-Radirer herausgebildet
hat, und der erstaunlich vielseitige, weil so anschmiegend
nachempstndende Albert Krüger, der den Charakter des
Originals, mag es nun von van Eyck, Murillo, Klinger
oder Liebermann, Rembrandt oder Degen herrühren, stets
festzuhalten weiß, auch gerade in Bezug auf die Farben-
werthe. I- Roräsu.

Ikunstcbroinst.

* Berlin. Der Salon Schulte tritt nach sehr
weitgehenden Vorbereitungen vielverheißeud in die
diesjährige Herbstsaison ein. Im Oktober wird man in
diesen vornehmen Räumen eins Gruppe pariser
Künstler mit ihren aus den letzten Salons ausgewählten
Werken vereinigt finden; im November wird Franz
von Lenbach der Beherrscher der Kunstsäle Unter den
Linden sein, vermuthlich mit jener Sonderausstellung, die
auch für Venedig schon angekündigt ist. Noch andere un-
gewöhnliche künstlerische Darbietungen sind uns hier in
Aussicht gestellt, sodaß die Russisch-Finnische Aus-
stellung dieser Wochen nur gleichsam eine Art
Vorspiel der künftigen Schaustellungen repräsentirt. Das
lebhafte Interesse der Kunstfreunde für letztgenannte
Kollektion hatte Herrn Schulte veranlaßt, die Rücksendung
der Bilder an die -Besitzer eine kurze Zeit zu verschieben.
In der Zeit vom ;8. September bis 8. Oktober waren
folgende Arbeiten neu hinzugetreten: „Die alte Kaiserstadt
Goslar", ;2 Aquarelle von Albert Hertel, Berlin;
„Bilder, Aquarelle und Studien aus Kairo und Ober-
Lgypten", von Max Rabes, Berlin; „IO5", „Szene aus
der Schlacht von Belle-Alliance", von R. Laton-Woodville,
London; „Der Stern von Bethlehem" (großes figuren-
reiches Bild), ferner Gemälde, Pastelle rc. von Franz Zmurko
in Warschau. Gemälde von Ajdukiewicz, Bruuin, Frische,
Linderum, Lindner, Schnars - Alquist, Simonet. Plastik
von H. Dammann. Namentlich die Aquarelle von Prof.
Alb. Hertel erregen durch ihre frische, echt künstlerische
Behandlung das allgemeine Interesse. — Auch der
Salon Gurlitt in der Leipzigerstraße bereitet für die
Herbstsaison sehr bemerkenswerthe Sonderausstellungen
vor, in denen u. a. eine Reihe der besten Münchener
Pinselführer mit ihren jüngsten Schöpfungen den Berlinern
vorgeführt werden sollen. Retrospektiver Art wird die
hier geplante Anselm Feuerbach-Ausstellung werden.
* Berlin. Vom Reichshaus und Dombau. Im
Südvestibül des Reichstagsgebäudes sind die ersten
Standbilder deutscher Kaiser schon zur Aufstellung
gelaugt, andere gehen der Vollendung entgegen. Die
Figur Karls des Großen, welche die Reihe eröffnet, ist
von Peter Breuer. Das Werk weicht von den sonst
üblichen Darstellungen ab. Prof. Breuer hat Karl den
Großen nur im Schnurrbart, im Gegensatz zu anderen
Abbildungen dargestellt. Die Gestalt, die er geschaffen

hat, wirkt ungemein imposant und muthet fast wie das
Werk eines alten Meisters an. Die ganze mächtige
Figur erscheiut wie eine Verkörperung der Kraft, und die
Darstellung im bloßen Schnurrbart hat die majestätische
würde nicht im mindesten beeinträchtigt. Der kraftvolle
Hals ist vorn Gewände frei, und das gewaltige Haupt
init den durchdringenden Augen schmückt die alte Kaiser-
krone, von der seitlich zwei Schleifen herabhängen. Der
rechte Arm spannt sich von Energie, die linke Hand um-
faßt den Griff des breiten Schwertes. Angethan ist die
Figur mit dem Krönungsmantel, der das lange Gewand
bedeckt. Die Bordüre des Mantels zieren Reliefs, welche
die Herrschertugenden symbolisiren. — Am Dom bau hat
inan sich entschlossen, die ganze Kuppel zu vergolden, was die
Entfaltung der Kuppel im Gesammtbild sehr beeinträchtigt.
Ueber den Zeitpunkt der Fertigstellung des ganzen Baues
wird mitgetheilt, daß sie bis Ende ^902 hinausgeschoben
worden sei und daß inzwischen keine provisorische Ein-
weihung stattfinden solle. Der äußere Bau ist soweit ge-
diehen, daß die nach dem Schloß gerichtete Fagade
innerhalb sechs Wochen vollständig abgerüstet werden kann.
* Berlin. Der Unterricht in den Lehranstalten der
Königlichen Akademie der Künste, Sektion für die bildenden
Künste, für das Winter-Semester 1898/99 und zwar: in
den akademischen Meister-Ateliers unter Leitung der
Professoren A. von Werner und Hans Gude, R. Begas,
H. Ende, I. Otzen und Karl Köpping, 2. in der akademi-
schen Hochschule für die bildenden Künste unter Leitung
des Direktors Professors A. von Werner, beginnt am
Montag, den ;o. Oktober 1898. Die Anmeldungen haben
zu erfolgen: zu innerhalb der ersten vierzehn Tage
eines jeden Ouartals bei demjenigen Meister, dein die
Aspiranten sich anzuschließen wünschen, beziehungsweise
für das durch den Tod des profesfors O. Knille, z. Z.
unbesetzte Atelier für Malerei im Bureau der Akademie,
Universttätsstraße 6, zu 2: am Sonnabend, den 8. Oktober
1898, von ; bis z Uhr iin Sekretariat der Hochschule,
Unter den Linden 38.
* Berlin. Die Agitation der Berliner Bildhauerver-
einigung gegen die fabrikmäßige Herstellung von Denkmälern
nimmt ihren Fortgaug. Bekanntlich hat sich bei einigen
Gießereien der Brauch eingeführt, mit Städten und Ge-
meinden, die Kaiser- oder Bismarckdenkmäler errichten
wollen, in direkte Verbindung zu treten und ihnen Aner-
bietungen zu machen. Sie hatten zu diesem Behuf Modelle
erworben, die sie bei neuen Aufträgen vervielfältigten.
Die Folge ist, daß sich bereits in zahlreichen Städten völlig
gleiche Denkmäler befinden. Das ist schon an und für
sich ein Mißstand. Ganz besonders aber werden durch
diese fabrikmäßige Herstellung und Nachbildung der
Denkmäler die Interessen der Kunst und der Künstler
selbst geschädigt. Die Bildhanervereinigung wandte sich in
einem Rundschreiben an die Gießereien und ersuchte
dringend, von jener Gepflogenheit in Zukunft ein für alle
Mal Abstand zu nehmen, im andern Falle wären die
Mitglieder nicht mehr in der Lage, einer derartigen
Gießerei Aufträge zu geben und mit ihr irr geschäftlichen
Beziehungen zu bleiben. Dem Vernehmen nach hat sich
nur eine einzige jüngere Gießerei diesem Ansuchen nicht
gefügt.
* Breslau. Auf dein Zobtenberge soll ein Kaiser
Friedrich-Denkmal errichtet werden. Die Idee geht
vom Fürsten von Pleß aus.
* Dresden. Irr Lirril Richter's Kunstsalon
wird die angekündigte Ausstellung der Künstlerinnen-Ver-
einigung inr Laufe der nächsten Woche eröffnet werden.
Ls schließt sich dann hieran die erste Ausstellung des
Dresdner Vereins für Amateurphotographie, die voraus-
sichtlich den größten Theil der Ausstellungsräume in Anspruch
nehmen wird. Die Reihe der kunstgewerblichen Ausstellungen
ist eröffnet durch Börstrand, (Stockholm). Von Emile
Galle (Nancy) sind wiederum eine Anzahl seiner Krystall-
Gläser von großem Reiz eingetroffen Die vereinigten
Werkstätten für Kunst und Handwerk (München) werden
demnächst ein vollständiges Musterzimmer einrichten und
alle ihre Erzeugnisse hier vertreten haben.
 
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