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-—-s- Die Run st-Halle
Nr. f5
erwecken in uns weniger Furcht und Mitleid. Lin Armee-
Panorama von G. Franz macht uns mit Europas Kriegs-
material vertraut und versucht neben dem stofflichen auch
unser künstlerisches Interesse nicht ganz und gar unbe-
friedigt zu lassen.
X
Hei-Iiyei- Ssloys.
ei Keller & Keiner beweist die Ausstellung einer
Gruppe deutscher Malerinnen, daß diese Damen
zwar nicht Anregungen geben, aber empfangen haben,
ohne indeß das Empfangene künstlerisch selbständig ver-
arbeiten zu können. Die Geister der von Nosmann, Stuck,
llhde, Albert Keller u. A. gehen dort um. Man sehe sich
nur daraufhin z. B. die Arbeiten von S. v. Schewe-München,
6. v. Geyso-München, auch einige der Bilder von L. Booth-
Berlin und Nedwig Weiß-Berlin an. Nedwig Weiß zeigte
im vorigen Jahre noch mehr Selbständigkeit und dann
haftet ihrer impressionistischen Behandlung manchmal Ober-
flächlichkeit an. Die beiden schwarzgekleideten nähenden
Mädchen sind dagegen sein beobachtet, wahr in der Farbe;
auch eine der Landschastsstudien, ein Nerbstmotiv, zeugt
von gutem Naturempfinden. Ain gelungensten ist wohl der
Studienkops eines jungen Mädchens, ü In Lenbach aus
dunklem Hintergrund mit sinnendem Ausdruck hervorleuch-
tend. Fräulein Meist geht keineswegs in einen: impressioni-
stischen Naturalismus aus; sie malt auch „Ideen"; eine
ergreifende, wenn auch nicht gerade verblüffend neue, in
dem Zuge todter Kinder, deren kleinster Nachzügler an
der weinenden Mutter einen schweren Thränenkrug vorüber-
schleppt. L. Booth, die ich schon nannte, hat u. A. einen Park-
teich ausgestellt, der in der Farbe und in der Behandlung
des Masters recht ansprechend ist; nur kontraftiren die so
überaus sorgfältig ausgesührten breiten Blätter im Vorder-
gründe etwas seltsam mit der flotten Vortragsweise in
den übrigen Theilen des Bildes. Auch das Freilicht-Still-
leben mit den Kaftanienblättern ist nicht übel. Ueber-
rascht haben mich zwei andere Künstlerinnen, die Ahrens-
hooperin L. Gerresheim, die neben einein sarbenwirren
großstädtischen Straßemnotiv, in der Manier der radikalsten
Pariser Impressionisten, eine spätsommerliche Nerbstland-
schast ausgestellt hat, die weit weniger nervös empfunden
und ausgesührt ist, als sonstige Bilder dieser ringenden
Künstlerin; und dann die Berlinerin A. Bernhardt, die
weit zahmer geworden ist, als sie noch im vorigen Jahre
war, wie das die vorhandenen Männerporträts beweisen,
wenn ihnen auch noch immer das Tastende, Luchende an-
hastet. Da wissen A. von Boznanska-Paris und M. vor:
Kurowska-München viel mehr, was sie wollen. Irr ihrem
großen schöntonigen Frauenbildniß hat sich Frl. v. Kurowska
sehr vortheilhast von besten niederländischen Vorbildern
beeinflussen lassen, und daß ihre polnische Landsmännin in
Paris was gelernt hat, wissen wir schon lange. Sowohl
das schwarzäugige Damen - Porträt, wie namentlich das
Porträt des jungen Marnies und das Blumenmädchen —
eine seine Freilichtmalerei — weisen aus Bastien - Lepage
hin. Linen durchaus erfreulichen Eindruck machen auch
die Pastellköpse von L. v. Kehler-Genua: sie beherrscht die
schwierige Technik gut und sie weiß was Individuelles
in die Stndien hineinzulegen. Non den Landschasterinnen
sei noch L. Goldbaum-Berlin genannt, die eine ganze Reihe
anspruchsloser, aber gut gesehener und sicher wiedergegebener
Stndien in ansprechender Farbe ausgestellt hat. Auch die
neuesten Radirungen von K. Kollwitz - Berlin müssen er-
wähnt werden. Die Kraft ihrer Nadel, das Temperament
ihrer Linienführung sind bekannt. Desgleichen hat auch
eine andere Vertreterin der vervielfältigenden Kunst,
M. Fiedler-Dresden, schon gebührende Anerkennung gesunden.
Im Ganzen aber muß es heißen, daß diese Ausstellung
nur vereinzelt von gefestigtem Können und künstlerischer
Sicherheit Zeugniß ablegt. I. N.
Bei Gur litt ist z. Zt. eine Bildnißmalerei von Jenny
Schweminski erwähnenswertb, das Porträt einer älteren
Dame. Mit einer geradezu männlichen Kraft und schöner
Einfachheit hat sie den brünetten Kops modellirt; die Fleisck-
töne des Gesichts und die Büste über dem ausgeschnittenen
schwarzen Kleide sind wahr und warmes Leben pulsirt
unter dieser Naut. Auch das Gegenständliche — der Scbmuck,
der den Nals ziert und das Pelzwerk des Mantels, der
zurückgeschlagen aus den Schulten: hängt, ist gut beobachtet,
aber durchaus nebensächlich behandelt, ohne in bloße Farben-
andeutung auszuarten. In Summa — eine tüchtige Leistung,
die die Künstlerin veranlassen sollte, sich mehr aus die
Bildnißmalerei zu verlegen. I. N.
Der Salon der Gebrüder Eassirer bringt zum Schluß
der Saison eine Sammlung von Zeichnungen deutscher und
französischer Künstler. Da sieht man Tänzerinnen von
Degas, eine Reihe landschaftlicher und Figurenblätter von
Liebermann, ein Paar seiner Federzeichnungen von Nans
Thoma, von denen der in: Grase rnhende und in eine
Sommerlandschast blickende Mann, wie auch der Ritter mit
dem Drachen für den Meister typisch sind, u. s. w. And
auch Ergänzungen zu sonst wo in Berlin gesehenen Aus-
stellungen begegnet man. So sind wieder einige kleine
dekorative „Idylle", „Elegien" und dgl. von L. v. posmann
vorhanden, ein paar der sensitiven tm-äo siscls Frauenköxfe
von N. v. Nabermann, eine ganze Sammlung von Originalen
bekannter Zeichner deutscher Witzblätter: Bruno Paul,
E. Thöny, R. Milke, A. R. Eichler, auch des Parisers
Steinlen und des Berliners Schlittgen. Neues sagen uns
diese ebensowenig, wie die Entwürfe des Vaters des modernen
Pariser Plakats, Jules Eherets. Mie fern liegt überdies
deutschem Empfinden seine Kunst des Boulevard- und Lass
chantant-Ehiks und wie fremd muthet sie uns heute an,
da die deutsche Plakatmalerei immer mehr ihre eigenen
Mege zu wandeln begonnen hat, nachdem sie es gelernt,
die von Paris und Japan empfangenen Anregungen umzu-
werthen .... Dann sind da noch einige Blätter von
Adolf v. Menzel zu sehen. Mit den Thomaschen zusammen
sind sie ganz besonders geeignet, die Unterschiede in der
Wesenheit deutscher und französischer Kunst zu kennzeichnen
gegenüber Lheret und Degas und manchen der genannten
deutschen Künstler, die in den Spuren französischer sich be-
wegen. Unter den Menzelblättern befindet sich eines sogar
ans den: Jahre t.8^8, eine Landschaft aus der Umgebung
von Kassel, aus das Ganze hinausgearbeitet. Studien
eines Maldinneren, von Oleanderbäumen und einige prächtige
Figurenstudien aus den 80 er Jahren bieten die übrigen
Blätter, die jeden Menzelverehrer — und wer ist das
nicht? — lüstern machen. Darunter befindet sich auch die
Studie eines Backfisches, die wieder einmal beweist, wie
unrecht die mitunter laut werdende Ansicht ist, Menzel
wisse die Anmuth und die Reize der Jugend nicht wieder-
zugeben. I- N.
V
verlin.
6ro55e IWztalMtellung isyy.
(vorberich t.)
ie Ausstellung in: Moabiter Glaspalaste wird dieses
Mal stellenweise eine völlig veränderte Physiognomie
erhalten durch Verwandlung der bisherigen großen Skulpturen-
halle in ein Palmenhaus, dessen Arrangement der Firma
L. Winter in Bordighera, welche ganze waggonladungen
der südlichen Pflanzen hierhergebracht hat, übertragen
wurde. Diese mächtige Vorderhalle, in der die Plastik
lediglich als schmückender Theil hinzugezogen ist, soll durch-
aus einen Lrholungsraum für das Publikum bilden, das
nunmehr auch an Regentagen den weg zur entfernten
Ausstellung nicht zu scheuen braucht. Dagegen hat man
den sog. Lhrensaal, der als solcher in Fortfall kommt, zum
Skulpturensaal gemacht und seine Wände jonst noch
mit einigen dekorativen Malereien geschmückt. Die plastijche
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erwecken in uns weniger Furcht und Mitleid. Lin Armee-
Panorama von G. Franz macht uns mit Europas Kriegs-
material vertraut und versucht neben dem stofflichen auch
unser künstlerisches Interesse nicht ganz und gar unbe-
friedigt zu lassen.
X
Hei-Iiyei- Ssloys.
ei Keller & Keiner beweist die Ausstellung einer
Gruppe deutscher Malerinnen, daß diese Damen
zwar nicht Anregungen geben, aber empfangen haben,
ohne indeß das Empfangene künstlerisch selbständig ver-
arbeiten zu können. Die Geister der von Nosmann, Stuck,
llhde, Albert Keller u. A. gehen dort um. Man sehe sich
nur daraufhin z. B. die Arbeiten von S. v. Schewe-München,
6. v. Geyso-München, auch einige der Bilder von L. Booth-
Berlin und Nedwig Weiß-Berlin an. Nedwig Weiß zeigte
im vorigen Jahre noch mehr Selbständigkeit und dann
haftet ihrer impressionistischen Behandlung manchmal Ober-
flächlichkeit an. Die beiden schwarzgekleideten nähenden
Mädchen sind dagegen sein beobachtet, wahr in der Farbe;
auch eine der Landschastsstudien, ein Nerbstmotiv, zeugt
von gutem Naturempfinden. Ain gelungensten ist wohl der
Studienkops eines jungen Mädchens, ü In Lenbach aus
dunklem Hintergrund mit sinnendem Ausdruck hervorleuch-
tend. Fräulein Meist geht keineswegs in einen: impressioni-
stischen Naturalismus aus; sie malt auch „Ideen"; eine
ergreifende, wenn auch nicht gerade verblüffend neue, in
dem Zuge todter Kinder, deren kleinster Nachzügler an
der weinenden Mutter einen schweren Thränenkrug vorüber-
schleppt. L. Booth, die ich schon nannte, hat u. A. einen Park-
teich ausgestellt, der in der Farbe und in der Behandlung
des Masters recht ansprechend ist; nur kontraftiren die so
überaus sorgfältig ausgesührten breiten Blätter im Vorder-
gründe etwas seltsam mit der flotten Vortragsweise in
den übrigen Theilen des Bildes. Auch das Freilicht-Still-
leben mit den Kaftanienblättern ist nicht übel. Ueber-
rascht haben mich zwei andere Künstlerinnen, die Ahrens-
hooperin L. Gerresheim, die neben einein sarbenwirren
großstädtischen Straßemnotiv, in der Manier der radikalsten
Pariser Impressionisten, eine spätsommerliche Nerbstland-
schast ausgestellt hat, die weit weniger nervös empfunden
und ausgesührt ist, als sonstige Bilder dieser ringenden
Künstlerin; und dann die Berlinerin A. Bernhardt, die
weit zahmer geworden ist, als sie noch im vorigen Jahre
war, wie das die vorhandenen Männerporträts beweisen,
wenn ihnen auch noch immer das Tastende, Luchende an-
hastet. Da wissen A. von Boznanska-Paris und M. vor:
Kurowska-München viel mehr, was sie wollen. Irr ihrem
großen schöntonigen Frauenbildniß hat sich Frl. v. Kurowska
sehr vortheilhast von besten niederländischen Vorbildern
beeinflussen lassen, und daß ihre polnische Landsmännin in
Paris was gelernt hat, wissen wir schon lange. Sowohl
das schwarzäugige Damen - Porträt, wie namentlich das
Porträt des jungen Marnies und das Blumenmädchen —
eine seine Freilichtmalerei — weisen aus Bastien - Lepage
hin. Linen durchaus erfreulichen Eindruck machen auch
die Pastellköpse von L. v. Kehler-Genua: sie beherrscht die
schwierige Technik gut und sie weiß was Individuelles
in die Stndien hineinzulegen. Non den Landschasterinnen
sei noch L. Goldbaum-Berlin genannt, die eine ganze Reihe
anspruchsloser, aber gut gesehener und sicher wiedergegebener
Stndien in ansprechender Farbe ausgestellt hat. Auch die
neuesten Radirungen von K. Kollwitz - Berlin müssen er-
wähnt werden. Die Kraft ihrer Nadel, das Temperament
ihrer Linienführung sind bekannt. Desgleichen hat auch
eine andere Vertreterin der vervielfältigenden Kunst,
M. Fiedler-Dresden, schon gebührende Anerkennung gesunden.
Im Ganzen aber muß es heißen, daß diese Ausstellung
nur vereinzelt von gefestigtem Können und künstlerischer
Sicherheit Zeugniß ablegt. I. N.
Bei Gur litt ist z. Zt. eine Bildnißmalerei von Jenny
Schweminski erwähnenswertb, das Porträt einer älteren
Dame. Mit einer geradezu männlichen Kraft und schöner
Einfachheit hat sie den brünetten Kops modellirt; die Fleisck-
töne des Gesichts und die Büste über dem ausgeschnittenen
schwarzen Kleide sind wahr und warmes Leben pulsirt
unter dieser Naut. Auch das Gegenständliche — der Scbmuck,
der den Nals ziert und das Pelzwerk des Mantels, der
zurückgeschlagen aus den Schulten: hängt, ist gut beobachtet,
aber durchaus nebensächlich behandelt, ohne in bloße Farben-
andeutung auszuarten. In Summa — eine tüchtige Leistung,
die die Künstlerin veranlassen sollte, sich mehr aus die
Bildnißmalerei zu verlegen. I. N.
Der Salon der Gebrüder Eassirer bringt zum Schluß
der Saison eine Sammlung von Zeichnungen deutscher und
französischer Künstler. Da sieht man Tänzerinnen von
Degas, eine Reihe landschaftlicher und Figurenblätter von
Liebermann, ein Paar seiner Federzeichnungen von Nans
Thoma, von denen der in: Grase rnhende und in eine
Sommerlandschast blickende Mann, wie auch der Ritter mit
dem Drachen für den Meister typisch sind, u. s. w. And
auch Ergänzungen zu sonst wo in Berlin gesehenen Aus-
stellungen begegnet man. So sind wieder einige kleine
dekorative „Idylle", „Elegien" und dgl. von L. v. posmann
vorhanden, ein paar der sensitiven tm-äo siscls Frauenköxfe
von N. v. Nabermann, eine ganze Sammlung von Originalen
bekannter Zeichner deutscher Witzblätter: Bruno Paul,
E. Thöny, R. Milke, A. R. Eichler, auch des Parisers
Steinlen und des Berliners Schlittgen. Neues sagen uns
diese ebensowenig, wie die Entwürfe des Vaters des modernen
Pariser Plakats, Jules Eherets. Mie fern liegt überdies
deutschem Empfinden seine Kunst des Boulevard- und Lass
chantant-Ehiks und wie fremd muthet sie uns heute an,
da die deutsche Plakatmalerei immer mehr ihre eigenen
Mege zu wandeln begonnen hat, nachdem sie es gelernt,
die von Paris und Japan empfangenen Anregungen umzu-
werthen .... Dann sind da noch einige Blätter von
Adolf v. Menzel zu sehen. Mit den Thomaschen zusammen
sind sie ganz besonders geeignet, die Unterschiede in der
Wesenheit deutscher und französischer Kunst zu kennzeichnen
gegenüber Lheret und Degas und manchen der genannten
deutschen Künstler, die in den Spuren französischer sich be-
wegen. Unter den Menzelblättern befindet sich eines sogar
ans den: Jahre t.8^8, eine Landschaft aus der Umgebung
von Kassel, aus das Ganze hinausgearbeitet. Studien
eines Maldinneren, von Oleanderbäumen und einige prächtige
Figurenstudien aus den 80 er Jahren bieten die übrigen
Blätter, die jeden Menzelverehrer — und wer ist das
nicht? — lüstern machen. Darunter befindet sich auch die
Studie eines Backfisches, die wieder einmal beweist, wie
unrecht die mitunter laut werdende Ansicht ist, Menzel
wisse die Anmuth und die Reize der Jugend nicht wieder-
zugeben. I- N.
V
verlin.
6ro55e IWztalMtellung isyy.
(vorberich t.)
ie Ausstellung in: Moabiter Glaspalaste wird dieses
Mal stellenweise eine völlig veränderte Physiognomie
erhalten durch Verwandlung der bisherigen großen Skulpturen-
halle in ein Palmenhaus, dessen Arrangement der Firma
L. Winter in Bordighera, welche ganze waggonladungen
der südlichen Pflanzen hierhergebracht hat, übertragen
wurde. Diese mächtige Vorderhalle, in der die Plastik
lediglich als schmückender Theil hinzugezogen ist, soll durch-
aus einen Lrholungsraum für das Publikum bilden, das
nunmehr auch an Regentagen den weg zur entfernten
Ausstellung nicht zu scheuen braucht. Dagegen hat man
den sog. Lhrensaal, der als solcher in Fortfall kommt, zum
Skulpturensaal gemacht und seine Wände jonst noch
mit einigen dekorativen Malereien geschmückt. Die plastijche