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Die Kunst-Halle — 4.1898/​1899

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Nummer 15
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Galland, Georg: Zur Karl Gehrts-Ausstellung in der Berliner Nationalgallerie
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Isarius, Hans: Vom Bilderrahmen
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https://doi.org/10.11588/diglit.63302#0263

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Nr. (5

4- Die Au n st-Halle —-

227

diesem Werke verglichen wahrhaft imposant. Der
Künstler hat hier mit seinem glücklichen Talente
trotzdem sehr viel geleistet und das unvergessene
Walkastenfest, mit dem die dankbare Düsseldorfer
Rünstlerschaft die also würdig geweihte That ehren-
voll belohnte, mit Fug und Recht verdient. Er hat
in jenem Treppenhaufe die wechselreicheu Schicksale
der Kunst, eines geflügelten Genius, iu allen Kultur-
epochen der Menschheit sinnvoll verbildlicht; aber es
ist ihm hier und auch soust im größeren Nahmen
nie gelungen, auch uur eine Figur zu schaffen, die
uns dauernd in ihren: Banne festhält wie eine Ge-
stalt etwa von Dürer oder Nethel, nicht eine von
geistiger Durchdringung, prägnanter Charakteristik des
Ausdrucks, wie uns solche Wenzel, von Gebhardt
u. A. schenkten.
Aber es darf nicht vergessen werden, daß Gehrts
ja damals noch mitten in seiner Entwickelung stand.
Zudem hatte er, ohne Rücksicht auf inneres Reifen
seiner Zdeen, als von Haus aus Unbegüterter fort-
während Verkäufliches produzireu müssen, um so zu
seinen: Recht auf irdische Freuden zu gelangen.
Seine Arbeitskraft war allein des erkämpften Glückes
Schmied; und sonst hat er keinen andern Helfers-
helfer beim Aufbau seines idyllischen Heims, seiner
romanischen Villa „Waldfrieden", gehabt als nur
die Gattin, jetzt die berufene Pflegerin seines An-
denkens. An dieser Stätte nahm zuletzt wirklich seiu
schönes Talent bei den Entwurfsskizzen für die
Malereien in: großen Festsaale des Hainburger
Nathhauses, in: Wettbewerb bekauutlich nut Frd. Gesel-
schap, eineu Aufschwuug zu größerem Köuneu.
Tin Einfluß der Richtung P. Zanssens und eigene
vertiefte Studien mögen mitgewirkt Habei:. Seine
Hinterlassenei: Schilderungen aus Hamburgs Ge-
schichte verratheu bei voller Beherrschung der
stofflichen Schwierigkeitei: stärkere Accente, als sie
ihm früher bei seiner eing'ehegten lyrischen Empfin-
dungsweise je gelingen konnten. Wer weiß, ob die
jetzt nach dein Tode der beiden Rivalen von Neuen:
begonuene Koukurreuz Besseres zu Tage fördern:
wird? Aber diese äußerste Kraftaustreuguug, die
Gehrts au das zweite große Werk seiues Lebens
setzte und die damit verbundenen nervösen Aufregungen,
die ihn schon einmal an den Rand des Grabes qe-
bracht hatte::, sollte er nicht abermals überwinden.
An: (7. Juli vorigen Jahres ist er seinen: Leiden
für immer entrückt worden . . .
So blieb er uns den Beweis, daß er ein Monu-
mentalmaler war, dennoch schuldig. Aber seine
Eingangs betonte humoristische Begabung hat eine
That hinterlassen, die nur weit werthvoller als vieles
Andere erscheint. Er erzählte einmal selbst, wie seine
spätere Vorliebe für Kobolde und Nixen bei einer
bestimmten Gelegenheit plötzlich erwachte und rasch
so völlig Besitz von seinen Phantasievorstellungen
nahm, daß er Alles, was er über sich und Andere

sage:: wollte, an: besten in dieser märchenhaften
Verkleidung ausdrücken konnte. Als nämlich vor
Zähren einmal ein Hamburger Kunstfreuud, Kom-
merzienrath H. C. Weyer, für eiue kleiue Waldhütte
auf rohe:: Holzwänden von ihm Zagdbilder gemalt
haben wollte, entschloß er sich zu Szeueu aus den:
Leben der Waldgnomen. Zarte Nixen und Elfen-
mädchen kamen hinzu, wie auf deu beide:: dekorative::
Stücken der Ausstellung (2fl und 25): „Nixenbesuch"
und „Blindekuhspiel". Für Gehrts war der zwerg-
hafte bärtige Koboldgreis kein mißgestaltetes, ab-
straktes Spukwesen, sondern entweder ein grundgut-
müthiger Hausgeist, welcher Leidei: und Freuden
braver Menschen gern theilt, ein dienstfertiger ge-
mächlicher Geselle der fleißige:: Berg- und Waldleute,
oder für den deutsche:: phautasiemeuschen, zugleich
mit den Blumen, den Schmetterlingen und Vögeln,
ein ersonnenes Element der Herrlichei: Gottesnatur,
eiu poetisches Weseu, das schou einst einen: Walther
von der Vogelweide, als er träumend im Waldesgrün
ausgestreckt dichtete (Nr. 2f), die lieblichste:: Bilder
vorzauberte. Wem: Gehrts sich auf diesen: wunder-
samen Bode:: künstlerisch bewegte, dann gelang es
ihn:, sei es in Federzeichnung, in Aquarell- oder Oel-
malerei —- er beherrschte jede Technik gleich sicher
— n: seinen drollig schalkhafte:: und grotesken Ko-
boldei: Alles, was in ihn: an Ernst und Lust, an
Spott und Witz lebte, unmittelbar wirksam auszu-
drücken. Man sieht, daß er hier lediglich aus der
freuudlicheu Natur seiuer Persönlichkeit heraus
bewegte Gestalte:: von feinster Physiognomik der
Köpfe, lebendigster Charakteristik schuf.- Und wein:
er während seines kurzen aber mühereichen Daseins
wirklich nur diese Seite der seelenvollen deutschen
Märchendichtung künstlerisch bereichert hätte, ver-
diente Karl Gehrts wohl — neben einem Schwind
und Ludwig Richter — von der Nation nicht so bald
vergessen zu werde::. G. G.


Vom Wlükrrahmen.
Von Hans Isarins.

eine Geschichte des Bilder-
geschrieben sein wird, dürfte
ihr Grundzug wahrscheinlich
darstellen. Erst waren archi-
tektonische Gestaltungen da und in diese von vorn
Heren: fertige,: architektonisch selbständigen Formen
inalte man Gemälde hinein. Dann mögen diese
Formen allmälich der Bedeutung eines bloßen Rah-
menwerkes für das Bild näher gekommen sein, also
ihre architektonische Selbständigkeit nach und nach

^enn einst
V rahmens
sich als
folgende Entwicklunq
 
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