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Die Kunst-Halle — 4.1898/​1899

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Nummer 2
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Norden, J.: Berliner Kunstschau
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Kunstchronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.63302#0036

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26

Die Aun st-Halle

Nr. 2

von der aparten meisterlichen Technik dieser Bilder in
Eitemxera sind die größeren, eine unfern Lesern durch
Abbildung bereits bekannte „Salome mit dem Haupte des
Täufers" und eine aus ihrem Haupte Blumen tragende
nackte „Flora", von intensiver Leuchtkraft und erlesener
Schönheit des Kolorits. Namentlich entzückt ein sattes
tiefes Blau, wie es mir sonst nur bei Diaz bekannt ist.
Gegenständlich interessirt wohl am meisten die Salome,
eine eigenthümliche Mädchengestalt von innerer Wahrheit
und phantastischem Reiz.
Aus der Menge der übrigen Bilder seien einige noch
hervorgehoben. So eine impressionistische, aber tief
empfundene Flußlandfchaft von Lesser Ury mit stimmungs-
vollem Abendhimmel, von dem sich die schwarzen Stämme
auf stumpfgrüner Ebene am silberröthlichen waffer klar
abheben. Dann ein prächtiger Diaz, eine Zeichnung des
fo früh Heimgegangenen Stauffer-Bern, ein Geburts-
tagskaffeeklatsch des Lübeckers H. Linde, ebenso flott
gemalt, wie humoristisch aufgefaßt, eine graugrüne Mond-
landschaft von Grosvenor Thomas, der in seiner
schottischen Heimath Corot'sche Töne und Nebeleffekte
fertig vorfand u. s. w. Sehr interessant sind auch die
Landschaftsstudien von Jenny Schweminski. Die be-
deutende Blumen- und Stilllebenmalerin arbeitet sich immer
erfolgreicher in die Stimmungslandschaft hinein. Da ist
z. B. eine Waldseepartie in der Nähe von Schlachtensee,
grautönig, wie unser verregneter Sommer es war,
namentlich aber ein herbstliches Feld mit zusammen-
geschichteten Garben — die dein Können und Natur-
empsinden der Künstlerin das beste Zeugniß ausstellen.
Auch Skulpturen sind vorhanden, Bronzen von Tonstantino
Bärbel lo in Rom und ein polychrom behandeltes Marmor-
relief, ein antiker Profilkopf von A. Volkmann.
So buntscheckig die diesmalige Sammlung ist — so
interessant auch ist sie. 7- Aoi-äeu.
Line sehr beachtenswerthe Ausstellung ist zur Zeit im
K. Kunstgewerbemuseum zu sehen. Der niederdeutsche
Maler Hans Christiansen, Haris, hat mit seinen
Illustrationen, Plakaten, kunstgewerblichen Entwürfen für
Glasmalerei, Teppiche rc. von sich reden gemacht. Lr
gehört der Gruppe jungdeutscher Künstler an, die sich be-
mühen, von fremden Einflüssen loszukommen und mitzu-
arbeiten an der Entwicklung eines nationalen kunstgewerb-
lichen Styls. Das ist freilich leichter gedacht, als gethan.
Auch Christiansen selbst steht als Beweis hierfür da.
Iapanismus und deutsche Frührenaisfauce, Böcklin und -
pariser Boulevard-Chis haben ihn in gleich starker weise
beeinflußt. Aber es kommt doch noch etwas hinzu: das ist
seine umschaffende Phantasie, seine künstlerische Erfindungs-
gabe. Schließlich giebt's doch was Eigenartiges. Das zeigt
sich besonders bei seinen Entwürfen für Glasmalerei, deren
ich schon gelegentlich der Besprechung der „Gr. Berl. K.-A."
erwähnt habe, und bei dessen Ausführung er in den Firmen
von Schell-Offenburg, Liebert-Dresden und Engelbrecht-
Hamburg ungemein verständnißvolle Interpreten gefunden
hat, die seine wasser- und gouachefarbenen Vorlagen vor-
trefflich zu übertragen wissen. Zwei Momente kommen
hierbei vornehmlich in Betracht. Einmal die Einfachheit
der Entwürfe in Bezug auf farbige Flächenwirkung; dann
die Benutzung opalisirender Glasflüsse. Zu jener ist er
durch die vom Iapanismus beeinflußte Plakatmalerei gelangt;
zu dieser wohl durch das Vorbild amerikanischer Glas-
industrie. Andererseits aber hat er zurückgegriffen auf die
mittelalterliche Technik der Glasmalerei mit ihren Blei-
siegen als Kontouren. Und er ist darin noch viel weiter
gegangen, als die alten Meister. Die Bleistege in den
nach seinen Vorlagen ausgeführten Verglasungen, Fenster-
vorsätzen u. s. w. wirken in der That ganz und gar wie

zeichnerische Umrisse, selbst da, wo es sich nm die Wieder-
gabe einer faltenreichen, schön gemusterten modernen
Straßentoilette einer chikvollen Dame, die Federn eines
Schwans, die Spitzen auf einein Hut, die Schuppen eines
märchenhaften Seeungeheuers handelt, welch' ein Unter-
schied zwischen diesen Fenstern und etwa den banalen
Diaphanien, die von verschiedenen Anstalten in den Handel
gebracht werden von den etwa sso großen und kleinen
Kartons sind eine größere Anzahl auch bereits in technisch
vollendeter Ausführung zu fehen, d. h. in Uebertragung
in Glasmalerei. Erft da zeigt sich, was der Künstler hat
sagen wollen und — was er sagen kann. Die einfache
stylisirte Landschaft mit scharfen Umrissen und wenigen
Farbenflächen, belebt durch ganz moderne Figuren, meistens
freilich im sogenannten plakatstyl, oder durch stilisirte
Nacktfiguren oder phantastische Fabelwesen, sowie Seestücke
mit schönen Himmelreflexen kehren am häufigsten wieder.
Mitunter auch begegnet man Entwürfen, deren Ausführung
ebenso schwer fallen dürfte, wie sie auch ihrem Zweck und
Wesen nach für glasmalerische Wirkung als Mißgriff er-
scheinen dürften. Aber das sind Ausnahmen und gerade
die Tafeln, die die erstgenannten Firmen hergestellt haben,
beweisen, wie Christiansen immer mehr das Richtige zu
treffen weiß. In der Wahl der Farben aber und in dem
zeichnerischen Entwurf an sich bewährt er sich immer.
I- N.

Ikunstckromk.

* Berlin. Eröffnungsfeier des Künstler-
hauses in der Bellevuestraße, vor Drucklegung dieser
Zeilen war folgendes Programm aufgestellt: Am Vor-
abend versammeln sich die Mitglieder des Vereins Ber-
liner Künstler zu einer feuchtfröhlichen Schlußsteinlegung.
Am s5. Oktober Mittags s2 Uhr folgt die feierliche Er-
öffnung; daran schließt sich ein Rundgang durch das neue
Künstlerhaus und eine Besichtigung der Eröffnungs-Aus-
stellung. Abends 7 Uhr werden die Donatoren, die ver-
treter des Hofes, der Regierung und der Stadt Berlin
sich mit den Mitgliedern zu einem Festessen vereinigen.
Die sogenannte Eröffnungs-Ausstellung, die allgemein zu-
gänglich ist, wird bis zum ss. November dauern. Sie
umfaßt Werke persönlich eiugeladener Künstler, sowie die
Arbeiten der Vereinsmitglieder und soll einen spezifisch
deutschen Charakter tragen. Im klebrigen wird jede
Richtung vertreten sein. Neben der Malerei werden auch
die Kleinplastik und das Kunstgewerbe in das neue Haus
ihren Einzug halten; für diese Zweige sind ständig drei
vordere Räume bestimmt, vom ;2. Nov. bis s. Dez. hat die
November - Vereinigung sich angemeldet, vom 5. bis
z;. Dezember folgt die auf Mitglieder beschränkte Weih-
nachts-Ausstellung des Vereins, vom i. bis 2;. Januar
stehen die XI. und „Freie Kunst" im Programm. Dann
sind vom 2;. Januar bis ;2. Februar die deutschen Aqua-
rellisten zu erwarten, und vom s2. Februar bis 5. März
reiht sich der Westklub an.
* Berlin. Neues vom Salon Schulte. Die
Oktober-Ausstellung umfaßt 200 Nummern, vor Allem be-
merkenswerth sind die neuesten Werke der Düsseldorfer
Meister Ed. von Gebhardt „Nikodemus bei Christus", und
p. Jansen, der eine größere Zahl von Bildern in Kassin-
farben sandte: sodann ^figürliche und landschaftliche Dar-
stellungen von Max Klinger, Werke von Alma Tadema,
L. Knaus, ein portrait'des Staatsministers Lxc. Tirxitz
von H. Granier, des Herrn R. Schmidt-Labanis von
A. Schöner, der Schauspielerin Jenny Groß von Tr. Stein-
thal u. s. w. Das Ausland ist mit einer Sammlung von
über 80 Gemälden rc- von in Paris lebenden Künstlern
u. a. Besnard, Botkine, Loitet, Duez, Garrido, Iwill,
Lemenorel, Prins, Thaulow, vayße und Aakarian glänzend
vertreten.
* Berlin. Im Museum für Naturkunde wurde
kürzlich die Büste des Geh. Oberbergrath Beyrich auf-
 
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