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Die Kunst-Halle — 4.1898/​1899

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Nummer 5
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Rücklin, R.: Neuer Schmuck, [1]
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Norden, J.: Aus skandinavischen Museen, [2] (Schluss)
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Nr. 5

—Die Aun st-Halle

metrisch starre Lindruck des Ganzen nach Möglichkeit
durch angehängte perlen und Kettchenwerk gemildert.
Aber die Lachen machen doch einen gezwungen-
primitiven Lindruck, und man kann sich des Gefühls
nicht erwehren, als ob man es hier mit besonderem
Haus- und Küchenschmuck zu thun hätte. Auch die
Technik vermag nicht zu befriedigen. — Linen phan-
tasievollen Künstler und Schmuckarbeiter, der sich mit
Geschick in die neue Richtung hineinzufinden gewußt
hat, treffen wir in Rothmüller-München. Lr saßt
den Schmuck wesentlich als plastisches Kleinkunstwerk
aus und zieht Steine und Lmail als echter Juwelier
stets mit in den Bereich der Komposition. Lr war
auf der letzten Berliner Kunstausstellung mit Arbeiten
vertreten, unter denen einige Broschen hervorragten,
die der Hauptsache nach aus zierlich verschlungenen
Schlangen zusammengesetzt sind, die sich mit den
Köpfen gegenüberstehen und in den Rachen Lapis-
und Malachitkugeln halten; etwas auffällig und schwer
beim Tragen vielleicht, aber geschickt modellirt und
durchaus modern in der Linienführung. Im Ganzen
ist Deutschland, was künstlerischen modernen Schmuck
anbelangt, noch nicht gerade sehr weit. Ls fehler:
uns die Künstler, die hier Alles in einem sind, die
im Stande wären, nach Form und Inhalt neue
Schmuckkompositionen zu ersinnen und selbst auszu-
führen; das ergiebt denn doch eine ganz andere
wechselseitige Befruchtung von Technik und Phan-
tasie, als wenn die entwerfenden und ausführenden
Künstler sich gegenseitig belehren und überwachen
müssen. Aber freilich, es fehlen uns auch die Käufer,
welche einer solchen Kraft ein freies, selbstständiges
Schaffen und Sich-Ausleben ermöglichen würden. Ls
wird viel ehrliche Arbeit geleistet in unsren Schmuck-
werkstätten, es ist ein starker Zug nach etwas Neuem
und Besserem vorhanden; einen Führer aber, der den
Gipfel erreicht hätte, suchen wir vergebens.
Die Franzosen haben einen solchen, einen Schmuck-
künstler, um den wir sie nur beneiden können: Rens
Lalique. Lin Künstler von Gottes Gnaden und ein
genialer Techniker, ein Kleinplastiker wie Wenige und
ein Farbenzauberer in Gold, Lmail und Ldelsteinen.
Schon seine ersten versuche in Schmuck erregten Er-
staunen durch ihre Kühnheit und ihre, wenn auch
noch etwas gewaltsame Originalität. Seither hat
er viel gelernt, ist weit reifer und freier geworden.
Seine Schmuckausstellung im Salon s8fi8 war eine
wahre Augenweide. Da waren Blumenbroschen mit
in Opal geschnittenen Anemonen, deren Zartheit in
wahrhaft verblüffender Weise in Stein wiedergegeben
war. Lalique wendet den Opal überhaupt mit Vorliebe
an und weiß die mannigfaltigen feurigen Reflexlichter
und das milchige Licht dieses gegenwärtig so beliebten
Schmucksteins mit großem Geschick zur Geltung zu
bringen. Lr ist überhaupt Meister seiner Palette
und beherrscht souverän alle Farbenwirkungen, welche
dem Schmuckkünstler zu Gebote stehen. Bei all' seinen

glänzenden, künstlerischen und technischen Leistungen
kann man ihm doch den Vorwurf nicht ersparen,
daß er, mit wenigen Ausnahmen, keinen Schmuck
zum Tragen, sondern blos Schaustücke macht. In
der That, wo ist die Frau, welche, und sei sie noch
so schmuckliebend, ihr Haar zurückhalten möchte mit
einem der Kämme, welche Lalique geschaffen hat?
So glücklich die meisten derselben gebildet find, ganz
besonders der mit den beiden Pfauen vor einer
Rosette von Opalen: sie werden sich fast durchweg
im Haar einer Dame nicht günstig ausnehmen. Und
was für einen Effekt wird wohl sein Bronzediadem
auf der Stirn einer Frau machen, ^das gebildet ist
aus einer Najade, die, mit zurückgeworsenem Ober-
körper einen eiförmigen Opal in die Höhe haltend,
dessen Farbenspiel zu bewundern scheint? — Dankens-
werth ist es, daß Lalique versucht, die Halsanhänger
wieder zu beleben, die im Mittelalter und in der
Renaissance eine so hervorragende Rolle spielten.
Reizend ist unter diesen Arbeiten das eine Stück mit
den zwei gegenübergestellten weißen Pfauen und dem
Smaragd in der Mitte, von imposanter Wirkung ein
anderer Anhänger mit einer nackten Frauengestalt in
weißem Onyx geschnitten, vor einem Hintergründe
von Irisblüthen. — Lalique ist ein Künstler von un-
gewöhnlich leichter Erfindungsgabe; dabei ist er
glücklicherweise nicht übermäßig penibel bezüglich der
(Qualität der von ihm verwendeten Schmucksteine; er
berücksichtigt nur den dekorativen Effekt und weiß
auch einen fehlerhaften Kabochon rmd eine unregel-
mäßige perle seinen Zwecken dienstbar zu machen.
(Lin II. Artikel folgt).

Mz zkanMaviscben Museen.
von I. Norden.
(Schluß.)
darf mich in diesen kurzen Notizen nicht
mit Einzelheiten aushalten. Welch' langer
Lntwickelungsweg, von einem Bissen d. Äe.
bis aus Sinding, und doch liegen kaum
25 bis 50 Jahre zwischen der Vollkraft jenes
dänischen Künstlers antikisirender Formenschönheit und
dem Schaffenshöhepunkt des norwegischen dichterischen
Nebermittlers reinen Menschenempfindens . . .
Per Hasselberg's Name führt uns in eine andere
Stadt. Diesmal in eine schwedische, nach Göteborg.
Dort habe ich seine Nymphäa wiedergesehen, neben
einer Reihe anderer Arbeiten, darunter dem Kopen-
hagener Schneeglöckchen und mehreren Porträtbüsten
und Statuetten. Ls war in der Gallerte des Groß-
kaufmanns Für st en berg. Lr und seine Gattin sind
gleich kunstsinnig und sie haben das Geld dazu, ihrer
Neigung Befriedigung zu schaffen. So entstand diese
auserlesene Sammlung in einem entsprechend würdigen
Heim, dem wirklichen Heim des Mäzens. Denn seine
Kunstschätze dienen zumeist seinen Wohnräumen als
richtiger Schmuck und nur zwei Säle haben den
Charakter einer Gallerte. Sehr groß ist die Aus-
 
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