Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst-Halle — 4.1898/​1899

DOI Heft:
Nummer 2
DOI Artikel:
Galland, Georg: Berlin: Zur Eröffnung des Künstlerhauses
DOI Artikel:
Schmidkunz, Hans: Kunstpädagogik, [1]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.63302#0029

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Nr. 2

Die Kunst-Halle

Werk erst zaghaft, dann immer dringlicher hingewiesen
wurde, selbst von jenen früheren Vorsitzenden, die
man so gern verdächtigte, daß sie jeden frischen
Luftzug feindselig zu verhindern suchten. Die Lösung
des großen Räthsels liegt auf einem ganz anderen
Felde als auf dem der Reformen. Es brauchte chat-
sächlich nur die schwebende Finanzfrage gelöst zu
werden, was schon von selbst geschah, als sich seit
Beginn der neunziger Jahre das Vereinsvermägen
etwa um das Fünffache vergrößerte.
Aus solcher Thatsache läßt sich zugleich die weit-
gehendste Hoffnung für Berlin als Kunstort schöpfen.
Nirgends anders in Deutschland, das ließe sich wohl
statistisch nachweisen, ist der Verbrauch an Kunst im
weitesten Sinne — wozu ich auch die Rezeption des
Publikums durch Anregungen in Wort und Bild
rechne — annähernd so beträchtlich wie an der ver-
pönten Spree, wo — was die lieben Freunde hier
und draußen gern vergessen — schon zu Schlüters
und Rauchs Zeiteir ein Kunstleben geblüht hat.
wären hier die Bedingungen wirklich so ungünstig, wie
man sie noch jüngst in auswärtigen Blättern dargestellt
las, würden heute wohl nicht die „Kunstsalons" in
Berlin >V. wie die Pilze aus dem Boden schießen,
zwar nicht immer mit dem glänzenden Schilde die
besten Bestrebungen deckend, aber doch charakteristisch
genug für die bewegte Freudigkeit des heimischen
Kunstverlangens. Und eben damit hat auch der
Kunstverein schon seit fahren rechnen können, z. B.
damals als er bei Gelegenheit seines 50jährigen
Bestehens (s8s)s) selbstständig eine internationale Aus-
stellung machte und eine goldene Ernte einheimste.
Dann bei einer Reihe von Lotterien, die durch die
opfervolle und umfassendste Theilnahme der Mit-
glieder überaus ergiebig wurden. So sammelte man
im Stillen die Kräfte, die endlich, als es Zeit war,
die allmälig gereifte Idee des Künstlerhauses mit
einem Schlage verwirklichten: Diese folgerichtige That
bedarf keiner tieferen Ergründung.
Neu allein und herzlich zu begrüßen ist der zeit-
gemäße Entschluß, mit den Kunstgewerblern
freundnachbarlich im Hause zu verkehren. Das erweckt
für die beiden Körperschaften vertrauen, bezüglich
ihrer rechten Stellung zur sogenannten angewandten
Kunst. Auf diesem Gebiete, dem sich längst begabte
Künstler wie Döpler d. I., Barlösius, Hirzel u. A.
zugewendet, sind in der That bestehende Lücken aus-
zufüllen, soll der Wettbewerb zumal mit dem Ausland
erfolgreich ausgenommen werden. Mögen die Herren
des Künstlerhauses auch in dieser Richtung der
nationalen Pflicht stets getreu sein und im selbstlosen
Dienste wahrhafter Kunstsörderung die würdigste
Mission erfüllen! Dann wird die festliche weihe
des Hauses für lange Dauer der Berliner Künstler-
schaft ein Tag ehrenvollen Gedenkens bleiben!
Galland.

von Hans Schmidkunz.

(LdH^Ansere modernen Kulturstaaten rühmen sich
einer hohen Ausbildung ihrer Pädagogik.
Nehmen wir nun an, diese Rühmung sei
berechtigt; nehmen wir an, die Thatsachen seien
überall so glänzend, wie sie in einigen Fällen es
wirklich sind, und wie es in der theoretischen Litteratur
und in Prunkreden auf dem Papier steht. Hier
wenigstens ist unsere „Erziehungs"- und „Unterrichts-"
kunst bis zu einem großen Reichthum von Feinheiten
und selbst Naffinirtheiten entwickelt, wir haben, an-
knüpfend an den großen Namen Pestalozzi, eine
„Volksschulpädagogik", und wir haben eine „Gym-
nasialpädagogik", ergänzt durch eine „Realschul-
pädagogik" u. s. w. wie weit dabei die Praxis
hinter der Theorie zurückbleibt, bleibe wiederum
unerörtert.

Innerhalb des Rahmens dieser Pädagogiken
der „niederen" und der „höheren" Schulen soll nun
auch, wie mannigfaltige moderne Reformrufe es
fordern, den bisher arg vernachlässigten Künsten ihr
Recht werden. Die Schlagworte von „künstlerischer
Erziehung der Jugend", von „volksthümlicher Kunst"
u. dgl. mehr tauchen immer und immer wieder auf;
es wäre schon jetzt eine dankbare Aufgabe, diese
Stimmen, unter denen sich so viele verdienstliche
Auseinandersetzungen finden, zu sammeln und zusammen-
zufassen. Nicht nur der Zeichenunterricht soll ver-
stärkt und verbessert werden: man will auch nament-
lich einen künstlerischen Anschauungsunterricht eingeführt
sehen, man will eine elementare Einführung in die
Kunstgeschichte haben u. s. w. Daneben wird eine
Hebung des Gesangsunterrichts ebenfalls gewünscht
und eine tiefere Einfügung der Musik in die allgemeine
Volksbildung von Einigen dringend empsohlen. Für
die Gymnasien wurde „Archaeologie" als eigener
oder an den philologischen und historischen Unterricht
angeschlossener Gegenstand schon vor längerer Zeit
voil den dazu berufenen Stimmen gefordert. Und
die Pädagogen, die wie p. I. Thiel und H. Lietz
unsere Schule zu eurer ländlichen oder „Freiluft"-
Schule machen und ihre Erziehung und Unterrichtung
möglichst ,,naturgemäß" einrichten wollen, räumen
dabei der Kunst eine besondere Stelle ein; Thiel will
sogar eigene Uebungen in plastischem Nachbilden
dem Ganzen seines ,,Lebensheims" eingegliedert
wissen.
Allein diese höchst beachtenswerthen Bestrebungen
nach Vervollkommnung unseres Schulwesens sind
nicht die Hauptsache von dem, was wir meinen, sind
keine ,,Kunstpädagogik" im engerer: Sun: des Wortes.
Unsere niederen und höheren Schulen wollen nämlich
Kunst oder Künste ebensowenig lehren wie Wissen-
schaft oder Wissenschaften. Sie wollen vielmehr einen
 
Annotationen