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Die Kunst-Halle — 4.1898/​1899

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Nummer 4
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Norden, J.: Berliner Kunstschau
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Kunstchronik
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58

Die Run sl-Halle

Nr. ff

In der Nationalgalerie beherbergt der Hintere
Kornelius-Saal zur Zeit eine Ausstellung, gewidmet der
Erinnerung an zwei verdiente deutsche Künstler, die — gleich
Geselschap, dessen Werken sich die Räume der Akademie
öffneten — unlängst starben: Albert Dreßler (ff ^897)
und Gtto Knille (ff ;898).
Dreßler, der ein Alter von 75 Jahren erreichte, ist
uns Jüngeren kaum mehr dem Namen nach bekannt, Hat
er auch bis zu seiner Erblindung die großen Berliner
Ausstellungen regelmäßig beschickt — seine Bilder fanden
zuletzt kaum Beachtung, weil seine komponirten Ideal-
Landschaften aufgehört hatten zu interessiren. Einst aber
waren (eine Bilder, seine Motive aus Italien, der ober-
bayerischen Alpenwelt und dem Harz sehr beliebt. Wie bei
manchem andern Landschafter jener Vergangenheit über-
rascht uns heute auch bei ihm ein Gegensatz zwischen der
flott entstandenen Skizze und dem fertigen Bilde. Auch
ans seinen sehr zahlreichen Aquarellen tritt er, wie in den
sonstigen Studien, uns als feinsinniger Interpret unver-
fälschter Naturempfindung entgegen. Da finden wir fast
überall Licht, Luft, natürliche Farbe, einfache unverfälschte
Motive, wie sie sich dem Künstlerauge in Nord und Süd
überall darbieten und wie sie so unvergleichlich viel mehr
sagen und wirken, als das größte mühevoll komponirte
Atelierbild. Man vergleiche z. B. das große Bild „Wald-
inneres" Nr. 6 mit der dicht darunter hängenden Natur-
studie Nr. 2H. Hier wie dort bemoste Steine, altersgraue
Baumstämme, munter plätscherndes Waldgewässer; die
Studie — anregend, Stimmung erzeugend, zum verweilen
auffordernd, und das Bild — gerade das Gegentheil davon.
Gder das Gelbild Nr. 20: „Am Hafenplatz" und die Farben-
skizzen Nr. 90. Wärediese inirgeud einem unserer Kunstsalons
zu sehen, ohne daß man wüßte, von wem und wann sie
gemalt worden—man riethe wohl gar auf einen modernen
Impressionisten. Ein Beweis mehr, daß diese nur in-
sofern etwas „Neues" bedeuten, als sie eben den Muth
der Konsequenz besitzen, die Studie für das Bild zu geben
Als besonders bezeichnend für das technische Können und
die feine Empfindung Dreßlers möchte ich aus der Menge
der Aquarellblätter z. B. noch hervorheben, die Küsten-
szenerien von Eapri (Nr. Hl—4z), die Motive, „Weg in der
Ramsau" (Nr. 56 und 57), beide von einer zweckbewußtcn
Breiteder pinselführungund einerLeuchtkraft derFarben, die
abermals gefangen nehmen, endlich die Harzer Motive
Nr. 72, 73, 77, 78, das letzte namentlich durch die goldigen
warmen Lufttöne fesselnd, u. s. w.
Weit glänzender als das Loos Dreßlers, war das
Gtto Knille's, dem es an Ehrungen aller Art, selbst
an Bewunderern nicht gefehlt hat. Der Katalog zur
Ausstellung giebt über seinen künstlerischen Lebenslauf
Auskunft. Aber sie ist eigentlich entbehrlich, denn das
Wirken Knille's ist uns ja bis in die letzten Tage hinein
bekannt geblieben und die Zahl der Schüler des einstigen
Leiters der Autikenklasse der Akademischen Hochschule,
welchen Posten er i. I. l885 mit der Stellung des vor-
stehers eines akademischen Meisterateliers für Geschichts-
Malerei vertauschte, ist groß. In den Vordergrund der
Beachtung rückte der ^865 nach Berlin übergesiedelte
Hannoveraner, der um die Wende der Hoer Jahre in
Düsseldorf unter Sohn, Th. Hildebrandt, W. Schadow,
später in Paris bei Louture, dann in München unter
Piloty sich ausgebildet, als er ;87O mitberufen wurde zur
Ausschmückung der via trinmpbalis Unter den Linden und das
große velarium schuf, das den Aufruf zum Kampfe darstellte.
Bald darauf entstand das Gemälde „Tannhäuser und
Venus", das bekanntlich im Besitz der Nationalgalerie ist.
An Tafelbildern hat er in der Folge überhaupt nicht gar
viel geschaffen: sein Lehramt, illustrative Arbeiten, wie
für Falkes „Hellas und Rom", Ebers „Kaiser" u. A.,
nahmen seine Zeit in Anspruch. Immerhin hat er in
diesen beiden Jahrzehnten doch auch die friesartigen
Wandgemälde für einen geplanten Neubau der Universität
ausgeführt, sowie mehrere monumentale Malereien für
Privatleute und das bekannte große viel bemängelte alle-
gorische Gemälde „Der Friedensbund", das 1896 im Ehren-
saal der hiesigen GroßenKunstausstellung hing. Das, worauf
die jüngste Phase unserer Kunstentwickelung einen Haupt-
nachdruck legt, ging ihm ganz ab: Das Persönliche
fehlte ganz seiner Kunst, die eine technisch wohl geschulte,
koloristisch nicht geschmacklose, aber ideenarme Malkunst

war. Manche seiner Aktstudien zu den ersterwähnten,
die Hauxtepochen geistiger Kultur behandelnden Wand-
gemälden für die Universität, die aber noch keine Ver-
wendung gefunden haben, bringen zwischen dem Einst mit
Jetzt den ganzen Unterschied besonders greifbar zum Aus-
druck und die Aquarellporträts und Studienköpfe ersetzen
den Mangel an durchgeistigter Lebendigkeit kaum durch
die sehr saubere Mache. Am Interessantesten unter den
Aquarellen ist eine Zweikampfszene aus dem „Don Juan."
Ich weiß nicht ob die Studie je in einem Bilde Ver-
wendung gefunden hat. ff Roräsn.
Es war ein hübscher Gedanke, die Feier des fünfzig-
jährigen Bestehens der Berliner Luchhändler-Korporation
durch eine Ausstellung zu ehren, die der Kunst im
Buchdruck gilt. Sie ist übrigens ganz unabhängig von
jener Feier im Lichthofe des Kunstgewerbemuseums ver-
anstaltet worden. Die K. Bibliothek, das K. Kupferstich-
Kabinett, die Reichsdruckerei, selbstverständlich das Kunst-
gewerbemuseum, ferner verschiedene Verleger, auch eine
Reihe von Privatsammlern, wie Architekt Hans Grisebach,
ermöglichten die Ausführung des Plans, einmal in großen
Zügen die Entwicklung des Buchdrucks und namentlich
des künstlerischen Buchdrucks, übrigens nicht nach biblio-
graphischen sondern lediglich nach kunsthistorischen Gesichts-
punkten, in einer großen Anzahl auserlesener Proben vor-
zuführen. von den Zeiten der Handschriftenkunst des
späteren Mittelalters an bis hinein in unsere Tage und
unter Berücksichtigung nicht bloß von Deutschland, sondern
auch von Italien, Frankreich, England u. a. Ländern.
Die in t2 Gruppen zerfallende Ausstellung bildet so eine
sehr dankenswerthe Ergänzung zu der Ausstellung des
Verbands deutscherIllustratoren und der kunstlithographischen
Ausstellung vom Beginn dieses Jahres. Eie ist im Uebrigen
so inhaltreich, daß sich ein näheres Eingehen auf sie hier
verbietet, da sie ihrem Wesen nach außerhalb des Pro-
gramms unserer Zeitschrift liegt. Aber wohl halten wir
es durchaus für geboten, an dieser Stelle wenigstens auf
sie aufmerksam zu machen. Sie ist sehr lehrreich, sehr
übersichtlich und durchaus dazu angethan, von der Ent-
wicklung des Kunftbuchdrucks und des Buchschmucks ein-
klare Vorstellung zu geben. Ein von Herrn Jessen vere
faßter „Führer" durch die Ausstellung macht ihren Besuch
noch ersprießlicher. Uebrigens auch ohne ihn ist die Höhe
in die Augen fallend, die deutsche Buchdruckerkunst und
deutscher Buchschmuck einst bestimmend und herrschend er-
reicht hatten, wie auch ihr jetziges Bestreben, auf alte Vor-
bilder zum Theil zurückgreifend, dieselbe Bedeutung wieder
zu erlangen. ck. lff
Ikunstcbronik.
"Berlin. Die zweite Ausstellung im „Künstler-
haus" ist eben eröffnet worden; sie enthält dieses Mal
eine größere Gruppe von plastischen Arbeiten jüngerer
Berliner Bildhauer, die sich eigentlich zu einer Kollektiv-
ausstellung der Begasschule vereinigen wollten. — Im
Kgl. Institut für Glasmalerei (Direktion: H. Bernhard)
waren kurze Zeit verschiedene gemalte Dielenfenster mit
landschaftlichen Szenerien zu besichtigen. Auf dem Haupt-
bilde sah man den Rhein mit Rüdesheim, darüber
schwebende Genien mit dem Bilde des Kaisers, links das
Niederwalddenkmal, rechts den Kyffhäuser mit dem er-
wachenden Barbarossa im Berge. Auch noch andere Glas-
bilder ließen die Leistungsfähigkeit des Instituts
erkennen. — Ein neuer Kunstsalon der Gebrüder Eassirer
ist in Berlin ^V. (viktoriastraße) mit zahlreichen Arbeiten
von Liebermann, Degas, Meunier jüngst eröffnet worden. —
In Friedrich Go Id sch eid er's Kunstsalon für Skulpturen
kam eine Sammlung von Originalen (25 Stück) des pariser
Bildhauers Alfred Boucher (geb. t850), eines Schülers
von Paul Dubois, zur Ausstellung. — Im Hohenzollern-
Kaufhaus (H. Hirschwald) sind Spezialausstellungen von
verschiedenartigen Gegenständen des moderner: Kunstgewerbes
arrangirt worden- — Der Verein der Künstlerinnen
und Kunstfreundinnen lud zum t3. November zur Be-
sichtigung der diesjährigen Konkurrenzarbeiten von Schwarz-
Weißblättern ein.
Berlin, wie verlautet, hat Geheimrath Herman
Grimm seine für das Wintersemester an der Universität
 
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