Die Kunst-Halle — 4.1898/1899
Zitieren dieser Seite
Bitte zitieren Sie diese Seite, indem Sie folgende Adresse (URL)/folgende DOI benutzen:
https://doi.org/10.11588/diglit.63302#0048
DOI Heft:
Nummer 3
DOI Artikel:Schmidkunz, Hans: Kunstpädagogik, [2]
DOI Artikel:Gustav, Leopold: München: Ein moderner Thiermaler
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.63302#0048
36
Die Aun st-Halle
Nr. 3
zwang eingeführt wurde, das scheint uns zunächst
mit dem seinerzeitigen Ursprung und mit dem seit-
herigen Sündenregister der Kunstakademien nicht recht
zu stimmen.
Und doch ist ihre Geschichte, trotz dieser Sprünge, im
Ganzen ein allmäliger, kontinuirlicher, ziemlich einheit-
licher Ausbau dessen, was sie heute zu bieten haben. Lin
Ausdruck der Annahme, daß sie wirklich und uneinge-
schränkt nur die Kunst lehren, ist der jetzt immer
häufigere Gebrauch, sie als Hochschulen zu bezeichnen.
Dem entspricht es, daß ihr Lehrplan gewöhnlich
die drei Stufen einer „Llementarabtheilung", einer
oder mehrerer „Vorbereitungsklassen" und einer oder
mehrerer ,.praktischer Klassen", ost in Verbindung mit
„Meisterateliers", umfaßt. Neben diesen Kunsthoch-
schulen stehen auch einfachere Kunstschulen und Kunst-
gewerbeschulen, die meist in „Vorbereitungsklassen" und
„Fachklassen" zerfallen und von jenen Hochschulen we-
nigstens dem Grundsatz nach wohl unterschieden werden.
Line Hebung des Kunstunterrichts überhaupt ging
besonders von den Anregungen aus, welche die Welt-
ausstellungen von s85s, (855 und (867 gegeben
hatten; Lngland und Oesterreich schritten dabei voran.
Derzeit ist die Sache des Kunstunterrichts auch in den
bildenden Künsten mit der Sache der Kunstpflege
innig verbunden; im „Kunstbudget" unserer Staaten
haben selbst die Politiker Gelegenheit, das ihrige für
die Kunstpädagogik zu thun.
Immer tauchen jedochnochZweifelüberdenWerth
von eigens organifirten Schulen für die Kunst aus, und
die Besorgniß vor dem „akademischen Zopf" kehrt min-
destens bei jeder reformatorischen Wendung in den
Geschicken der Kunst wieder, was wir hier in
Kürze sagen können, ist dies: Lin verwerfen der
Kunstschulen überhaupt wäre zugleich ein verzweifeln
an der Pädagogik überhaupt. Schaden kann nur
die schlechte Schule, nicht die Schule schlechtweg;
nützen wird eine Kunstschule wie jegliche Schule am
meisten dann, wenn in ihr zuvörderst nach dem guten
Lehrer gefragt wird, wenn diesem zur Verfügung
steht, was er braucht, und wenn ihm nicht irgend
ein behördlicher Zwang die Selbstständigkeit lähmt,
von Schauspielschulen dürste im Allgemeinen das
Gleiche gelten.
Jenen Zweifeln am wenigsten ausgesetzt scheinen
die musikalischen Hochschulen oder sonstigen Schulen
zu sein, wir kennen sie zumeist — etwa seit (537
(Neapel) und dann besonders seit (78^ (Paris) —
unter dem Namen der „Konservatorien", wenn
man nun auch sozusagen alle Hände voll Klagen
über sie hat — und es ist ja dazu viel Grund vor-
handen — so kann man doch die immer wieder-
kehrende Frage, ob Musik besser durch privaten als
durch Konservatoriumsunterricht erlernt wird, im
Allgemeinen unbedenklich zu Gunsten dieses letzteren
beantworten; und für den Unterricht in den übrigen
Künsten wird wohl das Gleiche gelten. Denn das
geschlossene Ganze eines Schulunterrichts mit all
seinen sachlichen und persönlichen Anregungen und
Hülssmitteln ersetzt kaum je ein Privatunterricht.
Nur muß immer wieder die Sorge für den
guten Lehrer im Vordergrund stehen. Mit dem tüch-
tigen Fachmann und dem glänzenden Namen ist's
noch lange nicht gethan; vielmehr finden sich gerade
unter solchen „Größen" lange nicht auch die größten
Lehrer. Künstler und Kunstlehrer sind zweierlei
— schon weil der Künstler meist so sehr in seiner
Berussausübung ausgeht, daß er für das Lehren,
das selbst wieder eine ganze Persönlichkeit fordert,
wenig übrig behält. Mit dem Nachlaufen nach be-
rühmten Namen kann dem Unterricht die größte
Gefahr bereitet werden. Line Sicherheit, gute Lehrer
zu bekommen, vermag aber nur daraus zu erwachsen,
daß die Lehrerbildung selber zur allerersten Aufgabe
gemacht wird.
Für unsere Volksschulen wird diese Aufgabe
seit langem durch die Lehrerseminare erfüllt; für
unsere Gymnasien und sonstigen „höheren" oder
„mittleren" Schulen geschieht in dieser Beziehung
ebenfalls immer mehr. Nur für die Frage der Heran-
bildung von Hochschullehrern als solchen, sei es
nun in den Wissenschaften oder in den Künsten, ge-
schah bisher — ausgenommen etwa die „Klavier-
pädagogik" und ähnliches — ebensowenig wie für
die Hochschulpädagogik überhaupt. Der schon vor-
hin erwähnte Nus nach dieser und hiermit auch nach
„akademischer Lehrerbildung" wird jedoch gegen-
wärtig, wenngleich erst von wenigen, uni so lauter
erhoben. Man muß demgegenüber doch mindestens
zugestehen, daß neben einer „Volksschulpädagogik"
und einer „Gymnasialpädagogik" das dritte Glied,
nämlich eine „Hochschulpädagogik", nur die folge-
richtige Ergänzung unserer Pädagogik und ein —-
bereits geplantes — „hochschulpädagogisches Se-
minar" eine ebensolche Ergänzung unseres Seminar-
wesens darstellt. Und wenn sich zur vielberusenen
„Hebung" der Kunst mit relativ wenig Mitteln viel
und sicheres thun läßt, so ist es die Förderung ihrer
Pädagogik, ihrer „niederen" wie ihrer „hohen".
Münc Ken:
von Leopold Gustav.
sE^^einrich Zügel — ein allen Kunstfreunden
geläufiger Name! Der Träger dieses Namens,
dessen Glanz von dem Ruhme der Münchener
Kunst heute nicht zu trennen ist, ist keineswegs ein
Sprößling des bajuvarischen Stammes. Er wurde
am 22. Oktober (850 zu Murrhardt in Württemberg
Die Aun st-Halle
Nr. 3
zwang eingeführt wurde, das scheint uns zunächst
mit dem seinerzeitigen Ursprung und mit dem seit-
herigen Sündenregister der Kunstakademien nicht recht
zu stimmen.
Und doch ist ihre Geschichte, trotz dieser Sprünge, im
Ganzen ein allmäliger, kontinuirlicher, ziemlich einheit-
licher Ausbau dessen, was sie heute zu bieten haben. Lin
Ausdruck der Annahme, daß sie wirklich und uneinge-
schränkt nur die Kunst lehren, ist der jetzt immer
häufigere Gebrauch, sie als Hochschulen zu bezeichnen.
Dem entspricht es, daß ihr Lehrplan gewöhnlich
die drei Stufen einer „Llementarabtheilung", einer
oder mehrerer „Vorbereitungsklassen" und einer oder
mehrerer ,.praktischer Klassen", ost in Verbindung mit
„Meisterateliers", umfaßt. Neben diesen Kunsthoch-
schulen stehen auch einfachere Kunstschulen und Kunst-
gewerbeschulen, die meist in „Vorbereitungsklassen" und
„Fachklassen" zerfallen und von jenen Hochschulen we-
nigstens dem Grundsatz nach wohl unterschieden werden.
Line Hebung des Kunstunterrichts überhaupt ging
besonders von den Anregungen aus, welche die Welt-
ausstellungen von s85s, (855 und (867 gegeben
hatten; Lngland und Oesterreich schritten dabei voran.
Derzeit ist die Sache des Kunstunterrichts auch in den
bildenden Künsten mit der Sache der Kunstpflege
innig verbunden; im „Kunstbudget" unserer Staaten
haben selbst die Politiker Gelegenheit, das ihrige für
die Kunstpädagogik zu thun.
Immer tauchen jedochnochZweifelüberdenWerth
von eigens organifirten Schulen für die Kunst aus, und
die Besorgniß vor dem „akademischen Zopf" kehrt min-
destens bei jeder reformatorischen Wendung in den
Geschicken der Kunst wieder, was wir hier in
Kürze sagen können, ist dies: Lin verwerfen der
Kunstschulen überhaupt wäre zugleich ein verzweifeln
an der Pädagogik überhaupt. Schaden kann nur
die schlechte Schule, nicht die Schule schlechtweg;
nützen wird eine Kunstschule wie jegliche Schule am
meisten dann, wenn in ihr zuvörderst nach dem guten
Lehrer gefragt wird, wenn diesem zur Verfügung
steht, was er braucht, und wenn ihm nicht irgend
ein behördlicher Zwang die Selbstständigkeit lähmt,
von Schauspielschulen dürste im Allgemeinen das
Gleiche gelten.
Jenen Zweifeln am wenigsten ausgesetzt scheinen
die musikalischen Hochschulen oder sonstigen Schulen
zu sein, wir kennen sie zumeist — etwa seit (537
(Neapel) und dann besonders seit (78^ (Paris) —
unter dem Namen der „Konservatorien", wenn
man nun auch sozusagen alle Hände voll Klagen
über sie hat — und es ist ja dazu viel Grund vor-
handen — so kann man doch die immer wieder-
kehrende Frage, ob Musik besser durch privaten als
durch Konservatoriumsunterricht erlernt wird, im
Allgemeinen unbedenklich zu Gunsten dieses letzteren
beantworten; und für den Unterricht in den übrigen
Künsten wird wohl das Gleiche gelten. Denn das
geschlossene Ganze eines Schulunterrichts mit all
seinen sachlichen und persönlichen Anregungen und
Hülssmitteln ersetzt kaum je ein Privatunterricht.
Nur muß immer wieder die Sorge für den
guten Lehrer im Vordergrund stehen. Mit dem tüch-
tigen Fachmann und dem glänzenden Namen ist's
noch lange nicht gethan; vielmehr finden sich gerade
unter solchen „Größen" lange nicht auch die größten
Lehrer. Künstler und Kunstlehrer sind zweierlei
— schon weil der Künstler meist so sehr in seiner
Berussausübung ausgeht, daß er für das Lehren,
das selbst wieder eine ganze Persönlichkeit fordert,
wenig übrig behält. Mit dem Nachlaufen nach be-
rühmten Namen kann dem Unterricht die größte
Gefahr bereitet werden. Line Sicherheit, gute Lehrer
zu bekommen, vermag aber nur daraus zu erwachsen,
daß die Lehrerbildung selber zur allerersten Aufgabe
gemacht wird.
Für unsere Volksschulen wird diese Aufgabe
seit langem durch die Lehrerseminare erfüllt; für
unsere Gymnasien und sonstigen „höheren" oder
„mittleren" Schulen geschieht in dieser Beziehung
ebenfalls immer mehr. Nur für die Frage der Heran-
bildung von Hochschullehrern als solchen, sei es
nun in den Wissenschaften oder in den Künsten, ge-
schah bisher — ausgenommen etwa die „Klavier-
pädagogik" und ähnliches — ebensowenig wie für
die Hochschulpädagogik überhaupt. Der schon vor-
hin erwähnte Nus nach dieser und hiermit auch nach
„akademischer Lehrerbildung" wird jedoch gegen-
wärtig, wenngleich erst von wenigen, uni so lauter
erhoben. Man muß demgegenüber doch mindestens
zugestehen, daß neben einer „Volksschulpädagogik"
und einer „Gymnasialpädagogik" das dritte Glied,
nämlich eine „Hochschulpädagogik", nur die folge-
richtige Ergänzung unserer Pädagogik und ein —-
bereits geplantes — „hochschulpädagogisches Se-
minar" eine ebensolche Ergänzung unseres Seminar-
wesens darstellt. Und wenn sich zur vielberusenen
„Hebung" der Kunst mit relativ wenig Mitteln viel
und sicheres thun läßt, so ist es die Förderung ihrer
Pädagogik, ihrer „niederen" wie ihrer „hohen".
Münc Ken:
von Leopold Gustav.
sE^^einrich Zügel — ein allen Kunstfreunden
geläufiger Name! Der Träger dieses Namens,
dessen Glanz von dem Ruhme der Münchener
Kunst heute nicht zu trennen ist, ist keineswegs ein
Sprößling des bajuvarischen Stammes. Er wurde
am 22. Oktober (850 zu Murrhardt in Württemberg