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Die Kunst-Halle — 4.1898/​1899

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Nummer 8
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Hellwich, Heinz: Weimar. Kunstbrief
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Gustav, Leopold: Münchener Brief
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Norden, J.: Berliner Kunstschau
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Nr. 8

Die Aun st-Halle

s2l

ihren Studien erfolgreich obgelegen hat, — weiter E. von
Eschwege, der u. a. mit einem hübschen Aquarell aus dem
Weimarer Park, in zartem Grün, Braun und Blau ge-
stimmt, vertreten ist.
Noch eine Reihe weiterer Werke männlicher und
weiblicher Pinselführer rundet das Gesammtbild dieser
zweiten weimarischen Ausstellung vortheilhaft ab. Die
fernere Betheiligung auch an dem sich anschließenden
ständigen Turnus über Jena, Gera und Greiz, wo überall
schon einige kleinere Ankäufe stattfanden, verspricht noch
erheblicher zu werden.
Heinz Hellwich.
Münchener »rief.
^^.m Atelier von Raffael Sch uster-W old an sah ich
einige Arbeiten, die die Beachtung rechtfertigen,
welche dem jungen Künstler in den letzten Jahren entgegen-
gebracht wurde. Er hat sich immer von jener Originalitäts-
sucht freigehalten, die durch Äußerlichkeiten verblüffen will.
Seine Kunst steht auf dem Boden der alten Meister, die, wie
er, Frauenschönheit in satten Farben besangen; aber man
ist noch darum kein Nachahmer. R. Schuster-Woldan hat
z. Zt. zwei Frauenporträts vollendet, Schönheiten durch
eine üppige Koloristik in der Wirkung gehoben. Besonders
die eine, die den Vorzug unverfälschter Rasse besitzt. Der
Künstler hat dieses Modell ungemein feinfühlig wieder-
zugeben verstanden. Die breite hohe Stirn, die vielleicht
zu energisch aussehen würde, wäre sie nicht durch die
Eharme des feingeschnittenen Gesichts gemildert; Glänzend
gemalt sind die Fleischtöne der prächtigen Figur, welche
sich nirgends hart, und doch plastisch von dem Hintergründe
abheben. Line römische Mutter mit Kind sei noch erwähnt.
Der Künstler möchte nicht, daß man jedes derartige Bild
es ip8o „Madonna mit demIesusknaben" titulirt; war es
doch nur die Freude an der Wiedergabe geschauter Schön-
heit, die ihn zu diesem Gemälde reizte. — Lin
Kindchen, den ersten Strumpf strickend, källt ganz in das
Gebiet des Genre's, vermeidet aber glücklich alles Süßliche.
Im Kunstverein hat Lugen Spiro eine Kollektion
ausgestellt, von der besonders das Bild einer Dame in
rothem Kleide fesselt Der sinnende Ausdruck des sym-
pathischen Köpfchens ist sehr hübsch gegeben, auch ein
Kontrast zwischen dem rothen Kostüm und dem röthlichen
Ueberzuge des Ruhebettes, auf dem das Mädchen sitzt,
giebt einen schönen malerischen Reiz, wie gezwungen
wirkt dagegen das Selbstporträt. Line kleine Leinwand I
Rechts erblicken wir einen Künstlerkopf, knapp am Halse
abgeschnitten, links ohne passende Verbindung ein Stück
Himmel mit etwas Landschaft ä la Böcklin Die Kopien
nach Tizian, velasquez u. a. erheben sich nicht über das
Niveau durchschnittlicher Leistungen. — Buttgereit's
Studien aus Taormina sind nicht untalentirte Farben-
entleerungen, die als Vorstudien zu späteren Arbeiten
Interesse haben können; inder„Schaumgeborenen" vermögen
wir keine Aphrodite zu erkennen. Künstlerisch reif sind
Buttgereit's Pastellköpfe, von Wucherer sehen wir
eine seiner feinen Seinelandschaften. Der Frankfurter
Künstler hat sich durch den langen Pariser Aufenthalt in
malerischer Beziehung vollständig als Franzose naturalisirt
Einige teutonische Accente würden nicht schaden.
Leopold Gustav.
Kevliyep Tuyskschau.
<^m Künstlerhause begegnen wir seit Anfang des
Monats einer neuen Ausstellung des Vereins „Freie
Kunst." Der nicht grade ungewöhnliche Name läßt sich

hier insofern accextiren, als sich die meisten der Herren in der
Wahl ihrer jeweiligen Ausdrucksweise keinen Zwang auf-
erlegen. Namentlich der vielseitige Engel und der elastische
Karl Langhammer bereiten Einem immer wieder
Ueberraschungen. Letzterer kommt uns diesmal zur Ab-
wechselung schottisch-dachauisch. Aber auch Thoma'sche,
ja sogar Hofmann'sche Anregungen lassen sich in all'
diesen Wind- und Wetterstudien aus der Havellandschaft,
„Steigende Wolken", „Sturm", „Sommerwind" u. s. w.,
erkennen. Otto H. Engel hat u. A. ein großes Flügelbild
ausgestellt: „von de Waterkant", in kulptural und
malerisch behandeltem Rahmen mit allerlei Figuren, Obsi-
bäumen, Blumen etc. Drei Motive von unserem Ostsee-
strande umschließt dieser Rahmen. Anmuthig ist das
Mittelstück mit dem Blick vom hohen Ufer über die weite,
stille Meeresfläche, von seinen Porträts fesselt der aus-
drucksvolle weibliche Studienkopf mit dem rothen Tuch
auf der Schulter. Meng-Trimmis, der eigentliche
Porträtist der Gruppe, nimmt sich noch trockener aus als
sonst. Seine Bildnisse betonen zu sehr das Repräsentative,
nicht bloß das des Kavallerie-Generals v. Krosigk, sondern
auch die beiden Herren in Zivil. Malerisch gelungener
ist die Frauenstudie in Roth. Max Schlichting wandelt
seine freilichtlerischen Wege rüstig weiter und malt nach
Kröyers Vorgang junge lichtgekleidete Damen am ein-
samen Meeresstrande und zwischen Dünenhügeln. Mehr
Körperlichkeit übrigens wäre der Dame in Grün zu
wünschen. Koloristisch hat Schlichting seine Aufgaben gut
gelöst, gerade auch in diesem Bilde, und der braune Kopf
steht gut gegen den grauen Himmel.
Unter den Gästen thut sich R. Schulte im Hof mit
feinen weichtönigen Mriginal-Stein-Radirungen hervor;
bei aller Weichheit sind einige dieser Porträtköpfe doch
von kräftigem Ausdruck. Albert Knab hat farbige
Buchschmuckentwürfe ausgestellt, die sehr sauber und
geschmackvoll gearbeitet, aber in der Erfindung nicht gerade
verblüffend originell sind. Hans Schulze's Vignetten
und Zierleisten habe ich schon bei anderer Gelegenheit
besprochen. Zu den Gästen gehört dann auch noch
Trübner, wie im Vorjahre schon. Sein „Golgatha" ist
übrigens bekannt. Endlich begegnen wir auch dem talent-
vollen Impressionisten Ulrich Hübner hier. Seiner noch
etwas unruhig bunten „Meeresstille" ziehe ich die Bilder
vom vergangenen Sommer vor. An Ausdruckswerth
kommt diesen das andere Motiv mit seinen alten Häusern
und rothen Dächern wohl näher ....
Auch im Hauptsaal finden wir einige neue Bilder, die
zu denen von der weihnachtsausstellung hinzugetreten
sind. Neben zwei stimmungsvollen Landschaften von
Karl Ludwig (Frühlingsgewitter) und Oskar Moll
(Trüber Tag) und einer weiteren recht ansprechenden Luft-
stimmung des schwedischen Malers G. Romin erscheint
mir die Sammlung von Bildern von K. Hagemeister
durchaus erwähnenswerth. Man bekommt von diesem
einsam schaffenden Künstler selten genug etwas zu sehen.
Und nun hat er hier gar ein gutes Dutzend seiner
seltsamen, aber alle in gleicher weise seinem Ueberzeugungs-
muth Ehre machenden Bilder ausgestellt. Hugemeister
sieht oder will nicht sehen das Große und Ganze in der
Landschaft. Er bleibt stets beim Einzelnen uud Kleinen
haften. Man kann sagen, er male Stilllebenmotive der
Natur. Hier ein lauschiger Winkel im Schilf des park-
teichs, Wurzelwerk am Flußufer, das der erste Schnee
weiß schimmern läßt, ein Stückchen Seeufer mit gelb-
leuchtenden Wasserblumen, ein Fleckchen wiese mit roth-
glühendem Mohn. Selten belebt er das lauschige Plätzchen
durch Vögel: Hier schießt eine buute Krieckente auf, dort
flattert im gelben Schilf eine kreischende Möve hervor.
Aber das Alles malt er nicht etwa in kleinen, feinen
Zügen, vielmehr breit und wuchtig auf großen Leinwand-
flächen, zeichnerisch sehr geschickt, aber oft unbekümmert
um Gesammtton, manchmal sogar schreiend bunt, mit rein
dekorativer Wirkung. Der große Zug fehlt trotzdem, weil
eben die Verinnerlichung fehlt. Das ist's u. a., was ihn
von einem Liljefors unterscheidet, mit dem er ja die Vor-
liebe für „landschaftliche Stillleben" gemein hat.
I. Norden.
 
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