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Die Kunst-Halle — 4.1898/​1899

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Nummer 3
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Coffmann, Paul Nikolaus: Aphorismen
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Glücksmann, Heinrich: Wien: II. Jubiläums-Kunstausstellung
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Aus München
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https://doi.org/10.11588/diglit.63302#0050

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38

Die Run st-Halle

Nr. 3


Der ÄefthetiKer braucht ebenso wenig ein Rünstker zu
sein, aks der Ärzt die Krankheiten gehabt haben muß, wekche
er öehandekt.

Die Matur macht keine Semesterwitze.
(Man möchte zuweiken behaupten, das; das Geifpiek großer
(Männer ein verderbkiches ist; werk nämkieh zumeist ihre -Ab-
surditäten nachgeahmt werden.

Gei Runstregekn, von Künftkern aufgesteKt, spricht häufig
das Mokken mehr mit aks das Srkennen.
Der Michtprophet gibt in seiner (Vaterstadt.
(jndividueKe (Vorzüge zu haben, ist eine Kunst; indi-
vidueKe Srhker, keine.
«Keim Gesuch von Gefekkfehaften mus; man vor aKem
wissen, daß jedes Thier an einer besonderen Stekke gestreichekt
sein wE.
Der arme Aldker! er mag anfangen was er wiK, ihm
käuft (Niemand nach — meinte der Zeithammek.

Wien:

ii.Zubiläums-IsWZtausslellung.
Von Heinrich Glücksmann.
igentlich ist es der Jubiläums-Kunstausstellung
zweiter Theil, was die Herren vom Wiener
Künstlerhause unter dem Titel „Fünfzig Jahre
österreichischer Malerei" auf allen Wänden ihrer Säle
und Sälchen und Kabinette und selbst der als „Speck-
kammern" vervehmten, lichtarmen Durchgangsräume von
heute ab ihrem Publikum darbieten. Im ersten Theile
herrschten die Lebenden; die gegenwärtige Ausstellung
ist eine große Auferstehung, eine in den Spätherbst gerückte
Dsterfeier der verstorbenen Unsterblichen, welche in dem
halben Jahrhundert, seit Kaiser Franz Joseph I. die Krone
seiner Ahnen trägt, mit pinsel und Palette für den Ruhm
seiner Lande und Völker gewirkt und ihnen im Reigen der
Kultur einen Ehrenplatz gewahrt haben.
Die Todten leben, indessen mancher scheinbar sehr
Lebendige das Mal aus der Stirn trägt, das ihn der Ver-
gänglichkeit weiht. Die Todten leben, weil sie das Leben
ihrer Zeit, deren Gedankengehalt und Empfindungs-
weise, die Art, wie man damals die Natur erfaßte, wie
man in das Getriebe der Welt sah, in ihre Kunst treu
verpflanzt, weil sie dem Kunstsinn und Kunstgeschmack
ihrer Epoche ihr Bestes gegeben haben, was einmal
wirklich gut gewesen, das kann nie schlecht werden, wie
auch im Allgemeinen und im Besonderen der Geschmack
wechseln mag, es strömt doch zu jeder Zeit von den Werken
echter und rechter Kunst ein Zauber aus, der über alle

gewaltsam gedrechselten, ästhetischen Theorien der „Mo-
derne" triumphirt. Die treuesten Abonnenten des „Vsr
suLi-uruI die begeistertsten Anhänger der ost gar zu räthsel-
dunklen Sezessionskunst, sie werden, wenn ihre Augen und
ihr Pirn nur wirklich Helle sind, tausend tiefe Schönheiten
entdecken an diesen Werken der „Alten", an diesem ener-
gischen Naturanbeter Waldmüller, an diesem geist-
reichen Märchendichter Schwind, an diesem pessimistisch-sa-
tirischen Daseinsphilosophen D anh auser, einem Moliöre in
Farben, an dem Wiederentdecker des Körpers, dem wuchtigen
Ra hl, der den Umrißmalern den Krieg erklärte, an dem
Flammengeiste Anselm Feuerbach und an manchen von
Denen, die in den Geleisen dieser führenden Recken der Kunst
als Berufene und Auserwählte hinschritten und von denen
Viele, die heute über sie die Achseln zucken, unbewußt
Manches gelernt haben und bewußt noch Vieles lernen
sollten, vor allem das Line: daß der rechte Künstler kein
Agitator zu sein hat, kein lungenkräftiger Marktschreier,
der sich als alleinig patentirter Inhaber der Offenbarung
des heiligen Kunstgeistes ausspielt, sondern ein stiller
Arbeiter, der, horchend aus die Stimme in seinem Inneren,
schafft und es seinem Werke überläßt, die paragraphirten
Glaubenssätze der zünftigen Aesthetiker zu stützen oder zu
stürzen. So haben es die Alten gehalten, die uns jetzt im
wiener Künstlerhause als Zeugen einer reichen Epoche,
als Väter und Söhne eines blühenden Kapitels der Kunst-
geschichte vorgeführt werden, und darum sind die
Großen unter ihnen nicht gealtert, darum können sie heute
noch mannigfach anregen, können einer neuen Zeit mit
segensvollen Winken und Weisungen dienen.
Diese historische Ausstellung bietet eine Fülle des Be-
deutenden und des Sehenswerthen. Sie sei vorläufig nur
als ein Lreigniß in unserem Kunstleben angezeigt. Dem-
nächst soll ihr die verdiente Würdigung zu Theil werden.
Wien, 20. Oktober.

Nus tDttncbeu.

-M^m Kunstsalon Littauer, der es sich ausdrücklich zur
Aufgabe macht, moderne Erzeugnisse ausländischer
Künstler vorzusühren, finden wir u. A- eine
Kollektion von Zeichnungen und Aquarellen von Daniel
Vierge (Paris), welche ein erstaunliches zeichnerisches
Können verrathen. Prächtig z. B. diese Arbeiter, welche
aus hohem pängegerüste mit dem Pausanstrich beschäftigt
sind hochoben im fünften Stock, und tief unten im Dunst
halb verschwommen die Straße. Vierge verwendet gern
wenig Farbe, ost ist es nur ein genialer Kler, der die
Gestalt hervorheben soll, und diese Menschen, meist Arbeiter
in voller Thätigkeit, sind mit bewundernswürdiger Schärfe
und Eigenart fixirt. Es sind Sachen, die in der Mappe
noch besser wirken dürsten; hier im Rahmen an der wand
haben sie etwas monotones . . .
Der Kunstverein brachte eine Kollektion von
Silhouetten. Diese in unserer Zeit vernachlässigte
Kunstgattung hat in Vr. Otto Böhler einen tüchtigen
Interpreten. Von sicherer pand und scharfer Beobachtung
zeugen diese kleinen Kunstwerke, welche ihre Motive meist
in der musikalischen Welt suchen. So sehen wir Mascagni
 
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