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Die Kunst-Halle — 4.1898/​1899

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Nummer 9
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Norden, J.: Berliner Kunstschau
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Kunstchronik
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Die A u n st - H a l l e

s38

Nr. 9

Line Atelierausstellung des Bildhauers Harro
Magnussen (Sigmundhos )p führte dem Eingeladenen
außer einer Anzahl schon bekannter porträtistischer Werke
auch einige neue Arbeiten vor. Da sind in Marmor zwei
Bismarckköpse von großem Reiz zu sehen. Der eine, aus d. I.
Z8Y6, wohl das letzte portrack nach der Ratmr, ergänzt alle
übrigen bekannten, auch die gemalten Bildnisse in inter-
essanter weise. Diese Büste zeigt uns den Bismarck der
Familie, nicht den eisernen Kanzler mehr, während der
andere mit dem Hute bedeckte Kops noch immer energischen
Ausdruck in Blick und Haltung ausweist, sehen wir uns
hier mehr dem gemüthlichen Plauderer gegenüber. Auch
eine gewisse Fülle des Gesichts fällt aus. Das höchste in
der Porckrätkunft historischen Stils hat Magnussen jedoch in
seinen: als Gipsmodell früher schon ausgestellten „Friedrich
den Großen" geleistet. In Lebensgröße sitzt die von
Krankheit und Alter geschwächte Gestalt im breiten Lehn-
stuhl gebettet, das kahle fleischlose Haupt vorgebeugt; die
rechte Band mit den schlanken durchsichtigen Fingern hängt
über die Leitenlehne, während die linke das stehend zu ihm
ausblickende Windspiel streichelt; das zweite der historischen
Windspiele liegt an der rechten Seite des Stuhls. Bon
zwingender Gewalt ist der Blick der großen wundervollen
Augen in diesem edlen durchgeistigten Greisenkoxs. Sie
schauen gleichzeitig sinnend rück- und vorwärts. Durch-
geistigt sind auch die Bände. Ich habe solche Bände in
der Plastik nur einmal sonst noch gesehen, bei dein
„sterbenden Spinoza" Antokolski's. Bekannt ist die andere
kleine Figur des großen Preußenkönigs, wie er mit seinen
beiden Windspielen, den Krückstock in der Band, hinwandelt;
bekannt auch das Kieler Bismarck-Denkmal. Magnussen
hat jüngst wieder einen Auftrag für einen monumentalen
Bismarck erhalten. Er wird den Mittelpunkt des nord-
schleswigschen Rationaldenkmals aus dem Knisberg nach
Möller's Entwurf bilden, einer Terrassenanlage mit ge-
waltigem Thurme in wuchtigen nordischen Formen aus
rohbehauenen granitenen Fundsteinen. In einer Rische
dieses Thurms erhält, nach den: hier vorhandenen Modell,
die 6 m hohe Gestalt des Alt-Reichskanzlers seinen
Standort. I. R.
wie aus einer geschicktenBlumcnmalerin eine sensations-
lustige Soloausstellerin an der Straße geworden ist, so ist
aus der einfachen Hermine eine — Bermione von
preuschen geworden. Die Ausstellung an der Potsdamer-
straße war schon auswärts gezeigt und wurde in diesen
Blättern vor Monaten gewürdigt, wie mir scheint, weit
über Gebühr, was tüchtig, ja zum Theil ausgezeichnet
ist, kennt man ja hinlänglich. Die Dame versteht es groß
und effektvoll arrangirten Blumen-Stillleben durch ihre
vollendete Kenntniß des Pflanzenkörpers in Farbe und
Form gerecht zu werden; aber über den kunstgewerblichen
Werth geht das Verdienst solcher Arbeiten schließlich nicht
sehr hinaus. Auch die fleißigen landschaftlichen Studien
der Künstlerin dürfen zu::: Theil ehrlich beachtet werden,
was indeß in figürlichen Darstellungen z. B. in einen:
seelenlosen Kinderbildniß, in den: ausdruckslosen Kops des
todten Konrad Telinann, der seltsamen Aktfigur „Das
Weib" und selbst in den großen Schlagern „Äsrael der
Todesengel", „Lebenssphinr", „Kirke mit den Schweinen"
dem Beschauer zugemuthet wird, muß die Kritik als eine
Versündigung an dem Geiste der Kunst rücksichtslos ab-
lehnen. So etwas gehört doch wohl mehr in die Schau-
buden der Jahrmärkte; da dürste es Furore machen.
Ikunstcbronik.
* Berlin. Die Kgl. Rationalgallerie erhielt
kürzlich als Geschenk von einen: ihrer ungenannten wohl-
thäter abermals ein Bild des Pariser Impressionisten
Degas, hoffentlich erhält die Gallerte noch recht viele
charakteristische französische Bilder geschenkt, damit inan
hier löblich sortsahren kann, ebensoviele gute deutsche
Bilder zu eliminiren. Ain ). Februar wird die vautier-

Ausstellung geschlossen. — Das bisher so stille Atelier
des Bildhauers Harro Magnussen ist nach dem Besuch
des Kaiserpaares das Ziel zahlreicher Kunstfreunde ge-
worden. Magnussen verdankt d:e Auszeichnung jenes Be-
suches und den Ankauf seines in Marmor übertragenen
Werkes „der Philosoph von Sanssouci" durch den Kaiser
lediglich der sieghaften Bedeutung dieser Arbeit. Denn
weder war er der „kleinen" Exzellenz Menzel, die die
kaiserliche Reugierde so stark erregte, persönlich bekannt,
noch hat er je daran gedacht, persönliche Iugendbeziehungen
zu den: einstigen Prinzen Wilhelm zu^srüktifiziren. Für
uns ist dieser schöne Erfolg des Künstlers um so erfreu-
licher, als wir ihn von Anfang an vorausverkündigt
hatten. Der „Philosoph" soll seine Ausstellung im Sterb'e-
ziinmer des großen Königs zu Sanssouci erhalten. —
Eine radikale Veränderung der Potsdamer Brücke, die
man durch ein Konkurrenzausschreiben vorbereiten wollte,
ist dieser Tage durch Magistratsbeschluß ausgegeben worden.
Somit wird auch die vielbekämxste statuarische Aus-
schmückung der vier Brückenpostamente bleiben.
* Magdeburg. Die „eigenartige Zeichenmethode"
aus der hiesigen Schule für Tischler- und Kunst-
tischlerlehrlinge hat neuerdings auch die Aufmerk-
samkeit einer ausländischen Regierung erregt. Aus dieser
Schule bildet das Bandwerk den einzigen Gegenstand der
Studien. „Entgegen gleichartigen Schulen in Deutschland
und sogar in unseren: Lande gründet die Magdeburger
Schule ihren Unterricht nicht aus Werke der Vergangen-
heit ; sie zieht in Betracht, daß die Grundsätze der Kon-
struktion allein als Stoffe bei::: Unterricht in den Holz-
arbeiten dienen können; daher betreibt sie denselben ganz
unabhängig und bemüht sich die Schüler in den Stand zu
setzen persönlich ihr Empfinden und ihre Gedanken zum
Ausdruck zu bringen bei der Herstellung und Verzierung
ihrer Arbeiten." wir möchten aber zu bedenken geben,
daß Tischlerlehrlinge wohl kaum persönliche Empfindungen
bezüglich aller Gebranchsmöbel haben können und daß
inan hier eben nur eine Art Heuchelei methodisch züchtet,
die Niemandem nützt aber leicht Schaden verursacht, weil
sie eine Verachtung der Erfahrungen und Mustersormen
der Vergangenheit in sich schließt.
* Dresden. In Emil Richters Kunstsalon steht
eine Reihe von Sonderansstellungen bevor. Den Anfang
machte an: )8. Januar I. F. Rassaelli (Paris), der
25 Gelgemälde, Pastelle, einige plastische Arbeiten und
eine vollständige Luito seiner „Doiulos 866Ü68^ gesandt
hat. Es sind überaus charakteristische Ansichten aus dem
Straßenleben von Paris, wir heben aus der Kollektion
hervor : ..Loulovuvä clo8 Itickiourck, Bo Düuutüoou",
.,Bc Rre (lo trioiuplio", „Buyaclo clo Kotro Vumo'st „Ba
Trinitö (Ko-lmo)", ferner Bs, Bolls Bommo ou oiro, Bo
oivouv clo l'Blotol clo8 VoyuAour8, Barckiouno 8ur Br
pluoo clo la Oouoorclo oto. Die Ausstellung erfolgte nach
speziellen Angaben des anwesenden Künstlers.
* Leipzig. Das städtische Museum erwarb Ad.
Echtlers (München) treffliches Bildniß des Prinz-Regenten
von Bayern.
* Göttingen, hinter den: Ehemischen Laboratorium
wird das Gauß-Weber Doppelmonument im Mai oder
Juni seierlichst enthüllt werden; die Sammlung für das
Werk ergab bis jetzt ooo Mark.
* Oldenburg. Im Rordflügel des Großherzoglichen
Schlosses hat Arthur Fitger, Bremen, den neuerbauten
Festsaal mit fünf großen Fresken, Darstellungen aus der
oldenburgischen Sage und Geschichte, geschmückt. Außer-
dem sind zwei Darstellungen nach Fitger's Entwürfen von
den: Münchener Kunz Meyer ausgesührt.
* Frankfurt a. M. Der Kunstsalon Hermes hat
in seiner Januar-Ausstellung eine große Anzahl hervor-
ragender Werke zusammengebracht, die für Frankfurt zum
Theil künstlerische Nova sind. Einzelne Kollektionen find
von Nikolaus Gysis (2-h Gemälde und Studien), Askan
Lutteroth Po Aquarelle), Ed. Manta, Nizza (Gemälde),
Bans Thoma (6 Gemälde). Anter den fonstigen Aus-
stellern wird die Phantasiekunst, die sich jetzt gewisser
biblischer Gestalten (Judith, herodias, Salome) mit vor-
 
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