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Die Kunst-Halle — 4.1898/​1899

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Nummer 16
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Schestag, August: Wien: Die Ausstellung der "Sezession", [1]
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M., C.: Dresden: Deutsche Kunstausstellung, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.63302#0283

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Nr. s6

Die Kunst-Ls alle

2^5

hak. Der Rleister sitzt am Klavier und begleitet
einige Mädchen zum Gesang. Der Raum ist nur
von wenigen Kerzen erhellt, deren gelbes Licht aus
den zarten Mädchengesichtern spielt. Die Stimmung
ist eine ernste und weihevolle. Das zweite Bild dieses
Dialers fordert von allen ausgestellten Merken wohl
am meisten die Kritik des Publikums heraus. „Die
nackte Wahrheit" ist es benannt. Line unschöne
nackte Frau mit Schlitzaugen und rothgesärbten
Mangen hält in der chand einen Spiegel, das alte
Svmbol der Wahrheit. Die Idee ist also ganz her-
kömmlich zum Ausdruck gebracht. Der Lindruck,
den dieses Merk macht, ist nicht nur in Folge des
kokottenhasten Gesichtsausdrucks, sondern auch des
geschmacklosen dekorativen Beiwerks wegen ein un-
erfreulicher und der ausgezeichnet gemalte Akt ent-
schädigt uns nicht für den Mißgriff, einen abgenützten
Dorwurf durch rein äußerliche Mittel zu etwas Be-
sonderem machen zu wollen.
Nebst Klimt ist dessen Stellvertreter Moll Führer
der Sezession, doch seine „Andacht" und „In der
Kirche" zeigen uns deutlich, wie weit er gegen seine
Dorbilder wie Kuehl u. A. in der Behandlung des
Lichtes von Innenräumen zurücksteht. Sein drittes
Bild: „Dor den: Diner" ist weitaus besser, doch zu
wenig glänzend gemalt, um uns den Dorwurf, eine
vornehm gedeckte Tafel mit Lichtern, Blumen. Gläsern
u. s. w., annehmbar zu machen.
Line Dame in gelben: Kleide sitzt auf einen: grün
großgeblumten Sopha und legt die Arme links und
rechts gerade ausgestreckt auf die Nücklehne. Ls ist
ein Porträt von Kurzweil. Der Künstler sühlt, daß
man endlich auch bei uns nut der Photographen-
Stellung in: Porträt aufhören und etwas Geschmack
in die Anordnung bringen könnte, daß die Kompo-
sition eines Bildnisses von ganz außerordentlicher
Wichtigkeit ist, aber der Mangel an Geschmack, der
jeden: Deutschen anhaftet, sobald es sich um Frauen
handelt, spielt natürlich auch diesem Künstler arg nut,
und es ist beim guten Millen geblieben. Ja, wenn
es sich um biblische Geschichten handelt, da wird
komponirt, aber auch nichts als komponirt, das geistige
Moment geht dabei ganz verloren.
Das sehen wir an den Arbeiten zweier hervor-
ragender Mitglieder der Vereinigung. In einem
Rundbogen des Mittelsaales zeigt uns Roller die
Farbenskizze zu einem Mosaikbilde. „Die Bergpredigt",
als Vorstudie zu dem im Auftrage des Unterrichts-
ministeriums herzustellenden Karton. Der Künstler
geht in der Komposition auf die Apsismosaiken der
frühnüttelalterlichen Basiliken zurück. Christus thront
in der Mitte, auf jeder Seite stehen Apostel, den
Hintergrund bildet eine Reihe von stilisirten Lheru-
bims, im Vordergründe steht ringsum das Volk. Die
Anordnung ist einfach und mächtig und das Merk
könnte eine große Wirkung hervorbringen, wenn die
Linzelgestalten studirt und korrekt gezeichnet wären.
Die zweite Arbeit von Bacher „Domins ^uo vaäis"
illustrirt eine römische Legende: „Petrus, vor dem
Märtvrertode aus Ron: fliehend, begegnet der Er-
scheinung Christi. Auf Petri Frage: perr, wohin
gehst Du? antwortet Christus: Sch komme nach Nom,
um nochmals gekreuziget zu werden. Beschämt kehrte
Petrus nach Rom zurück." Der geistige 'Inhalt ist
ganz vernachlässigt in dieser Arbeit, das Augenmerk
des Künstlers nur auf die Linienführung gerichtet.
Der weite, fliegende Mantel, den Petrus vergeblich
zu Haschen sucht, ist das Hauptmotiv des Bildes und

auch Christus, der nur von rückwärts sichtbar ist,
nestelt mit seiner pand an den: Gewände. Sollen
vielleicht die blauen Konturen das Bild zu einem
modernen Kunstwerk machen?
A. Schestag.
(Schluß folgt.)

Dresden:
Deutsche Kunstausstellung.

I.
in erster Rundgang durch die seit dein 20. April
geöffneten Räume der Deutschen Kunstausstellung
macht entschieden einen günstige:: Eindruck, selbst auf de::,
der durch die lärmende Reklame und ein dementsprechend
geschmackloses Plakat, nach dem hoffentlich Niemand aus-
wärts die Ausstellung beurtheilt, ungünstig voreingenommen
war. Die pauxtsäle sind mit Sorgfalt hergerichtet, nut
wohlthuendem wechsel in der Tönung der wände und der
Bodenmatten: in der Hauptsache sind die Kunstwerke gut
aufgehängt und der Eindruck des Marktmäßigen glücklich
vermieden. Natürlich giebt es auch hierin Ausnahmen:
so sind z. B. die Abteilungen neben dem Klinger-Saal so
dunkel und die Bilder so ungünstig aufgehängt, daß man
sich kopfschüttelnd fragt, wie sich das mit der oft hervor-
gehobenen Sorgfalt und mit dem viel gepriesenen Geschmack
der Kommission verträgt; ebenso machen die Abteilungen,
in denen die Weimaraner, Hamburger und Schleswig-
polsteiner Bilder hängen, einen arg vernachlässigten Ein-
druck, was die in anderen Sälen mit so viel Kosten-
aufwand beschaffte Ausschmückung und, noch schlimmer,
was das Licht anlangt. Da wäre Manches besser zu
machen gewesen und wir hoffen, daß aus diesen Erfahrungen
die richtigen Lehren gezogen werden.
Die alten Kunstgenofsenschaften und die Sezessionen
sind, räumlich scharf getrennt, in den beiden Flügeln des
Gebäudes untergebracht, der große Mittelsaal enthält, wie
bisher, die Plastik und die neben ihm auf beiden Seiten
hinlaufenden kleinen Kabinette sind links den kunst-
gewerblichen Zimmereinrichtungen, der Meißener Porzellan-
sammlung und der Kranachausstellung eingeräumt, während
die entsprechenden Räume auf der rechten Seite die ganz
vortrefflich zusammengestellte Sammlung der pandzeich-
nungen und graphischen Arbeiten bringen. Als besondere
Anziehungspunkte können dann der Klingersaal mit dem
„Christus im Glymp" und einige:: Bildwerken des Leip-
ziger Meisters und ein kleinerer Raum, der die Werke
A. pildebrands birgt, gelten. Betritt man den runden Ein-
gangsraum, so fällt zunächst auf, daß das Licht durch
bläuliche Fensterscheiben gedämpft ist und ein Blick von
da in die Bildersäle nach rechts und links läßt das trübste
Tageslicht hell und klar erscheinen, ein Effekt, der nicht
übel ist, wenn er auch ein wenig nach Mausoleum riecht.
Der große Plastiksaal, dessen Fensterscheiben ebenfalls
bläulich getönt sind, hat seit der letzten Ausstellung, wo er
als Garten mit Kieswegen und Rasenflächen hergerichtet
war, ein wesentlich verändertes Aussehen erhalten, da im
Hinteren Theile eine inächtige Terrasse, zu der zwei Treppen
 
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