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Die Kunst-Halle — 4.1898/​1899

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Nummer 22
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Meyer, Bruno: Berlin: Grosse Kunstausstellung 1899, [5]
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Brosch, L.: Venedig: III. Internat. Kunstausstellung, [2] (Schluss)
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https://doi.org/10.11588/diglit.63302#0391

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Nr. 22 - Die Run st-Halle >

3R

Durch erfreuliche Herausbildung individueller
Art interessiren Alois Erdtelt (München) und Walter
Petersen (Düsseldorf); dieser in seinen beiden Pastells
noch inehr als in dem tüchtigen Kniestück, das Oswald
Achenbach darstellt. Mit zwei hervorragenden Männer-
Bildnissen, namentlich dem markig feinen des Bild-
hauers Walter Schott, tritt Bruno pinkow (Berlin)
hervor. Nicht weniger müssen die beiden überaus
kraftvollen Pastellbilder von Anton Klamroth (Leipzig)
hier eingereiht werden. Mit in die erste Reihe kommt
auch das Bildniß des Hofraths Prof. Dr. Albert von
Leopold Horovitz (Wien) zu stehen, während das
Bildniß der Tochter des Künstlers kann: mehr als
das anziehende Köpfchen für sich hat. Dagegen
findet das Frauen-Bildniß bei den Wienern zwei vor-
treffliche Vertreter: überschwänglich schön ist das
Kniestück einer sitzenden Rothblondine in weiß von
dem neulich schon mit Auszeichnung genannten Julius
Schmid; und neben dem besten Latour steht unberührt
das Pastell-Bildniß der Sängerin Lula Gemeiner
von Karl Fröschl, dessen „Kinderbildniß" noch mehr
die Marke des Individuellen trägt. In männlichen
und weiblichen Bildnissen gleichmäßig ausgezeichnet
bewährt hat sich Mar Koner (Berlin), dem es nicht
zum Nachtheil geworden ist, daß er sich einer größeren
Ruhe als gewöhnlich befleißigt hat, — allerdings
nicht gerade in seinem wirksamsten und virtuosesten
Bilde, dem der Frau St. in schwarzem stark dekollet-
tirten Kleide mit grauer Strauß-Boa. Das lebt wie
ein unversehens erwischtes photographisches Moment-
bild und läßt von dein bekannten Lessingschen „langen
Wege" wenig bemerken!
Noch mehr, aber nicht in der gleichen künstlerischen
Veredlung trägt den gleichen Tharakter das mit den
Wienern hergekommene Reiterbildniß Kaiser Wil-
helms II. von Adalbert von Kossak (Berlin), dein
vielgenannten Urheber des unsere Ausstellung
zierenden großen Bildes „Attaque des Regiments
Gardes du Torps in der Schlacht bei Zorndorf".
Verglichen mit dem Besten, was wir von Friederi-
zianischer Schlachtenkupst im Bilde kennen, steht das
Bild da wie ein General, der seine Karriere in
Friedenszeit auf dem „parquett" gemacht, neben einem
Ziethen oder Blücher. Solche Montirungen erster
Garnitur, auf der Knopfgabel geputzt, wie diese
russische Infanterie im Vordergründe zur Schau trägt,
giebt es im Kriege nicht, zumal bei Truppen, die so
viel hinter sich haben, wie in Wirklichkeit die hier
dargestellten. Aber das Bild bewährt ein großes
Können, und es hat an der Tigenart der modernen
Schlachtenmalerei Theil, die dadurch ausgezeichnet ist,
daß sie mit Erfolg versucht, sich über die Episode
oder gar das Manöver-Arrangement (zum Theil ohne
Sinn und Verstand) zur Andeutung der großen
taktischen Zusammenhänge zu erheben. In dieser
Beziehung steht sicher noch höher das viel be-
scheidenere, in Wahrheit wohl bedeutendere Bild von
Karl Röchling (Tharlottenburg): „Erstürmung des
Kirchhofes bei Leuthen". Der Entscheidungskampf
um die Schlüsselstellung tritt hier mit packender
Deutlichkeit in die Erscheinung, und selten wohl ist
ein so weiter Gesichtskreis mit solcher Klarheit
und bildmäßigen Einheitlichkeit in einen Bildrahmen
gezwungen.
Die weiteren Schlachtenbilder erfordern kein
langes Verweilen. Erich Mattschaß (Düsseldorf) hat
seinen drei inhaltlich wie koloristisch durchaus ver-
schiedenen und unvereinbaren Szenen aus den Kämpfen
der Sechzehner bei Beaune la Rolande sicher keinen

Gefallen dadurch erwiesen, daß er sie äußerlich durch
die Form des „Triptychons" zusammengeschmiedet
hat. wenn man diese alte Form mit neuen: Gehalt
zu erfüllen versucht, dann muß es etwa mit der sinn-
vollen Feinheit geschehen wie in Walter Firles jetzt
in Dresden ausgestellter „heiliger Nacht". — Die
preußische Landwehr (I5er) in der Schlacht an der
Lisaine von Adalbert von Roeßler (Berlin) gewinnt
als ein tüchtiges und wirksames Momentbild, wenn
es auch vielleicht etwas belebter dabei zugehen könnte.
— Ein ergreifendes Bild — trotz der ans Schwäch-
liche streifenden Zartheit der Mittel — hat Adolph
Hering (Königsberg i. p.) aus dein „Heldentode der
elf Schillschen Offiziere vor Wesel, am (6. Sept.
(809", zu machen verstanden. Man kann nicht
weihevoller die noch im Untergange triumphirende
Begeisterung verherrlichen. Die Komposition ist
packend, und die Stimmungsmomente fein, aber ein-
drucksvoll gegeneinander gestellt. — wuror teuto-
meu8" nennt Hanl Ioanowits (Wien) die Episode
aus der Teutoburger Schlacht, die er auf einer
kolossalen Leinwand in lebensgroßen Figuren zur An-
schauung gebracht hat. Der unwiderstehliche Ansturm
der wilden Krieger gegen die der Ungunst des Ge-
ländes zum Opfer fallenden Legionen kommt über-
wältigend zur Geltung und läßt die Phantasie un-
willkürlich den knappen Ausschnitt zu einem Bilde
des ganzen entscheidenden Kampfes erweitern.
L
Venedig:
m. Internat. Isunstauzztellung.
Von L. Brosch, Venedig.

(Schluß, vgl. No. (9).
Deutschen haben recht spärlich den
Markt beschickt, überwiegend mit Bildern,
die schon vor Jahren auf verschiedenen
Ausstellungen zu sehen waren. Lenbach hat einen
Saal für sich, mit feinen bekannten scharf individu-
alisirten Bildnissen; er ist gewiß für unsere Zeit der
polygnot der Malerei, den Aristoteles als den besten
Tharakterdarsteller aus den Tagen der Blüthe des
Hellenenthums bezeichnet. Leibl ist mit zwei schönen
Stücken vertreten; feine Köpfe sind mit auffälliger
Sicherheit getroffen. Dettmann ist noch aus seinem
vor vier Jahren hier ausgestellten Triptychon „Die
Arbeit" in bester Erinnerung, als Meister in der
Beherrschung des Stoffes, als wirksamer flotter
Techniker. Mit seiner „Nacht auf der Riviera" hat
er diesmal einen glücklichen Griff gethan, die Natur
belauschend in ihrer poetischen Einsamkeit, wie sie in
durchsichtig mysteriösen Schleier gehüllt ist. Lieber-
mann hat nur schwach den Markt beschickt. Recht
guten Eindruck machen Schramm's „Hühner", über
denen ein warmes Reflerlicht der Sonne scheint; es
ist eine breit gemalte Studie des Hühnervolkes, das
ruhig seine Nahrung sucht, ohne sich um das laute
Publikum zu kümmern. Oppler erscheint mit einen:
etwas dunkel gemalten Bilde, aus welchen: packendes
suggestives Gefühl spricht; das Motiv wohl ein
ziemlich abgedroschenes: Ein Herr in Schwarz sitzt
an: Klavier und zwei Frauen lauschen ernstlich und
träumerisch den: Spiele. Von Koner haben wir zwei
Porträts, das besser gelungene stellt Herbert Bismarck
dar. Hodler ist mit zwei energisch gezeichneten Akt-
 
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