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Die Kunst-Halle — 4.1898/​1899

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Nummer 22
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Brosch, L.: Venedig: III. Internat. Kunstausstellung, [2] (Schluss)
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https://doi.org/10.11588/diglit.63302#0392

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4- Die Kunst-Halle -z-

Nr. 22

bildern vertreten. Menn man dann noch ein paar
Landschaften aufzählt, z. B. die von König, welche
besonders realistisch dunstige Nässe wiedergiebt, die
transparente Grauftinunung von Holzel, das gut ge-
zeichnete Bildchen von Licken und Sophie Hormann's
saftiges Stillleben, so können wir von der deutschen
Sektion Abschied nehmen und zur österreichischen über-
gehen, wo ich den: Leser einen jungen Wiener Maler
David Mose vorzuftellen habe.
Sein Triptychon „Zertrümmerte Hoffnung" ist
jedenfalls keins der gewöhnlichen Rührbilder. Links
sitzt ein schwindsüchtiger Student neben der roth
flackernden Lampe vor einen: aufgeschlagenen Buche,
tiefe Melancholie verräth seine Gestalt. Zn der
Mitte des Bildes liegt er in den letzten Zügen, die
Mutter kniet vor seinen: Lager, ein alter Bauer,
sein Vater, hockt an: anderen Lude. Schließlich liegt
der Stolz und die Hoffnung der alten Litern ein-
gesargt, Kerzen flackern düster, die Alte betet, der
Vater tritt in die Stube. wir fühlen nut den Zurück-
gebliebenen, weil uns der Künstler spontan in seine
Kreise zieht. An der Zeichnung mag manches zu
rügeu sein. Lngelhart stellt uns vor eine technisch
gut behandelte spanische Tänzerin- der Ungar Laszlo
bringt ein nett ausgeführtes Kinderporträt. Passinis
Aquarell - Porträt, Sir Henry Layard an seinen:
Schreibpult sitzend, ist in den Nebensachen virtuos
behandelt, der so charakteristische Kopf der Haupt-
figur aber ist nur schwach zur Geltung gebracht.
Die Spanier find in: Ganzen nut sieben Bildern
vertreten. Benlliure hat einige Studien aus Marokko,
die in der Nähe betrachtet, wie Heuschober aussehen,
auf denen kleine Zinnoberfleckchen sich bemerkbar
machen; aber in einiger Lntfernung gesehen, machen
diese Skizzen einen bewegten Lindruck. Bacarisas
hat eine gut empfundene Abendstimmung von Ron:,
wobei dieFiguren sich mehr als Nebensache ausnehmen.
Liniges Gute haben die Franzosen gebracht.
Blanche's Porträts stehen in ihrer Art einzig da; er
verfügt über eine fabelhafte Technik, in seinen Damen-
bildnissen liegt leidenschaftliches Leben, dabei weiß
er mittels einfacher Farbenskala zu wirken. Sehr
zart und fein auch im Luftton ist Dagnan-Bouveret's
„Bretonin". Lnders bringt inti kühnen Farbenstrichen
die Lffekte eines Lichtes hervor, das durch ein Fenster
scharf hereinbricht. Tottet hat hier ein Triptychon
nut einen: effektvoll beleuchteten und empfundenen
Mittelbild, Tlement dagegen eine langweilige, abend-
liche Billardpartie, bei der grüne Schirme vor den
Glasflammen den: Ganzen den Ton geben. Besnard
stellt ein ganz impressionistisches Porträt der Rvjane nut
einen: geradezu fratzenhaft wirkenden Gesicht aus.
Von Belgien haben wir Buyffe's vorzügliche
Studie eiues winterlich beleuchteten Kanals, Baert-
soen's Pastell einer hübschen Schneelandschaft. Dierckr
führt uns in ein Schullokal, wo die Kinder gerade
frühstücken und es sehr laut dabei hergeht. Leon
Frederic bringt sein von andern Ausstellungen längst
bekanntes Triptychon „das Volk wird einmal den
Sonnenaufgang sehen". Sehr interessant dagegen
find die Arbeiten Leemputtens, der das vlämische
Bauernleben anmuthig und keck zu erzählen weiß.
Leempoels aus Brüssel stellt zwei Bilder aus, denen
inan es ansieht, daß er sich das Lebei: sauer macht;
jedes Härchen kopirt er gewissenhaft, wie unter der
Lupe; dabei »wird Linen:, angesichts seiner Kopfstudie
in ihrer kupferrothen Farbe bange zu Muthe.
Von Holland ist bald alles gesagt: es baben
sich die Mesdag, Zsraels, Ter Meulen auch hier als

große Meister bewährt. Aufgefallei: ist mir Arnt-
zenius' skizzenhaftes, keck ausgeführtes Bildchen: eine
Straße nach dem Regen, und die vorzügliche Land-
schaft von Vai: Soest. — von DäneiH möchte ich
nur Kroyer's Freilichtporträt erwähnen, ein kühnes
wagniß, das den: Künstler vollends gelungen ist.
Auch Bertha wegmanu hat zwei frappant lebendige
Porträts gesandt. Aus Schwede:: ist A. Zorn gut
vertrete::, der Norweger Thaulow bringt dieses Mal
nichts Neues.
Die Schott ei: stellten sich wie immer mit fein
empfundenen Landschaften ein, die selten von der
Sonne beschiene:: sind, und wem: es schon der Fall
ist, so blickt sie nur schüchtern auf Hügel und Land.
Zn: Figürlichen ist Lavery mit einem Damenporträt
in weiß nicht sonderlich erfolgreich in Ton und
Ausdruck.
Lndlich kommen wir zu den Lngländern und
Amerikanern, die ich nur bis zuletzt aufgespart habe;
nicht etwa weil sie hinter den anderen zurückstehen.
Zn: Gegentheil sie machen den freundlichsten Lindruck
und verrathen zugleich einen Lrnst des künstlerischen
wollens, eine Sorgfalt in der Ausführung, mit denen
es nur die Allerbesten der anderen Abteilungen auf-
nehmen können. Besonders erfreulich, da der englische
präraffaelismus aus ihren Kreisei: gewichen scheint
zu Gunsten eines gesunderen Formgefühls, wir
müssen bei Whistler anfangs::, der ein schon vor
35 Zahre beendetes Porträt einer Zapanerin in
ganzer Figur ausstellt. Harmonisch hebt sich die
Gestalt von dem gleichfarbigen Hintergrund ab; alles
ist mit virtuoser Sicherheit vorgetragen, jeder Pinsel-
strich ist das ungekünstelte Lrzeugnis künstlerischer
Linsicht, der Schwung der Linie charakteristisch, die
Figur erscheint dein Auge geschmeidig und biegsam.
Hardy hat ein ganz kleines Bildchen einer Altei: in:
Profil, die vor einen: gedeckte:: Tisch sitzt. Die Alte
bewegt nicht die Lippen, sondern sagt im Stillen ihr
Tischgebet her: auf ihrem Gesicht liegt es wie Resig-
nation. Das Ganze ist von: Künstler tief gefühlt,
mittels breiter distinguirter Mache hat er uns ein
kleines Bild in große:: Züge:: gemalt. Brangwyn
mit seiner originellen Technik ist, was immer man
gegen ihn aufführen mag, ein großer Zeichner, der
in seine Komposition eine Linfachheit legt, die über-
rascht: Die „Hlg. drei Könige" haben den großen
Vorzug, daß keine Figur posirt. Viel weniger
konzentrirt in: Vortrag ist sei:: anderes Werk „Bacho";
braune und kupferrothe, breit hingeworfene Farben-
flecke verwirren das Ganze, aus den: inan bei einiger
Anstrengung, eine wuchtige Zeichnung heraussieht, in
der Alles lebt und webt. Der Amerikaner Boughton
zeigt uns eine schwarz bekleidete Frauengestalt in
Halbsigur, koloristisch nicht uninteressant, schade nur,
daß das rechte Auge nicht ganz richtig in: Gesicht
der Holdei: Dame sitzt. Stewart bringt drei kühne
Aktbilder in Freilicht. Weiche Reflexe verleihen seinen
Schöpfungen Glanz und Leben, sein Frauenbild
unter einem Weidenbaum lächelt etwas kokett dei:
Beschauer an. Walter Trane's Temperabild „die
Lroberer der Welt" wirkt gobelinartig und sein
anderes „die Schwanenfrauenwie in: Plakatstil.
Lin von Herkomer ausgestelltes Proträt eines junge::
robuste:: Mannes, ist breit und charaktervoll vorge-
tragen, wie es dieses Künstlers Art ist. Fräulein
Gloag tritt nut einen: pastös gemalten dekorativen
Bilde auf: „Das Wunder der Rose", dem die
Dichtung Zohn Mandevilles zu Grunde liegt: ein
schönes, unschuldiges, zum Scheiterhaufen verurtheiltes
 
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