Nr. 22
Die Aunft-Halle
3fl3
Mädchen wird durch ein himmlisches Münder ge-
rettet; das Feuer erlischt und aus dem Holz wachsen
Rosen. Shannon bietet nut dem Porträt eines an:
Klavier spielenden Jünglings nicht sein bestes,
namentlich die Hände sind ziemlich oberflächlich be-
handelt.
Statten wir zuletzt der Bildhauerei einen
flüchtigen Besuch ab. Diese ist übrigens so spärlich
vertreten, daß sür sie nur kurze Bemerkungen genügen.
Ss haben nicht einmal alle ersten Skulptoren Italiens,
geschweige die sremdländischen, die Ausstellung be-
schickt. vor allem ist der Italiener Danonica zu er-
wähuen, nut seinen: „Frühlingstraum", einer weib-
lichen Rlarmorbüste mit Händen; der Marmor wird
nüttels transparenter Uebergänge der Flächen behandelt,
so daß man nicht des harten Steines gedenkt. Der
Gekreuzigte Christus dagegen, von demselben Bild-
hauer, wirkt derb und ziemlich banal. Gin anderer
Künstler, der seine erste Sporen auf der Ausstellung
zu erlangen sucht, heißt Romagnoli und sein Merk:
eine Mutter nut ihren: nackten Kindchen. Sie drückt
es an die Brust und ihre Finger pressen sich leicht
ins Fleisch; das Ganze versinnlicht Zärtlichkeit und
Hingebung. Der gefeierte Bistolfi hat diesmal einen
verunglückten Christus ausgestellt. Ierace, der
robuste Modelleur, stellt einige schöne Büsten aus,
ebenso Cifariello; Trentacoste hingegen bringt „eine
Tochter Niobes" mit fein modellirten Armen.
von Freunden zeichnet sich Braecke aus, der nur
auf den ersten Anblick an Meunier erinnert: eine
dürre überlebensgroße alte Holzträgerin schreitet
müde mit der Last auf den: Rücken dahin, van der
Steppen reiht sich würdig neben Meunier, welche
beide ihre sonst in Haris ausgestellten Merke uns
vorführen. Deutschlands Bildhauer find auf dieser
Ausstellung nicht vertreten, während die Schotten nut
manch hübschen: dekorativen Stücke auffallen...
In: Großen und Ganzen steht die heurige Aus-
stellung nicht auf der Höhe der früheren. Ihre
Signatur wäre mit den Morten zu geben: manches
Gute, viel kräftig Gewolltes und schwächlich Ausge-
führtes; überwiegend Mittelmäßiges. Doch mehr
oder weniger ist das wohl allenthalben das Rebel,
welches heute den modernen Ausstellungen anhaftet,
besonders aber der „III. Internationalen" in Venedig.
dr
Miincken:
Vie Huzstellung im Mazpalast.
von Leopold Gustav.
III.
/ H nter den Landschaften ist viel Gutes; freilich tritt
uns auch kein neuer Käme entgegen. Bürgels
„letzte Sonne" am Isarufer, an dein die weidenbäume
schon in der Vordännnerung träumen, ist vielleicht etwas
zu monoton und verwischt gehalten, dagegen bringt er in
seinem „Abend an der Maisach" die herbstliche Natur und
die Wasserdünste auf eine weise zum Ausdruck, die sich
über das anständige Mittelmaß weit hinaushebt. Auch die
Isarufer wählt Strützel gerne zu seinen Motiven; die sich
zur Zeit der „Abendruhe" an dem Himmel unserer bayerischen
Hochebene öfters und intensiver wie anderswo, einstellende
lebhafte Vielfarbigkeit hat hier zu etwas zu viel Farbe
verleitet. Auch willroider verdient wieder Erwähnung,
ebenso Fritz Baer für feine wieder sehr flott gemalten
Sachen. Der Worpsweder am Ende weiß den herben Reiz
des beginnenden Frühlings glücklich zu schildern, Bans
Busses November ist etwas eintönig gelb, doch bringt er
sonst mancherlei Gutes. Dann sind wenglein, Fink,
Peter Paul Müller in ihrer bekannten Art vertreten, ohne
daß sie zu neuen Bemerkungen Anlaß böten. Franz Hochs
Landschaften, von denen eine für die Pinakothek angekauft
wurde, haben eine melancholische Naturstimmung gemeinsam
und eine stumpfe, schwere Farbengebung, die den ungetrübten
Genuß seiner Bilder schmälert. Für die Mittagsgluth findet
Gtto Heinrich Engel (Berlin) besonders bemerkenswerthen
Ausdruck. Sehr sein ist der durch die Brachfelder fahrende
Bauernwagen von Messerschmitt in dem ungewissen Licht
der Dämmerung. — Faber du Faur bringt einen Napoleon;
ein kleines Bild, das durch seine Hängeweise leider viel
übersehen werden wird. Eine Anzahl parademäßig aus-
gestatteter Generale ist herangeritten zu einem kleinen
Reiter in: grauen Rock. Trotz der Kleinheit des Bildes
blitzt etwas im Auge der unansehnlichen Gestalt, das keinen
Zweifel darüber aufkommen lätzt, wer Herr ist. Die bei
Faber du Faur immer gute Zeichnung hat hier etwas
Menzelähnliches. Marrs Hesperiden sind sehr wohl-
ausgeglichene Frauenakte, bei denen ich das Gefühl nicht
los werde, sie seien nach Statuen und nicht nach Wesen,
denen Blut in den Adern pulst, gemalt, von Echtler eine
süße Maria; die Madonna Firles wirkt sympathischer, leider
spielt das Bild wieder stark ins violette. Kirchbachs
technisch recht hübsche „Grablegung" kann nicht so recht
erwärmen; in Lützows „Hochzeit zu Kanaan" sind die
großen Figuren auf dem verhältnißmäßig kleinen Raume
geschickt komxonirt; der satte Kolorismus in den Gewändern
der Hochzeiter spricht zu sehr, zumal neben den Wein-
gefäßen nur eine alltägliche Lhristusgestalt steht. Ein
großer Schinken im Genre einer Illustration vom Brunnen
eines Badeortes will uns das Mysterium von Lourdes ver-
sinnbildlichen. Garnelo y Alda hat Routine, das ist Alles;
solche Sachen finden freilich immer ihr Publikum. Friedrich
Stahl hat einen „Blumenkorso in Paris" gemalt; auch ein
Bischen ü N Familienblatt, aber ein Hauch mondainer
Lebenskunst ist über die blumenbedeckte, elegante Wagen-
burg ausgebreitet, der wieder versöhnt. Franz Simms
nut viel zeichnerischem Können und peinlichster Sorgfalt
ausgeführte Empirebildchen finden stets Abnehmer, daß
sich zu diesen nun auch die Pinakothek gesellen mußte, ist
Ansichtssache.Defreggers „Eifersüchtigem", einer
unter den Arbeiten der letzten Jahre hervorstechenden Arbeit
des Künstlers, sind wir schon im Kunstverein begegnet.
Harburger bringt altbayerische Bauern mit köstlicher
Charakteristik in gewohnter künstlerischer Feinheit. Anton
von Werner ist mit dem schon von Berlin her bekannten
„Kaiser Wilhelm der Große auf dem Sterbelager" ver-
treten. Die meisten Einwände gelten dein Beiwort „der
Große", über welches man sich hier bei Gelegenheit noch
aufzuregen vermag. Dann mögen noch ein paar Porträt-
maler genannt werden, der tadellose LÄszlä malte den
Großherzog von Weimar, den Prinzen Alexander von
Hohenlohe und Frau von Stumm; glatt, elegant, liebens-
würdig, nur nicht sehr tief in der Charakteristik. Indi-
vidueller ist Walter Thor, von dein besonders das Porträt
Hugo Bürgels bemerkenswerth ist. Heinrich Knirrs fein-
farbiges Bild der Gräfin N. setzt an Stelle der Charakteristik
einen uervösen Lhik und Esprit; im Ganzen wirkt das
Die Aunft-Halle
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Mädchen wird durch ein himmlisches Münder ge-
rettet; das Feuer erlischt und aus dem Holz wachsen
Rosen. Shannon bietet nut dem Porträt eines an:
Klavier spielenden Jünglings nicht sein bestes,
namentlich die Hände sind ziemlich oberflächlich be-
handelt.
Statten wir zuletzt der Bildhauerei einen
flüchtigen Besuch ab. Diese ist übrigens so spärlich
vertreten, daß sür sie nur kurze Bemerkungen genügen.
Ss haben nicht einmal alle ersten Skulptoren Italiens,
geschweige die sremdländischen, die Ausstellung be-
schickt. vor allem ist der Italiener Danonica zu er-
wähuen, nut seinen: „Frühlingstraum", einer weib-
lichen Rlarmorbüste mit Händen; der Marmor wird
nüttels transparenter Uebergänge der Flächen behandelt,
so daß man nicht des harten Steines gedenkt. Der
Gekreuzigte Christus dagegen, von demselben Bild-
hauer, wirkt derb und ziemlich banal. Gin anderer
Künstler, der seine erste Sporen auf der Ausstellung
zu erlangen sucht, heißt Romagnoli und sein Merk:
eine Mutter nut ihren: nackten Kindchen. Sie drückt
es an die Brust und ihre Finger pressen sich leicht
ins Fleisch; das Ganze versinnlicht Zärtlichkeit und
Hingebung. Der gefeierte Bistolfi hat diesmal einen
verunglückten Christus ausgestellt. Ierace, der
robuste Modelleur, stellt einige schöne Büsten aus,
ebenso Cifariello; Trentacoste hingegen bringt „eine
Tochter Niobes" mit fein modellirten Armen.
von Freunden zeichnet sich Braecke aus, der nur
auf den ersten Anblick an Meunier erinnert: eine
dürre überlebensgroße alte Holzträgerin schreitet
müde mit der Last auf den: Rücken dahin, van der
Steppen reiht sich würdig neben Meunier, welche
beide ihre sonst in Haris ausgestellten Merke uns
vorführen. Deutschlands Bildhauer find auf dieser
Ausstellung nicht vertreten, während die Schotten nut
manch hübschen: dekorativen Stücke auffallen...
In: Großen und Ganzen steht die heurige Aus-
stellung nicht auf der Höhe der früheren. Ihre
Signatur wäre mit den Morten zu geben: manches
Gute, viel kräftig Gewolltes und schwächlich Ausge-
führtes; überwiegend Mittelmäßiges. Doch mehr
oder weniger ist das wohl allenthalben das Rebel,
welches heute den modernen Ausstellungen anhaftet,
besonders aber der „III. Internationalen" in Venedig.
dr
Miincken:
Vie Huzstellung im Mazpalast.
von Leopold Gustav.
III.
/ H nter den Landschaften ist viel Gutes; freilich tritt
uns auch kein neuer Käme entgegen. Bürgels
„letzte Sonne" am Isarufer, an dein die weidenbäume
schon in der Vordännnerung träumen, ist vielleicht etwas
zu monoton und verwischt gehalten, dagegen bringt er in
seinem „Abend an der Maisach" die herbstliche Natur und
die Wasserdünste auf eine weise zum Ausdruck, die sich
über das anständige Mittelmaß weit hinaushebt. Auch die
Isarufer wählt Strützel gerne zu seinen Motiven; die sich
zur Zeit der „Abendruhe" an dem Himmel unserer bayerischen
Hochebene öfters und intensiver wie anderswo, einstellende
lebhafte Vielfarbigkeit hat hier zu etwas zu viel Farbe
verleitet. Auch willroider verdient wieder Erwähnung,
ebenso Fritz Baer für feine wieder sehr flott gemalten
Sachen. Der Worpsweder am Ende weiß den herben Reiz
des beginnenden Frühlings glücklich zu schildern, Bans
Busses November ist etwas eintönig gelb, doch bringt er
sonst mancherlei Gutes. Dann sind wenglein, Fink,
Peter Paul Müller in ihrer bekannten Art vertreten, ohne
daß sie zu neuen Bemerkungen Anlaß böten. Franz Hochs
Landschaften, von denen eine für die Pinakothek angekauft
wurde, haben eine melancholische Naturstimmung gemeinsam
und eine stumpfe, schwere Farbengebung, die den ungetrübten
Genuß seiner Bilder schmälert. Für die Mittagsgluth findet
Gtto Heinrich Engel (Berlin) besonders bemerkenswerthen
Ausdruck. Sehr sein ist der durch die Brachfelder fahrende
Bauernwagen von Messerschmitt in dem ungewissen Licht
der Dämmerung. — Faber du Faur bringt einen Napoleon;
ein kleines Bild, das durch seine Hängeweise leider viel
übersehen werden wird. Eine Anzahl parademäßig aus-
gestatteter Generale ist herangeritten zu einem kleinen
Reiter in: grauen Rock. Trotz der Kleinheit des Bildes
blitzt etwas im Auge der unansehnlichen Gestalt, das keinen
Zweifel darüber aufkommen lätzt, wer Herr ist. Die bei
Faber du Faur immer gute Zeichnung hat hier etwas
Menzelähnliches. Marrs Hesperiden sind sehr wohl-
ausgeglichene Frauenakte, bei denen ich das Gefühl nicht
los werde, sie seien nach Statuen und nicht nach Wesen,
denen Blut in den Adern pulst, gemalt, von Echtler eine
süße Maria; die Madonna Firles wirkt sympathischer, leider
spielt das Bild wieder stark ins violette. Kirchbachs
technisch recht hübsche „Grablegung" kann nicht so recht
erwärmen; in Lützows „Hochzeit zu Kanaan" sind die
großen Figuren auf dem verhältnißmäßig kleinen Raume
geschickt komxonirt; der satte Kolorismus in den Gewändern
der Hochzeiter spricht zu sehr, zumal neben den Wein-
gefäßen nur eine alltägliche Lhristusgestalt steht. Ein
großer Schinken im Genre einer Illustration vom Brunnen
eines Badeortes will uns das Mysterium von Lourdes ver-
sinnbildlichen. Garnelo y Alda hat Routine, das ist Alles;
solche Sachen finden freilich immer ihr Publikum. Friedrich
Stahl hat einen „Blumenkorso in Paris" gemalt; auch ein
Bischen ü N Familienblatt, aber ein Hauch mondainer
Lebenskunst ist über die blumenbedeckte, elegante Wagen-
burg ausgebreitet, der wieder versöhnt. Franz Simms
nut viel zeichnerischem Können und peinlichster Sorgfalt
ausgeführte Empirebildchen finden stets Abnehmer, daß
sich zu diesen nun auch die Pinakothek gesellen mußte, ist
Ansichtssache.Defreggers „Eifersüchtigem", einer
unter den Arbeiten der letzten Jahre hervorstechenden Arbeit
des Künstlers, sind wir schon im Kunstverein begegnet.
Harburger bringt altbayerische Bauern mit köstlicher
Charakteristik in gewohnter künstlerischer Feinheit. Anton
von Werner ist mit dem schon von Berlin her bekannten
„Kaiser Wilhelm der Große auf dem Sterbelager" ver-
treten. Die meisten Einwände gelten dein Beiwort „der
Große", über welches man sich hier bei Gelegenheit noch
aufzuregen vermag. Dann mögen noch ein paar Porträt-
maler genannt werden, der tadellose LÄszlä malte den
Großherzog von Weimar, den Prinzen Alexander von
Hohenlohe und Frau von Stumm; glatt, elegant, liebens-
würdig, nur nicht sehr tief in der Charakteristik. Indi-
vidueller ist Walter Thor, von dein besonders das Porträt
Hugo Bürgels bemerkenswerth ist. Heinrich Knirrs fein-
farbiges Bild der Gräfin N. setzt an Stelle der Charakteristik
einen uervösen Lhik und Esprit; im Ganzen wirkt das