Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst-Halle — 4.1898/​1899

DOI Heft:
Nummer 12
DOI Artikel:
Norden, J.: Berliner Kunstschau
DOI Artikel:
Kunstchronik
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.63302#0216

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
186

Die Aun st-Halle

Nr. s2

Die Ausstellung der Gebrüder Lassirer ist zur Zeit
zweien französischen Führern der Modernen und einem
italienischen Künstler gewidmet, der allerdings auch von
den Franzosen, vor Allem von Millet, beeinflußt worden
ist aber dabei eine scharf ausgeprägte Eigenart, Technik
und Ausdrucksweise zeigt: Giovanni Segantini. Seine
ungeschminkten Schilderungen aus dem bäuerlichen Leben
im Hochgebirge sind genügend bekannt. Einige ältere Ar-
beiten, die 15 und mehr Jahre zurückliegen, tragen auch
technisch eine andere Physiognomie, da Segantini damals
noch nicht der mosaikartigen Malmanier huldigte. Lin
„Mädchen am Brunnen" erinnert in der Glätte der Be-
handlung fast an die neapolitanische Schule. Eine Anzahl
seiner Zeichnungen war u. A. vor ca. p/s Jahren bei Schulte
zu sehen. Pier sind abermals 1-1, zum Theil große Blätter
ausgestellt. Außer den Bauer- und pirtenlebenrnotiven
finden wir auch allegorisch-symbolistische, wie die „Phantasie",
offenbar die erste Skizze zu den „Lisjungsrauen", die 1888
in München so großes Aussehen machten, oder wie die seine
Röthelzeichnung: „Die Liebe an der Guelle des Lebens",
von den Motiven der anderen Gruppe wären namentlich
die „Schasscheer", die „peuernte", der „Sämann", „Kuh-
weide" hervorzuheben. Segantini zeichnet vortrefflich, und
von der pärte, die ost seine Gelmalerei aufweist, ist hier
nichts zu spüren. — Von den beiden französischen Führern
ist der eine, Ed. Manet, schon seit 16 Jahren todt. Ich
hatte neulich erst Gelegenheit daraus hinzuweisen, wie von
ihm zu velasquez eine direkte Linie zurücksührt. Mas wir
von Manet jetzt sehen, ist freilich recht dürftig, giebt
keiner: guten Begriff von ihm. Aus späterer Zeit stammt
die „Dame im Garten", schon ganz in jener impressionistischen
Manier der Formen auslösenden absoluten perrschast des
Farbengeflimmers, wie sie nachmals von Llaude Monet
zum alleinseligmachender: Dogma erhöbe:: wurde — ein
Dogma, das aber nur das eines Durchgangsstadiurns war.
Die Sammlung Monet'scher Bilder — es sind nahezu 20
— ist besser, weil charakteristischer ausgefallen. Sie um-
faßt zudem einen Zeitraum vor: fast 25 Jahre::. Besonders
bezeichnend für seine Art erscheinen hier eine „Dorsstraße
im Schnee", „Seine bei vetheuil", „Frau Monet aus der
Terraffe", „Sonne im Rebel", „Thanwetter ir: den Wein-
bergen", Bilder, die zumeist vor 15 Jahren und noch früher
entstanden sind. Das Gute ir: dem System Monets hat
sich die neueste Malerei mit Nutzer: angeeignet. Das ist
das Lehrreichste ar: der Ausstellung. I. N.

Ikunstcbronik.


* Berlnr. Die Ausschmückungskornmission des
Reichstages hat, unter Theilnahme des Geh. Bauraths
Wallot, der: Entwurf der Stimmzettelurne von A. pilde-
brand-München einstimmig abgelehnt. Bezüglich des Stuck-
schen Deckengemäldes in der Vorhalle der Präsidialzimmer
wurde ebenfalls einstimmig beschlossen, es dem Pros. Stuck
behufs Umänderung zurückzustellen. — Von anderer Seite
wird mitgeteilt: Pros. F. Stuck habe sich bereit erklärt,
seine ornamental behandelte Malerei, die „die Jagd nach
dem Glücke" darstelle, in geringfügiger weise zu ändern,
lehne dagegen eine vollständige Umarbeitung mit Recht
ab. Der größte Theil des ponorars ist übrigens schon an
den Künstler gezahlt worden, so daß die perren, die in so
schonungsloser weise irr jener Reichstagssitzung über das
Werk eines der bedeutendsten deutschen Maler der Gegen-
wart urtheilten, schließlich nur von dem guten willen
Stuck's die Erfüllung ihrer immerhin sehr anfechtbaren
wünsche erwarten können, wenn man wirklich so ent-
rüstet ist über den bei den deutschen Künstlern zur Zeit
vorhandenen Mangel an Fähigkeit für dekorative und
monumentale Malerei, so sollte man in der That die
Ausschmückung des pauses nicht so überstürzen, sonder::,
wie der Staatssekretär empfahl, warten, bis für die be-

absichtigten Ausgaben die geeigneten Kräfte zu haben sein
werden . . . Ebenso hart wie man mit Männern wie
Wallot und Stuck in jener denkwürdigen Reichstagssitzung
umsprang, so fügsam benahm man sich kurz zuvor, als
für die Perausgabe eines Werkes über die Sixtinische
Kapelle in Rom als e r st e R a t e 25 000 Mark be-
willigt wurden, wie es heißt, soll die F. Bruckrnann'sche
Kunstanstalt, A.-G. ir: München, die Ausnahmen für diese
Publikation machen.
* Berlin. Für die Kgl. Nationalgallerie hat
Pros. F. Schaper die Marmorbüste des Generals von Göben
gearbeitet. — Line Ausstellung von vollendeter: und nach-
gelassenen Werken des kürzlich verstorbener: Pros. Karl
Gehrts in Düsseldorf, die wir an anderer Stelle aus-
führlich besprechen, wird demnächst auch ir: der National-
gallerie eröffnet werden. — Im Kunstgewerbe-
Museum sind die Ergebnisse vor: Reiser: ausgestellt, die
IR. Friedrich Sarre 1895 bis I898 ir: Kleinasien und Persien
unternommen hat. Ir: erster Reihe sind die Bauten der
mohammedanischen Periode in ihrer Blüthezeit, XIV. bis
XVI. Jahrhundert, berücksichtigt, wir sehen mehrere
punderte von photographischen Ausnahmen. Außerdem
hat IR. Sarre's Reisegenosse, Regierungs-Baumeister Bruno
Schulz, genaue Ausmessungen und Durchzeichnunger: an-
gesertigt. Aus Grund dieser und mitgebrachter Material-
proben sind ganze Flächen der mit farbigen Fliesen in-
krustirter: Fassaden in wirklicher Größe dargestellt, vor:
der blauen Moschee ir: Läbris und der Grabmoschee des
Schah Safi in Ardebil bekommen wir so eine lebendige
Anschauung. Sehr bemerkenswerth ist die Sammlung
persischer Fliesei: mit Lüstreglanz; daran reihen sich Metall-
arbeiter:, Stoffe, Teppiche und altorientalische Gläser von
größter Seltenheit. Die Ausstellung enthält u. A. ferner
Ausnahmen verwandter Architekturen durch Pros. Jakobs-
thal: das Mausoleum des Machrnud Pascha in Kon-
stantinopel und die grüne Moschee ir: Brussa.
* Berlin. Die Atelierbesuche des Kaisers
galten in jüngster Zeit Pros. R. Begas, der für die
Siegesallee die Statuengruppen Markgraf Waldemars und
Kaiser Wilhelms I. fertigt, ferner Pros. F. Schaper, der
für dieselbe Ausschmückung die Gruppe des Großer: Kur-
fürsten mit Gtto Schwerin und Derfflinger aussührt, Pros.
Ad. Brütt, der König Friedrich Wilhelm II. statuarisch
bildet und endlich dem Thierbildhauer Richard Rusche,
der eine Anzahl fertiger Arbeiten zeigen konnte. Unter
dieser: sand ein überlebensgroßer schreiender Pirsch ir:
erregter, prächtig beobachteter Kampfstellung am meister:
Beifall. Der Monarch will dieses eminente Stück für sich
in Bronze gießen lassen. Außerdem enthielt die Sammlung
des Künstlers noch andere interessante Pirschdarstellungen
und mehrere humoristische Thiergruppen. R. Begas arbeitet
für den Kaiser z. Zt. auch noch eine Gruppe „Adam und
Eva" als Pendant zu einer verkleinerten Reproduktion
seiner bekannter: älteren Gruppe „Raub der Sabinerinnen".
* Berlin. Große Berliner Kunstausstellung I899.
Die Vorbereitungen sind im vollen Gange. Auch vom
Ausland lausen Anfragen betreffs Gruppen- und Sonder-
Ausstellungen ein. Da der Lharakter in diesem Jahre
jedoch wie im Vorjahre ein spezifisch nationaler sein soll,
so müssen ziemlich enge Grenzen gezogen werden und
konnten zu Gruppenausstellungen nur die Düsseldorfer
Künstlerschaft, ferner die Münchner Künstler-Genossenschaft
und die Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens, ferner
der verband Deutscher Illustratoren zugelassen werden. —
Die „wiener" speziell werden einen besonderen Ehrgeiz
darar: setzen, ihre heimische Kunst auf das pervorragendste
bei uns zu vertreten. — Die Ausstellungskommissior: sieht
sich in die Lage versetzt, sechs Säle, welche im voriger:
Jahre geschlossen waren, zu öffnen. Ferner soll künftig
eine Neuerung durch Einführung der sog. „Billigen Sonn-
tage" getroffen werden, und zwar soll jeweils am erster:
und letzter: Sonntag im Monat der Eintrittspreis nur
25 Pf. betragen.
* Berlin. In der Deutschen Plakatausstellung,
Leipzigerstr. 97, sind augenblicklich ca. 200 neue Plakat-
entwürfe verschiedenster Art zu sehen. Unter den Aus-
stellern fällt zunächst v. Koberstein, Berlin, durch eine ganze
 
Annotationen