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Die Kunst-Halle — 4.1898/​1899

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Nummer 12
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Schmidkunz, Hans: Aus dem nationalen Kunstgewerbe, [2] (Schluss)
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Hood, Fred: Das Le Gourg-Verfahren
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https://doi.org/10.11588/diglit.63302#0211

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Nr. s2

Die K u n st - H a l l e

s8s

das p Heft: „Dekorations-Malerei und zeichnerische
Verzierungen". Gleich die erste Tasel: „Bücher-
Illustration und Aehnliches" bringt reizende Zier-
leisten, Schlußvignetten u. dgl., natürlich wieder mit
reichlicher Flora. Als ganz besonders hervorragend
möchten wir ein „Kx Iüdri8" erwähnen, ein im
Buche lesendes Frauenbildniß, umrankt von üppigen,
aber glücklicherweise gut übersichtlichen und einheitlich
wirkenden Linienzügen. Lehrreich ist auch wieder der
Eingang der Erläuterungen „Der Malerei sällt in
der neuen deutschen Stilrichtung ein unabsehbares
Gebiet zu. Man will überall Farbe sehen, selbst an
Stein- und Stuckverzierungen, an Holzmöbeln u. s. w
Man liebt kräftige Farben und wirksame Kontraste
und trennt sie nötigenfalls durch Doppelkonturen, wie
es jetzt häufig zu sehen ist. Insofern es sich um
stilisierte Ornamente handelt, sind unwahre, unnatür-
liche Farben erlaubt; wir können das auch bei allen
früheren Stilarten beobachten. Ls wäre jedoch eine
Verirrung, ohne jede Ursache absichtlich nur in
falschen Farben malen zu wollen, was leider von
Leuten häufig geschieht, die recht modern erscheinen
wollen. Man sei aber auch nicht zu ängstlich, sonst
können sich Phantasie und Eigenart nicht entfalten." —
Ein völliges. Verständniß und kritisches Be-
werthen dieser ganzen Leistung scheint uns nicht ohne
Zuziehung der „Kunst-Stil-Unterscheidung" unseres
Autors möglich zu sein, eines Büchleins, das für
mannigfache Bedürfnisse nach kunstgeschichtlicher Orien-
tirung bestens empfohlen werden kann und sich
bereits in drei Auflagen bewährt hat (München, H.
Lukaschik). Dort finden sich historische Andeutungen
über Formen, die dann der Künstler selber benützt
hat (z. B. altnordische Ziermotive), und über die
die neuesten Stilrichtungen, an die er — positiv wie
negativ — in seinem Schaffen anknüpst.
Die „Entwürfe" enthalten, wenngleich vorwiegend
künstlerisch Reichhaltiges, doch so verschiedenes und
eine so mannigfache Auswahl zwischen Einfacherem
und Reicherem, daß man kaum in Verlegenheit
kommen wird, wenn man mit dem lauten Gerede
von deutscher Kunst Ernst machen und sie in's eigene
Heim einsühren will. Mögen sie da fortzeugend
wirken; daß sie gerade in diesem Sinn fruchtbar
sind, liegt vor allem in ihrer gleichwohl traditions-
festen Selbstständigkeit, die zwar wegen ihres reinen
Gewissens sich einige gelegentliche „Anklänge" an
Aeltestes wie an Neuestes ruhig leisten kann, aber
gegenüber dem allerunsruchtbarsten -ismus, dem Ek-
lektizismus, der uns soviel Böses angethan hat, eine
wirkliche Erlösung bietet.
?. 8. Nachträglich wird uns von Herrn Hans
Sebastian Schmid noch folgende Andeutung über seine
Stellung zum nationalen Moment im Kunstgewerbe
zur Verfügung gestellt:
„Beobachtet man die Gewohnheiten der ver-
schiedenen Nationen, so ist man sich sofort klar, daß

sich nicht Lines für Alle schickt. Z. B.: Der Franzose
setzt sich zeremoniell in's Fauteuil, der Engländer
streckt sich behaglich — der Deutsche wirst sich in
den Lehnstuhl. Somit muß die Bauart der Möbel
eine sehr verschiedene sein, besonders ist die schwäch-
liche Bauart der englischen und französischen Möbel
für uns nicht passend. In den Mußestunden sucht
der Engländer Bewegung für den steifen Körper,
aber Ruhe für Geist und Auge. — Der Franzose
erquickt sich an sinnlicher Kunstschöpsung. — Der
Deutsche, mit seinem angeborenen Interesse für alles,
will ein ganzes Panorama um sich haben; das
Schauen und Betrachten ist sein Vergnügen. Folglich
genügen an englischen Kunstgewerbeerzeugnissen ein
paar ruhige Linien, ein Blümchen hier und dort
vollkommen. Hingegen putzt sich das französische
Kunsthandwerk mit reizvollen Frauenköpfen, mit Dar-
stellungen des „Nackten" —paradiesisch und wonnig!
— Der Deutsche will die Formensprache aller Völker
und Erdtheile in sich ausnehmen und den ganzen
Formenreichthum wiedergeben, bei der geringsten Ge-
legenheit. In dieser Auslandsliebelei vergißt er nicht
selten „deutsche Eigenart" hochzuhalten. Mehr und
mehr schwindet sie aus unserem Bewußtsein. Unsere
Erziehung soll uns daraus verweisen und deutsche
Eigenart schätzen lernen. Sie war es, die uns seit
Jahrhunderten berühmt und stark gemacht."

Das Le lKourzrsVerfahren.
von Fred Hood.
ie Kunst, Bronzestatuen in einem Stück zu gießen,
reicht bis in das siebente Jahrhundert unserer Zeit-
rechnung zurück, und obwohl diese Technik stets mit der
Zivilisation gleichen Schritt hielt und allen Phasen ihrer
Entwicklung folgte, stimmen unsere heutigen Methoden zur
Herstellung des Bronzegusses im wesentlichen mit denjenigen
unserer Vorfahren überein.
Man unterscheidet bekanntlich je nach Wahl des Form-
materials drei Methoden, nämlich das Formen in Thon,
in Sand und in Wachs. Thonsormen finden vorzüglich
zum Herstellen großer Glocken, Sandformen zur Herstellung
der mannigfachsten Gebrauchs- und Kunstgegenstände und
Wachssormen zur künstlerischen Ausführung von Statuen
Anwendung.
Ls ist wohl leicht erklärlich, warum man figürliche
Objekte nicht gern in Sand formt; alle hervortretenden
Theile bilden in der wenig widerstandsfähigen Formmasse so
viele unfeste Gliederungen und Überschneidungen, daß die
Entfernung des Gegenstandes aus der Form sehr erschwert
wird. Man ist so gezwungen, das abzuformende Objekt
vielfach zu theilen, die Stücke einzeln zu formen und sorg-
fältig zusammenzufetzen. Das ist in der That ein schwieriges
Werk und bleibt trotz der Kunstfertigkeit geübter Former,
Monteure und Ziseleure doch nur ein Stückwerk. Dazu
kommt, daß die Technik des Ziseleurs schon an nnd für
sich dazu verleitet, auch diejenigen Partien mit Akkuratesse
herauszuarbeiten, welche der Künstler in seinen: Modell,
um dem Werke ein mehr skizzenhaftes Gepräge zu ver-
leihen, absichtlich unbestimmt gelassen hat. Ma:: ist also
 
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