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Die Kunst-Halle — 4.1898/​1899

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Nummer 11
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Schmidkunz, Hans: Aus dem nationalen Kunstgewerbe, [1]
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Y., X.: Neues von der Lithographie
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https://doi.org/10.11588/diglit.63302#0193

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Nr. R

Die Run st-Halle.

(65

langjährige und zum Theil sehr erfolgreiche
Thätigkeit genügend bekannt und als specifisch
nationale erkannt, sagen wir sogar: analysirt sein
wird; denn auch bei ihm liegen die nationalen
Momente nicht so ohne weiteres und nicht so ganz
unbestreitbar vor uns. Es ist Hans Sebastian
Schmid in München. Linen annähernd vollständigen
Ueberblick über seine Teistungen als Vertreter des
Runstgewerbes, als Bildhauer und Maler sowie als
Runstschriftsteller giebt Schreiber dieses anderswo.
Hier nur folgende Andeutungen.
Das uns hauptsächlich interesfirende und jüngste,
wohl auch reifste Werk Schmid's sind seine
„Entwürfe für modernes Ru nsthandwerk"
(Lithographie von Hubert Röhler, Verlag von
Hermann Lukaschik, München (898). In 6 Heften
werden uns dargeboten: Schreinerarbeiten, Holz-
schnitzerei, Drechslerei, Metall- und Holzverzierungen,
dekorative Bildhauerei, kirchliche Runft, Dekorations-
malerei, zeichnerische Verzierungen, Edelmetall- und
Bronze-Arbeiten nebstRirchen-Geräthen, endlich Eisen-,
Rupfer- und Zinn-Arbeiten. Die meisten Vorlagen
sind farblos, einige in jedem Heft sind farbig, oder
in Farben wiederholt. Schon dem flüchtigsten Blick
fällt ganz besonders eine reiche Fülle von pflanzen-
beftandtheilen und von Pflanzenmotiven auf; sie sind
keineswegs „angeklebt" (um dieses für bisherige
Dekoration so kennzeichnende Wort zu gebrauchen),
sondern in inniger Weise struktiv verwendet. Nehmen
wir z. B. das uns im Augenblick vorliegende Heft
5 (Edelmetall- und Bronze-Arbeiten, Rirchen-Geräthe)!
Da finden wir verschiedentliche Schmuckstücke auf-
gebaut aus Pflanzenformen von Rlee, Geranium,
Freesia, Apfelzweig, Wasserlinse, Distel, Iris, Tulpen;
also vor allem einheimische Pflanzen — „fast
sämmtlich nach eigenen Pflanzenstudien gebildet".
Hier haben wir eine sonst so seltene Vereinigung
von Selbstständigkeit, von Naturnachbildung und von
Tradition, d. i. diesmal der kunstgeschichtlichen Er-
fahrung von dem stilbildenden Werth des Benützens
einheimischer Pflanzenmotive.
Die struktive Verwendung der Pflanzenformen ist
beispielsweise so gemacht, daß Stile von Blumen
oder Blättern die Träger, Griffe, Henkel u. s. w.
bilden und die Blumen oder Blätter selbst theils den
Rern des Gebrauchsgegenstandes umschließen, wie
es z. B. (Tafel 2f Fig. ^7) Sonnnenblumen mit
einem Lampenkörper thun, theils die Flächen von
Tassen u. dgl. darstellen. Nun erinnere man sich
eines bezeichnenden Gegensatzes, wir kennen
einerseits solche Richtungen in Architektur und Runst-
gewerbe, bei denen das Struktive vorwaltet und
das Phantasiemoment zurücktritt; andrerseits solche,
bei denen hinwider dieses vorwaltet und jenes
vernachlässigt wird. Dort z. B. der Rlassizismus
(Empire) und die mehr „praktischen" Züge im
gegenwärtigen Runsthandwerk, zumal englischer

Richtung; hier z. B. das Rokoko und die ganze
Sündfluth der heutigen Bauten mit den Zuckerbäcker -
fayaden, mit den hundertgiebligen Dächern, mit
den gehäuften „Ausstattungen" im Innern, dann der
„Phantasieartikel" im Runstgewerbe, endlich der
Geräthe mit dem fast undurchdringlichen Liniengewirr
u. s. w. Allein gerade die intime Vereinigung des
Linen und des Andern, die freie Bewegung der
Phantasie schon im Aufbau des Ganzen, das
Herausentwickeln der Dekoration aus der Ronstruktion,
jene Ligenthümlichkeit der höchsten uns bekannten
Gipfel bisheriger Runstgeschichte, zumal der beste,!
griechischen und der besten gothischen Runst: sie
finden wir seit langem so leicht nicht wieder, und in
ihrem Sinn vornehmlich können wir die Arbeiten
Hans Sebastian Schmid's begrüßen, auch wenn das
Schöpfen aus dem vollen, das einer originalen
Schaffenskraft zur Verfügung steht, auch hier
manchmal etwas weit geführt, etwas zu viel
Phantasiereichtum entfaltet hat und sich von dem
Einfach-Praktischen sowie von den — in England
eben mehr als in Deutschland befriedigten —
Bedürfnissen breiter Volksschichten etwas weit
entfernt hält. (Schluß folgt.)

(Neues von der Lithographie.

I. Litbograpbirte Tapeten.

'/^^ie Wiesbadener Zeitungen berichteten, daß im
dortigen Architekten- und Ingenieur-
Verein am 7. Februar Herr Direktor a. D.
Fried r. Fischbach seine neuen zum Patent
angemeldeten Lithographie - Tapeten ausgestellt und
besprochen habe und daß dieselben allgemeinen Bei-
fall gefunden, wir ersuchten um nähere Notizen
und Proben und sind nunmehr in der Lage Folgendes
über ein wichtiges neues Dekorations-Material mit-
zutheilen:
Im letzten Jahrzehnt erreichte die Technik des
lithographischen Druckes eine solche Höhe, daß Bogen
von sxp/s sM Größe viel feiner und reicher be-
druckt werden, als es durch Leimdruck möglich ist.
Bleibt letzterer auch für die billige Massenwaare, so
dient doch der lithographische Druck zur Ergänzung
für feinere Dekorationen.
Man erwäge folgende Unterschiede: Der mit
Leim verbundene Farbenbrei liegt auf dem Papier
und bröckelt ab, wenn der Leim verwittert ist, oder
seine Bindekraft verloren hat. Die Farben liegen
nebeneinander und sind fast ganz undurchsichtig. Die
harte Begrenzung der Töne wirkt selten ästhetisch.
Die Zeichnungen werden auf Walzen übertragen,
die Tonturen mit Draht erhöht und die Flächen mit
Filz gefüllt. Im Gegensatz zeichnet der Lithograph
das Mrnament mitsammt der Schattirung direkt auf
den Stein und erzielt durch Umdruck die Wieder-
holungen in billigster und bequemster weise. Das
Papier saugt die Firnißfarben auf, und ist somit sogar
das Abwaschen gestattet. Da die Farben durch-
 
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