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Die Kunst-Halle — 4.1898/​1899

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Nummer 18
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Gustav, Leopold: München: Die Ausstellung im Glaspalast
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Gustav, Leopold: München: Internat. Ausstellung der "Sezession"
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https://doi.org/10.11588/diglit.63302#0321

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Nr. (8

Die Kunst-Halle

279

die sich vom grauen Hintergründe abhebt, hat zwar
manches Bizarre im Detail, ist aber sehr flott hin-
gestrichen und temperamentvoll. Auch Hüttners
Ballade ist mit einem gewissen Lian hingehauen;
technisch noch nicht ganz aus der Höhe, da er sonst
meist in Aquarell arbeitet oder bis jetzt gearbeitet hat.
Münzer bringt einen „Faustgedanken", der koloristisch
interessirt. — Im Lenbackffaal sehen wir manches
uns schon Bekannte, Anderes, das wir späterer Be-
sprechung vorbehalten; denn der Saal mehrt seine
Schätze noch täglich. Im Raulbach-Rabinet hängt
erst ein einziges Bild, über welches sich der proviso-
rische Katalog ausschweigt. Die Damengruppe stellt
die von Kaulbach schon im Vorjahre porträtirte Frau
Großherzogin von Hessen mit ihren drei sürstlichen
Schwestern dar. Das elegant ausgesührte Bild
hängt vor der Hand etwas verlassen in dem leeren
Raume ... Karlsruhe ist recht gut vertreten. Da ist
vor Allem Weishaupt zu nennen mit seinem ungemein
plastischen, schwer hinwandelnden Hornvieh; das ist
bei aller Wucht der Darstellung so eminent einwandssrei
in jedem Detail; Segisser mit seinem auch als Licht-
studie seinen „Der Tod macht alles gleich". Von
Manuel Wielandt gefällt uns das Motiv aus der vene-
tianischen Lagune viel besser, als die böcklinisirende
Insel der Kalypso; aus beiden bekundet er jedoch ein
sehr tüchtiges Können in der Wasserbehandlung.
Hermann Juncker hat sehr flott gemalte Pferde an
der Krippe gesandt. Seine Kunst hat, seit wir nichts
von ihm sahen, entschieden Fortschritte gemacht; sie ist
freier geworden. Propheter und Kaspar Ritter er-
weisen sich wiederum als tüchtige Porträtisten. Ritter
freilich ein wenig süßlich; dafür aber technisch sehr
fein und abgewogen; künstlerischer wohl Phropheter!
Ritter bringt auch einige sehr feine, über das Illu-
strative hinausgehende Bildchen: „Hofball" z. B. —
Dann wäre noch Göhler zu erwähnen, mit einen:
trefflichen Porträt eines alten Herren und etwas glatte::
Akten in lila Beleuchtung. Als Landschafter nennen
wir Nagel mit dem kräftig gemalten „Sommertag"
und Ferd. Keller mit seinem mondbeschienenen
Arkadien in glücklicher Märchenstimmung. Derselbe
Künstler bringt ein Pastellbild von Moltke. Mit
feinfühligem Stifte forschte Keller den vielen Linien
nach, die sich herb und wieder weich um den Mund
des Schlachtenlenkers zogen. Hier wollen wir für
heute Halt machen . . .
Das Vestibül des Glaspalastes schmückt diesmal
Ne Nike des Friedensdenkmals (von Düll, Pezold
und Heilmeier). In diesem Modell lassen sich die
Vorzüge der Figur würdigen. Bei dem fast vollen-
deten Monument dagegen verschwimmt die Figur
leider zu einer fast formlosen goldigen Masse.


IMncken:
Imernal. Aufteilung aet „Terefisn."
von Leopold Gustav.
I.
beschränkten Räume des Sezessionshauses sind auch
dieses Mal mit dekorativem Geschick gestaltet worden,
gleichsam mit der Kunst des Dramatikers, der seine „Schlager"
durch sämmtliche fünf Akte weise vertheilt und dafür sorgt,

daß nirgends das Interesse erlahmt. Zudem konnte
viel Unwillkommenes abgewiesen werden — was dem
Uebrigen zum vortheil wird. Unter diesem betitelt Franz
Stuck eine große Leinwand „Sisyxhos". In dem sich gegen
das Felsstück stemmenden Mann ist wieder die ganze Kraft
und Energie der Stuckschen Kunst zum Ausdruck gelangt.
Der dunkel gehaltene Unterweltshintergrund läßt die ge-
spannte Muskulatur des Aktes um so wirkungsvoller hervor-
treten. Sonst sehen wir noch von ihm eine interessante
„Furie" und ein malerisch treffliches Porträt: „Fritzi
Scheff!" Aber unser Singvogel von der Hosbühne ist das
nicht; das ist Alles zu schwer und ernst. Das Graziös-
Mozartische, Wienerisch-Kindliche, das die Lharme dieser
Künstlerin im Leben und aus der Bühne ausmacht, ist in
dieser chiken Dame von Temxarament nicht wiederzufinden.
— von Boecklin sehen wir aus Berlinerprivatbesitz den
„Krieg", wie er sengend und brennend auf eilenden
Rossen über Städte und Länder dahinsaust; ferner eine
Skizze zur „Meeresidylle", die saft als vollwerthiges Bild
gelten kann. Um bei hervorragenden Koloristen zu bleiben:
Herterich hat einen Ulrich von Hutten gemalt. Neben dem
Kreuze Lhristi steht Hutten in vollem Panzer; das Haupt
unbehelmt; mit einem Gesichtsausdruck, der Verschlagen-
heit und wilde Energie kund gibt. Das in seine:: male-
rischen Details höchst wirkungsvolle Bild hält sehr glücklich
jene Renaissance-Stimmung fest, das Uebermenschenthum,
das unsere Tage sich gerne sehnend erdichtet; auch Jank
malt einen Ritter („Eiserne wehr") in solch kräftigen
Tinten; er ist nur noch ungestümer; wie auch die schwer
rothen Ziegeldächer seines aus der Vogelschau gesehenen
„alten Nestes" erweisen. Keller-Reutlingen bringt uns
diesmal eine andere Seite des Dachauer Schloßberges in
der Beleuchtung eines Frühlingsabends höchst stimmungs-
voll ersaßt. Dill findet für die melancholischen Reize seines
Dachauer Moores stets neue Varianten. „verblühte
Disteln" und „Abend im Moorwald" (Tempera) sind schlichte
Bildchen, die von tiefer Natursreude reden; daneben
hängen die verwandten, aber doch „schottischeren" Land-
schaften von Adolf Hölzel. Rich. Kaiser bringt eine
Bachidylle, rein aus Stimmung hinaus gearbeitet und groß
gesehen. Rich, pietzsch nennt seine Landschaft „Blaue
Blumen". Die blauen Genzianen des Bergabhanges sind
mit einer saft ftilisirenden Sorgfalt und „Akkuratesse" ge-
malt und sprechen laut vom Wandel der Zeiten. Lieber-
mann bringt „Badende Jungen", die nicht sonderlich viel
besagen wollen, packend ist die „Fahrt ins Leben" vom
Grasen Kalckreuth. Die alte proletariersrau mit dem
müden Gesichtsausdruck, welche den Kinderwagen zieht, das
ist ohne Verwirrung durch allzuviel naturalistisches Detail
eine ergreifende Poesie der Armuth. Hierher gehört auch
der durch seine Wucht des Vortrags ungemein wirkende
Schnitter von Skarbina; auch die diskret gehaltene
Reisigsammlerin im Walde soll erwähnt werden. Schramm-
Zittau bringt uns wieder Hühner, „an der Sonne liegend"
und „nach dem Regen". Seine große Naturbeobachtung
vereint sich mit stets erfreulicherem Können. Slevogt
bringt außer-Aner flotten Studie eine „Danas". Aus einem
Bette liegt ein, die Fußsohlen uns zukehrender, nicht sehr
verführerisch gemalter Frauenakt. Daneben ein häßliches
altes Weib, das in seiner Schürze Goldstücke auffängt.
Gewisse Vorzüge liegen in der Koloristik und in dem
frischsröhlichen Drausgehen mit der Pinselsührung; dabei
gibt es dann freilich manches Bedenkliche! Nun aber zu
 
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