Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst-Halle — 4.1898/​1899

DOI Heft:
Nummer 18
DOI Artikel:
Gustav, Leopold: München: Internat. Ausstellung der "Sezession"
DOI Artikel:
J., F.: Neue Bücher und Kunstvorlagen, [2]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.63302#0322

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
280

Die Aun st-Halle

Nr. s8

Uhde. „Und ginger: in das paus und fanden das Kindlein
mit Maria seiner Mutter". In dem nur durch eine La-
terne schwach erhellten bethlehemitischen Stalle erblicken
wir die Gaben bringenden Könige aus »dem Morgenlande.
Maria blickt den Iremden erstaunt entgegen. Ihr Gesicht,
nicht bedeutend und nicht schön, spricht von Arbeit und
Sorgen, Entbehrungen und Schmerzen der Proletariersrau.
Warum Uhde nicht aus den Heiligenschein verzichtet? Die
schlichte Darstellung des Meisters verfehlt auch diesmal
ihre Wirkung nicht. Wie konventionell wirkt dagegen
Paul pöckers himmelnde Madonna trotz ihres koloristisch
tüchtigen landschaftlichen Hintergrundes. Pierl-Deroneo
bringt einen „Liebesgarten", Mädchenakte in mancherlei
Iarbenwirkung, mit viel Gefühl für den Rhythmus der
Bewegung; Albert Keller eine Zigarettenrauchende Dame,
sehr elegant und flott gemacht und eine farbenschöne
perodias. Die Porträtisten vertreten pabermann und
Samberger, beide in ihren oft erwähnten Vorzügen und
Nachtheilen; hiervon noch Einiges das nächste Mal. Dann
auch von dem gut, aber nummerisch klein vertretenen Aus-
lande, der Plastik und dem Kunstgewerbe; vom letzteren
ist erst ein bescheidener Theil sichtbar.


Neue Weber una Kunstverlagen.
II.
ie Iirma Julius pofsmann in Stuttgart giebt
außer ihren, seit zehn Jahren erscheinenden
„Dekorativen Vorbildern", auch eine Sammlung von
kunstgewerblichen Vorlagen heraus, die sich einfach „Der
moderne Stil" nennt und deren erster Jahrgang jetzt
geschlossen vorliegt. Schon an der verschiedenartigen Aus-
stattung dieser Publikationen merkt man, welche von beiden
sich in den Kreisen der deutschen Interessenten größerer
Beliebtheit ersreut. Während die „Dekorativen Vorbilder"
fast nur Griginalarbeiten, überwiegend malerische Deko-
rationen von zum Theil hervorragenden Vertretern ihres
Jaches enthalten und die farbigen Taseln von einer Auge
und Perz erquickenden Sorgfalt und Schönheit der Aus-
führung sind, will der „Moderne Stil" anscheinend nichts
weiter bieten als eine bunt aneinander gereihte, freilich
sehr reichhaltige Iolge von Arbeiten des Kunsthandwerks,
die fast nur aus fremden illustrirten Zeitschriften entlehnt
und als gewöhnliche autotyxische Reproduktionen einfarbig
gedruckt sind. Ganz ohne Irage hat es der Perausgeber
auch in diesem Werke trefflich verstanden, aus der über-
wältigenden Iülle von Erzeugnissen einer gradezu hyper-
produktiven Epoche das relativ Beste auszuwählen und
zwar in einer Abwechslung, daß für jeden Zweig der
modernen angewandten Künste schon in dem vorliegenden
Band t eine genügende Auswahl sehr charakteristischer
Proben dargeboten ist. Sicherlich wird es die künftige
ästhetische und kritische Betrachtung bequem haben, aus
diesen: Iormenschatz den Werth, die Potenz der heutigen
Zeit für das Kunstgewerbe sestzustellen. Und dieses dank-
bar anzuerkennende Verdienst erscheint schon erheblich, selbst
wenn man andererseits sein Bedenken darüber nicht ver-
hehlt, daß solche pochfluth von fremden, als Musterschatz

empfohlenen Arbeiten leicht das heimische Iormengefühl
bis auf den innersten Kern ersticken und hinweg schwemmen
kann. Sollten wir darin irren, um so besser. Es kann
auch nicht geleugnet werden, daß unter den modern
stilisirten Ilächenmustern zumeist englischen Ursprungs, den
keramischen Werken, den Schmuckgegenständen aller Art
u. dgl. sich viel Anregendes, selbst Musterwürdiges befindet.
Dagegen wird sich deutsches Empfinden niemals dauernd
z. B. mit der Mehrzahl der uns hier und anderwärts
empfehlenden Beispiele moderner Möbelausstattung be-
freunden können. Da wird man doch wohl kritisch prüfen
müssen und viel in der Form phantasiearmes, Geschmack-
los-Steises für den Gebrauch auch durchaus Unzweckmäßiges
ausscheiden müssen. Diese dürren, kraft- und saftlosen, im
Grunde genommen ganz langweiligen Tische, Stühle,
Schränke grün, blau oder roth gebeizt, zwar raffinirt sauber
aus unxrofilirten Stäben und Brettern zusammengefügt,
sind für unsere Salons nur durch das Brimborium der
seltsamen Anhäufung von künstlerischen Objekten an den
Wänden, auf Etageren u. s. w. überhaupt ästhetisch ge-
nießbar; früher hätte man diesen „modernen" Möbelstil
in der That nur für Gartenpavillons und Loggien möglich
gehalten. Aber die Mode leistet sich heute eben sonderbare
Bocksprünge, wovon auch die vorliegende Publikation ge-
nügend belehrende Proben zu geben weiß.
vor mehr als Jahresfrist hat der G. pirth'sche Kunst-
verlag in München ein neues und weitschichtiges artistisches
Unternehmen begonnen, das unter dem Generaltitel: „Der
Stil in den bildenden Künsten und Gewerben aller Zeiten"
eigentlich nichts Anderes und Geringeres beabsichtigte, als
den gesammten Denkmälerschatz der Jahrtausende, hier
nach Kunstgattungen geordnet, in den üblichen autotyxischen
Reproduktionen vorzusühren. Das Unternehmen tritt also,
wenn auch Titel und Lintheilungen des Stoffes eigen-
thümlich-erscheinen, in Wirklichkeit in Konkurrenz mit schon
bestehenden Unternehmungen, die auch äußerlich, in Ouart-
Iormat und Reproduktionsart der Blätter, dem „Stil"
gleichen. Dadurch erhält das interessirte Publikum, das
sich derartiges zu kaufen pflegt, viele Blätter doppelt und
dreifach. Es gilt dies besonders für den fertig vorliegenden
Bd. t des „Stils" mit dem Untertitel: „Der schöne
Mensch im Alterthum", bearbeitet von Dr. peinrich
Bulle. Sind in den uns vorliegenden Z8 Lieferungen (je
t2 Tafeln und Textbeilage — Mk. p auch solche in
populären Werken bereits erschienene Blätter reichlich vor-
handen, was gewiß nicht auffällig ist, weil ja die
hellenische Kunst im Wesentlichen der Verherrlichung des
schönen Menschen gedient hat und also hier garnichts
Anderes als einfach die besten Schöpfungen der hellenischen
Plastik, denen auch einige aus andern Kunstfächern angereiht
werden konnten, zu bieten waren — so darf doch an sich
das in so verschwenderischer Iülle uns vorgeführte Material
als ausgezeichnet bezüglich der stofflichen Auswahl, der
«Dualität der Reproduktionen und der Veranschaulichung
besonders wichtiger Gestalten durch scharfe Details und
Textillustrationen beurtheilt werden. Namentlich verdienen
die verständnißvolle Berücksichtigung der archaischen Werke
der Griechen, auch die knappen textlichen Erläuterungen
Anerkennung. Von den andern Völkern des Alterthums
sind sonderbarer weise »zwar die Aegyxter, aber nicht die
Assyrier u. s. w. und von den Römern ist nur der
 
Annotationen