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Die Kunst-Halle — 4.1898/​1899

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Nummer 12
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P., R.: Düsseldorfer Kunstbrief
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Norden, J.: Berliner Kunstschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.63302#0215

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Die Aun st-Halle

s85

Nr. sl

Line Reihe von Gemälden des berühmten Berliner
Modemalers Ludwig v. Hofmann, die bei Schulte aus-
gestellt sind, hat hier die in Berlin stellenweise übliche
Begeisterung nicht gesunden, sondern nur eine gewisse
Heiterkeit erregt. Für derartige Genialität besitzt in
Düsseldorf weder das Publikum noch die Künstlerschaft die
nöthige „Reise". Hoffentlich erlangt sie dieselbe so bald
auch nicht. U. U-

Gei-Iiyei» Utiysksclisu.

Neu ist im Künstlerhause der „Ausstellung Verband-
Berlin": t? Maler und 3 Bildhauer, Künstler, die zumeist
eine Mittelstellung einnehmen zwischen akademischen
Routiniers und modernen Experimentlern und die in vielen
Fällen nicht nur den Geschmack der Menge treffen, sondern
auch den feinsinnigen Kunstfreund fesseln. Interessant war
mir dabei die abermalige Bestätigung, daß die Naturstudie
stets der objektiven Wahrheit viel näher kommt, als das
fertige „Atelierbild" desselben Malers und daß sie gleich-
zeitig viel mehr von der künstlerischen Persönlichkeit des
Schöpfers giebt. Man sehe sich nur darauf hin die Studien
und Skizzen solcher Landschafter an wie Julius Jakob,
Lrnst Henseler, Alfred Scherres, K. Lessing oder
eines Schlachtenmalers wie L. Röchling, dessen große
„Skizze Gravelotte" — heute könnte die große Tafel dreist
als fertiges „Bild" bezeichnet werden — von so schöner
koloristischer Einheitlichkeit und bei aller Anspruchslosigkeit
wirkungsvoller Kraft der Bewegung ist, wie er sie in
seinen „Gemälden" kaum je erreicht. Fr. Bornbach hat
neben zwei Herbststudien aus Schlachtensee, von denen
namentlich die Morgenstimmung recht charakteristisch ist, ein
großes ebenfalls herbstliches Waldbild mit einem Eisen-
hammer ausgestellt. Ls wirkt in der Farbe nicht bloß
schön, sondern auch überzeugend und das Motiv selbst ist
vom malerischen Gesichtspunkt aus sehr geschickt gewählt.
Wilhelm Bomb ach malte einen hoch am schwarzblauen
Meer an starrender gelbleuchtender dalmatinischer Küste
gelegenen Friedhof. Gegen den tiefdunklen Himmel heben
sich braunschwarze Zypressen ab; auf dem Hellen Fels weiße
und gelbe Grabsteine, weißgelbe Riesen-Kamillen und helllila
Lilien — das Ganze nicht ohne eine gewisse Farbenkoketterie,
aber dekorativ von starker Wirkung. Genzmer's Dorfallee
im Sommermorgenschimmer mit Kühen gehört auch jetzt
wieder zu den besten Bildern der Ausstellung; der wanne
Dunst unter den Bäumen, die vortrefflich modellirten Kinder,
der schöne Gesammtton — Alles zeigt einen glücklichen
Wurf. Das in lichten Tönen gehaltene Aquarellbild
Dammeiers, badende Knaben am Gardasee, beweist, daß er,
wenn er will, auch die Wege impressionistischer Freilichtler
wandeln kann und mit — mehr Geschmack, als viele von
ihnen. Max Fritz endlich hat auch ein Aquarell gesandt
— dunkelstämmige weiden am Wasser, ein schwermüthiges
Motiv so auch gegeben. Von der: Plastikern hat August
Gaul, neben einigen seiner trefflich beobachteten Thier-
figuren ein interessantes Stück skulpturaler Kleinkunst, ein
Petschaft mit einem kleinen kauernden Bär als Griff. Von
Gerhard Ianensch ist ein sehr fein aufgefaßter liegender
Schäfer da und dann sein nicht unbekanntes „Gänse-
blümlein", ein Bauernmädchenkopf von köstlicher Naivetät
des Ausdrucks. Gtto Glauflügel hat u. A. ein Doxpel-
Damenbildniß in Zinnrelief ausgestellt. Man hält es eher
für getriebenes mattglänzendes Silber. Die Arbeit ist sehr
effektvoll ohne anspruchsvoll zu sein und dürfte, nach dem
lebendigen Ausdruck der beiden Köpfe zu urtheilen, auch
recht porträtähnlich ausgefallen zu sein.
In einem der Nebenräume des Künstlerhauses be-
gegnen wir der Kollektiv-Ausstellung einer Breslauer
Stilllebenmalerin — Elisabeth Nees von Lsenbeck.
Ihre Bilder zeichnen sich vor denen vieler ihrer Berufs-

genossinnen durch einen gewissen großen Zug aus. Flott und
zielbewußt setzt sie die Farben auf und weiß sie fast immer
mit seiner Berechnung zusammenzustellen. Da giebts nichts
Gelecktes und Pedantisches und sowohl die Blumenstücke,
wie die Gläser, Krüge u. f. w. sind immer rein malerisch
empfunden. In: Zimmer links neben dem Gberlichtsaal
fordern die Landschaften von Richt er-Lefensdorf und
Riefstahl zum Verweilen auf. Richter's Vortrags-
weise ist in seinen Dünenmotiven etwas allzu breit und
zerflossen, aber Empfindung steckt unleugbar drin. Rief-
stahl's „letzter Schnee" in einer Berglandschaft ist von
intimerer Wirkung und die blaugrauen und gelbbraunen
Töne des Bodens und der Bergsilhouetten sind gut
zusammengekriegt und harmoniren mit der Lust. Besondere
Freude macht Einem aber in dem Hinteren Saal ein meines
wissens zum ersten Mal an die Geffentlichkeit tretender
junger Maler L. Kips. Er hat eine große Sammlung
von Studien und Skizzen ausgestellt, alle gleich frisch, gleich
ehrlich; Kips bekennt Farbe in buchstäblichem Sinne des
Worts, und er ist in Italien ebenso gut zu Hause wie in
Holland. Gb er eine eigene Physiognomie besitzt, — das
verräth uns diese Sammlung freilich noch nicht, wohl aber
des Malers reife Auffassung und virtuose Technik. Dabei
eine erstaunliche Vielseitigkeit in den Motiven: vorzügliche
Akte, Stimmungslandschaften, Marinen, Figurengruppen,
Thiere, Straßenbilder, einzelne Volkstypen, malerische
Winkel aus Parks und Gärten, steiniges Seeufer, glühender
Sonnenschein, buntfarbige Sommerpracht, Herbstesschwer-
muth u. s. w. — nichts ist ihm unerreichbar. Alles ist
flott und sicher vorgetragen; da giebts nirgends ein Suchen
und Tasten; auch dort, wo er ganz flüchtig einen Eindruck
sesthält, weiß er ibn doch dem Beschauer voll mitzutheilen.
U A.
Ium ersten Male stellt der Kopenhagener Maler Hen-
rik Iespersen in Berlin aus. wir finden seine große
Sammlung von Bildern im Gurlitt'schen Salon. Muß
durchaus klassifizirt werden, so ließe sich sagen, daß Ies-
persen von der älteren Düsseldorfer Landschafterschule aus-
gegangen ist. Aber er zeigt dabei doch einen persönlichen
Zug, der u. A. in der Vorliebe seiner Beleuchtungseffekte
und dem Vermögen, sie festzuhalten, sich äußert. Jeden-
falls bildet die Wiedergabe von Luft und Licht, daneben
auch von bewegtem Wasser, seine Stärke. Mitunter wird
es hart und grell, wie z. B. in den Bildern „Auf den
Ruinen der Kaiserpaläste in Rom" und „Tiroler Bauern-
haus". Daneben giebt's aber sehr feine Stimmungen, wie
die „Gewitterstimmung bei Sonnenuntergang", wie der
„Sonnenuntergang" und die „Morgenstimmung in der
dänischen Haidelandschaft". Namentlich das rothe Dunstge-
flimmer im Untergangsbilde und das gelbe Licht auf der
Hügelkette hinten im ersten Bilde sind sehr überzeugend
wiedergegeben. Ein großes Galleriebild im guten Sinne
des Wortes ist der „Norwegische Wasserfall" mit den
schweren Wolken und Nebelballen in den dunklen Hoch-
thälern. Der „Palatin in Abendsonne" zeigt den Künstler
wiederum vornehmlich als Lichtmaler. . . Zwei echte Düssel-
dorfer, aber moderneren Gepräges, haben sich ebenfalls
bei Gurlitt eingefunden, Eugen Kampf mit einem hollän-
dischen Dorfmotiv in Graustimmung, wie er es schon oft
gemalt hat, und A. Liesegang mit einigen feinen Studien,
wie einem herbstlich goldtönigen Parkteich, einer sommer-
lichen Allee u. s. w. Unter den jüngeren Düsseldorfer
Landschaftern nimmt Liesegang heute ohne Zweifel eine
der erster: Stellen ein als Vertreter eines gesunden und
dabei immer künstlerischen Naturalismus. Den: ist der
Aquarellmaler Bertram Berg ganz und gar abhold:
ihm löst sich alles in verschwommene Farbenflecke auf, oft
bis zur Unkenntlichkeit des Gewollten, wer vermag z. B.
einen Unterschied zu entdecken zwischen der Morgen- und
Abendstimmung im Torfmoor? Beide Blätter sind ganz
gleich grau — blau — braun. Man sollte denken, daß
der Impressionist hier bemüht wäre, das Spezifische der
Stimmung festzuhalten. Besser ist ihm das in einem Winter-
motiv gelungen, und zudem hat der Künstler sich hier auch
zeichnerisch weniger gehen lassen. U A.
 
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