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Die Kunst-Halle — 4.1898/​1899

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Nummer 21
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Eller, George: Unsere Abbildungen
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Kunstchronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.63302#0377

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Nr. 2s

Die Nun st-Halle —

329

llnrrre UbbllOung.

Man schreibt uns aus Paris:
Liner der bedeutendsten und in seiner Kunst auch einer
der edelsten der heute lebenden Bildhauer Frankreichs ist
penri Allouard. Mer nach Paris gekommen ist, mit
Kunstsinn und mit Empfindung im Kerzen, hat sicherlich im
Luxembourg-Museum nicht ohne Bewegung vor Allouards
„Fern der Welt" (Loin ciu monäs) gestanden, der bleichen,
marmornen Nonne im graublauen Gewand. Und wer die
diesjährigen Salons in Paris besuchte, der wird, ob Frei-
denker oder Gläubiger, ebenso andachtsvoll vor dem „Vater
Unser" desselben Allouard gebanut bleiben.
Die lebensgroße Statue dieses ungefähr fünfzehn Jahre
alten Mädchens ist in ideal-schönem rein weißen Marmor
gemeißelt. Das fromme Kind, dessen Züge, eine leise An-
deutung künftigen Glücks, die Genesis der Mutterliebe
künden, ist auf den Knien, betend. Die Hände sind gefaltet
und find mit das Beste an dem Werke. Der unerschütter-
lichste Glaube drückt sich in diesen pänden aus.
penri Allouard, geboren am ((. Juli (8^ in Paris,
hat sich erst verhältnißmäßig spät, im Alter vor: 28 Jahren,
der Bildhauerei gewidmet und zwar ohne je einen Lehrer
oder eine fremde Anleitung gehabt zu haben. Dabei gehört
er bereits seit Jahren zu den vielbeschäftigten Plastikern
der Pauptstadt. Line große Zahl von Porträtbüsten,
Statuen, Grabmälern rc. verdankt man seinem Fleiße und
der Fruchtbarkeit seiner Phantasie. Im Jahres?? begann
die „Charmeuse de Pigeons" den Reigen seiner namhasten
Werke. Ls folgten u. A. „Der sterbende Molisre" ((885.
(Odeon-Theater), Statue Racines ((888. DkeLtrs kran^uis),
„Fern der Welt" ((89-(. Luxembourg), „Isanne d'Arc"
((895. kolossale polychrome Marmor-Statue für die Welt-
ausstellung (900 bestimmt) und das Llfenbein - Relief
„Fröstelnde Liebe" ((898. Museum Galliera).
Die mitsolgende photographische Nachbildung des
„Betenden Mädchens" wird, so hoffe ich, den geehrten
Lesern der „Kunst-Palle" annähernd dieselbe Bewunderung
sür penri Allouards edle Kunst einflößen, die mich zum
Schreiben dieser Zeilen bewegt hat.
Paris, Mai 1)899. George Lller.
X
Aunsichromk.
* Berlin. Der Schluß des Studienjahres derKönigl.
poch schule für die bildenden Künste war mit einer
Feier verbunden, bei welcher perr Direktor Prof. A. von
Werner in seiner üblichen Rede einen historischen Rückblick
auf die vor 200 Jahren bei der Gründung des Instituts
herrschenden Zustände warf und damit die heutigen Kunst-
verhältnisse in und auch außerhalb der Akademie verglich.
Im Zusammenhang mit dem Studienabschluß des Jahres
eröffnete dann die Pochschule in den Räumen des Akademie-
gebäudes eine Ausstellung der Arbeiten der Studirenden.
Die Ausstellung beweist eins unzweideutig, daß nämlich der
landläufige Begriff des „Akademischen" als einer Förderung
nur schablonenhafter Kunstgestaltung, wie ihn wenigstens
die Gegner des akademischen Studiums, sei es aus Un-
kenntniß, sei es aus Bosheit, gern erläutern, — diesen
Zeugnissen ehrlicher gewissenhafter Arbeit durchaus fehlt.
In allen Klaffen erscheint das Streben fast zu einseitig
darauf gerichtet, gründliches Studium der Natur, zumal
des Menschen zu pflegen und durch genaue Kenntniß alles
Technischen, besonders der Maltechnik, den Kunstbeflissenen

ein möglichst sicheres Fundament zu geben: In dieser Be-
ziehung weist die Ausstellung eine Reihe sehr erfreulicher
Resultate aus, die auch durch Preise und Anerkennungen
ausgezeichnet wurden. Die Akademie ist aufrichtig darum
zu beglückwünschen, daß sie, unbeirrt durch die Verdächti-
gungen einer gewissen Kritik, den richtigen weg einschlägt,
indem sie sich zu dein Grundsatz bekennt, daß, wie analog
aus anderen Gebieten geistiger Kultur allein Bildung
und wiffen frei und unabhängig machen, auch auf den
Kunstgebieten die gediegene technische Grundlage einerseits
das beste Schutzmittel gegen moderne Verirrungen ist,
andererseits den jungen Künstlern die freie Entfaltung
ihrer individuellen Art später wesentlich erleichtert. Aus-
fallend ist diesmal der große Umfang, welcher der durch
die Professoren Kuhn und Perwarth vertretenen Abtheilung
für Architektur, (Ornamentik und Perspektive eingeräumt
ist. Die Kompositionsaufgabe in den Malklassen lautete
„Grablegung Christi"; in der Zeichenklasse von Prof.
Friedrich war die Darstellung eines Märchens für Zwickel-
figuren gewünscht. Der Pauptpreis, der sogenannte „Kopie-
preis", wurde dein Maler Scheller aus der Klasse von
Prof. Scheurenberg zugesxrochen: er hat dafür ein noch
näher zu bezeichnendes Bild aus der Braunschweiger
Gallerie zu kopiren. wenn in der Ausstellung ein be-
rechtigter Wunsch noch unerfüllt geblieben ist, so ist es
wohl der, daß man bei der scharfen Betonung des großen
Nutzens der Technik die Pflege des geistigen Ausdrucks,
für den ja besonders die Gedankenmalerei ein fruchtbarer
Bodeu ist, nicht ganz nach Gebühr anerkennt, poffentlich
wird die Pochschule, die in ihrem neuen monumentalen
Gebäude größeren Verhältnissen entgegengeht, auch in der
angedeuteten Richtung schöne Erfolge künftig erreichen
können.
* Berlin. Die Preis-Jury, welche dem Kaiser
Vorschläge für die Verleihung der goldenen Medaillen zu
machen hat, besteht aus den Inhabern der großen
goldenen Medaille, soweit sie Preußen sind oder in
Preußen leben, sowie aus den Inhabern des (Ordens pour
Is msi-üs für Kunst. Die perren „Sezessionisten" Frenzel,
Friese und Liebermann besitzen jene Medaille, waren aber
dennoch zu den Sitzungen der Preis-Jury nicht eingeladen
worden. Sie wandten sich daher an den Kultusminister,
um über diese Unterlassung Auskunft zu erhalten, wie
die Korr. für Kunst u. wisst erfährt, hat der Minister es
durchaus gebilligt, daß jene drei Künstler zu den Be-
ratungen der Jury nicht zugezogen worden sind, da
sie „durch ihre gegensätzliche Stellung zur Großen
Berliner Kunstausstellung sich selbst von den offiziellen
Funktionen an derselben ausgeschlossen" hätten. — Für
den Bau des Kaiser Friedrich-Museums sind
insgesammt sechs Jahre vorgesehen. Als Bausumme
stehen fünf Millionen zur Verfügung. Davon hat die
Fundamentirung rund 825OOO Mk. in Anspruch ge-
nommen. Die Bauanlage sieht fünf pöfe vor; zwischen
zweien wird sich eine Basilika erheben. Das Museum
erhält ein Erdgeschoß und zwei (Obergeschosse. Es soll die
nachklassische Kunst aufnehmen, und außer der Gemälde-
gallerie und den Skulpturen auch das Kupferstich- und
Münzkabinet umfassen. Die Sammlungen werden im Erd-
geschoß und im ersten (Obergeschoß untergebracht; das
zweite Stockwerk soll Magazin werden. Das Bauwerk ha-
die Form eines an der Spitze der Museumsinsel abget
stumpften Dreiecks, dessen Seiten eine Länge von ((0 Metern
besitzen. — Die vom Bildhauer Max Klein modellirte
neue Fontänengruppe in den Anlageri der National-
gallerie ist kürzlich enthüllt worden. Die in weißem
Marmor ausgeführte Gruppe stellt eine weibliche Figur
dar, deren paar über den Rand der Schale hinabwallt.
Das in die Schale strömende Wasser wird von zwei Löwen-
köpfen in das Becken gespien, das sich auf einem Rasen-
hügel erhebt. — Das im großen Rathhaussaale befindliche
Kongreßbild Anton von Werners wird augenblicklich
von Professor Lhrentraut koxirt. Ls ist dies die erste
Nachbildung des Gemäldes, die Werner und nächst ihm
der Magistrat als Besitzer gestattet haben. — Für den
Donatorensaal des Rathhauses hat Prof. Max Koner jetzt
das Porträt des emeritirten (Oberbürgermeister Zelle
vollendet. Er ist in ganzer Gestalt in Amtstracht dar-
 
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