Die Kunst-Halle — 4.1898/1899
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https://doi.org/10.11588/diglit.63302#0428
DOI issue:
Nummer 24
DOI article:M., C.: Dresden: Deutsche Kunstausstellung 1899, [3]
DOI article:Gustav, Leopold: München: Das Kunstgewerbe im Glaspalast und in der "Sezession"
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37^
Die Aunst-L^alle
Nr.
Einsicht reizvoller Wandbrunnen von R. Daniel Fabricius,
sowie eine Bronzebüste, Mann im Pelm, von Friedrich
Offermann erwähnt. Der Landschafter w. Ritter schlägt
endlich einmal, wenn auch noch zaghaft, kräftigere Töne
an als in den letzten Jahren, von Georg Müller-Breslau
gefällt besonders der „Birkenhain", von M. Pietschmann
der für die Gallerie erworbene Sommerabend. T. Bantzers
tanzende Bauern in hessischer Tracht kommen trotz der
starken Mittel und der in: Einzelnen vortrefflichen Arbeit
nicht ganz zu der gewollten Wirkung, vielleicht wegen des
gar zu knappen Ausschnittes, vielleicht auch wegen des
Mangels eines koloristischen Mittelpunktes. Sehr fein ist
ein sonniges Zimmer von Johanna Zschille, interessant
und gnt wirken die Landschaften von w. Besig, wie mir
scheint, einem der besten Talente der jungen Dresdner
Künstler.
Im Karlsruher Saal endlich, dem letzten ans dieser
Seite, ragen wie immer Kallmorgen, Schönleber, dessen
„Lnzwehr" eine Leistung ersten Ranges ist, und Lj. R. von
Dolkmann hervor. Reben ihnen wären Ed. Euler, der
farbig feine F. poch, Carlos Grethe, dessen heimkehrende
Werftarbeiter erfreulicher weise der Kgl. Gallerie einver-
leibt werden, Pötzelbergers waldeskühle und Walther
Tonz mit 2 Bildnissen zu nennen. Graf Kalckreuth erfreut
besonders mit einein ganz entzückenden Kinderbildniß, das
den scharfen künstlerischen Beobachter ohne Prätension und
ohne gesuchte Schlichtheit zeigt. Die im anstoßenden Raume
in einem durch einen Dorhang abgetheilten Kabinet mit
Oberlicht nach den eigenen Angaben des Künstlers auf-
gestellte Luna von pildebrand scheint uns trotz der aus-
gegebenen gegenteiligen Parole kein glückliches Werk zu
sein: ist das nicht ganz Schwanthaler? wie herrlich sind
im Nebenzimmer dagegen Meisterbüsten pildebrands, wie
die des Herzogs Karl Theodor v. Bayern, des Dr. Fiedler
und seiner Gattin, die vergoldete Bronzebüste einer Dame
und weiter das mächtige Relief Bismarcks und die ent-
zückende Statuette des Wasserträgers. Die anschließenden
Zimmereinrichtungen, die unendlich viel des Interessanten
und Schönen bringen, müssen wir in Pinblick auf den knappen
Raum übergehen und wenden uns zu der reichhaltigen
Sammlung der graphischen Arbeiten und pandzeichnungen,
wo wir indeß auch nur hie und da einen Namen, eine
Arbeit aus der reichen Fülle herausgreifen können. Es
wird darauf ankommen, nicht sowohl unbestrittene Meister
auf diesem Gebiete zu erwähnen, als solche, deren Namen
noch nicht in Aller Munde sind. Da sind feine Porträt-
köpfe, die neben tüchtigem Können vornehmen Geschmack
bekunden, von Marie Stein, eine Anzahl ganz vortrefflicher
Bildnißradirungen von dem Münchener peinrich Wolff,
Blätter von Oscar Graf, farbige Holzschnitte von origineller
Wirkung von Peter Behrens, farbig gedruckte Radirungen
von Arthur Illies-Pamburg zu erwähnen, Algraphien von
Cornelia paczka-wagner, der Cyklus vom Weberaufstand
von Käthe Kollwitz, in wenigen Tönen gedruckte Stein-
zeichnungen von Carlos Grethe und p. R. von Dolkmann,
die vorzüglich wirken, malerisch-meisterhafte Radirungen
von Schulte im pofe, die pikanten farbigen Lithographien
von Fritz Burger, solche von Ernst Eitner, vorzügliche
Pastelle von Meyer-Cassel, Zeichnungen von Pans Fritzsch
und Pans Rüger-Dresden, sowie Porträtzeichnungen und
Radirungen von Georg Jahn. C. M.
München:
Var Wnrlgewerbe im Narpalasi
unä in üer „Zeression".
Don Leopold Gustav, München.
^p»as Kunstgewerbe hat diesmal die Erwartungen Dieler
enttäuscht. Nicht etwa, daß wir etwas noch nie
Dagewesenes gefordert hätten, oder weil die Eröffnung
jener Abteilungen im Glaspalast sich nut mehr als
Münchener Gemütlichkeit verzögerte. Im Dorjahre er-
hielten wir hier unleugbar stärkere Anregung, einen un-
gefähren Begriff, wie sich die Welt der päuslichkeit in den
Augen tüchtiger Talente malt. Diesmal aber begegnen wir
zumeist stimmungslos nebeneinander aufgestellter Derkaufs-
waare. Als das verdienstvollste Moment der modernen
Innenkunst erachten wir doch, daß sie jedem Raum eine
seiner Derwendung gemäße Stimmung giebt, daß sie mit
der frostigen Eleganz der guten Stuben und unbenutzbaren
Sitzgelegenheiten rc. aufräumte. Deshalb sind für Aus-
stellungen fertige Zimmer von weit mehr erzieherischem
werthe, als die verwirrende Aufstellung von Linzelgegen-
ständen. Den ersten Raum, den wir von der Seite der
„christlichen Kunst" her in der kunstgewerblichen Abtheilung
betreten, erregt wohl am meisten Bedenken. Architektur,
Skulptur, Farbenstimmung rc.rühren von den Architekten pelbig
und paiger her. Schon der Eingang, eine schwarze wand
von zwei Säulen unterbrochen, wirkt seltsam. Die Decke
blauer Pimmel nut goldenen Sternen; die Wandmalerei:
lange weiße Friedhofsmauer mit parallel laufenden: Fuß-
weg, alles wie mit dem Lineal getüncht, die andere wand
blauer Pimmel in blaues Meer übergehend, dann etwas
grüne wiese. Zu dieser Feierlichkeit mit den Inschriften
„Astrum" „Aeternitas" paßt recht schlecht das gelbe
Soxha in der Nische, dann sind noch blaue Fauteuils mit
rothem Ueberzug vorhanden; außerdem an sich recht hübsche
Schränke von Alfred petrasch. In dem weiter liegenden
zweiten Zimmer der genannten Architekten ist inan sich
wenigstens über seine Benutzung klar; es ist ein Spiel-
zimmer, Dorfelderbillard und Spieltische, alles in ein
intensives Dunkelblau oder Roth getaucht; was an Farben-
freudigkeit zu viel, lassen die Formen vermissen. Viel
sympathischer wirkt der Riemerschmidsche Raum; neben
dein primitiven Gartenmöbelstil mit mattfarbigem Eichen-
holz kommt das Mahagoni wieder zu Ehren; das Zimmer
hat übrigens keine zentrale Stimmung, sondern zerflattert
in so und so viel recht hübsche Eckchen. Emanuel Seidl
giebt sein prunkvolles römisches Badegemach in zweiter er-
weiterter Auflage. So vornehm und künstlerisch dieser
Baderaum an sich wirkt, so banal nimmt sich das Toiletten-
zimmer ans, welches mit ihm verbunden ist. Diese Frisir-
sessel würden bei keinem Coiffeur oder Zahnarzt als be-
sonders schön auffallen, und die Toilettengegenstände aus
Elfenbein kann man sich sehr gut als Fabrikate solcher
denken, die gar nicht wissen, daß es auch Kunst im pand-
werk giebt. Berlepsch hat ein Boudoir mit anstoßender
Bibliothek eingerichtet. Die beiden Räume sind, wie sie
der Künstler als gegeben annehmen mußte, sehr ungeeignet,
so daß der Kamin und die Bücherschränke zu groß wirken,
wenn uns Berlepsch auch diesmal nicht mit neuen Ideen
überrascht, so bringt er doch harmonische Zimmer, bei denen
sich das Auge nicht an Farbenüberfluß reizt. Die von
pocheder eingerichtete Palle würde ganz anders wirken,
Die Aunst-L^alle
Nr.
Einsicht reizvoller Wandbrunnen von R. Daniel Fabricius,
sowie eine Bronzebüste, Mann im Pelm, von Friedrich
Offermann erwähnt. Der Landschafter w. Ritter schlägt
endlich einmal, wenn auch noch zaghaft, kräftigere Töne
an als in den letzten Jahren, von Georg Müller-Breslau
gefällt besonders der „Birkenhain", von M. Pietschmann
der für die Gallerie erworbene Sommerabend. T. Bantzers
tanzende Bauern in hessischer Tracht kommen trotz der
starken Mittel und der in: Einzelnen vortrefflichen Arbeit
nicht ganz zu der gewollten Wirkung, vielleicht wegen des
gar zu knappen Ausschnittes, vielleicht auch wegen des
Mangels eines koloristischen Mittelpunktes. Sehr fein ist
ein sonniges Zimmer von Johanna Zschille, interessant
und gnt wirken die Landschaften von w. Besig, wie mir
scheint, einem der besten Talente der jungen Dresdner
Künstler.
Im Karlsruher Saal endlich, dem letzten ans dieser
Seite, ragen wie immer Kallmorgen, Schönleber, dessen
„Lnzwehr" eine Leistung ersten Ranges ist, und Lj. R. von
Dolkmann hervor. Reben ihnen wären Ed. Euler, der
farbig feine F. poch, Carlos Grethe, dessen heimkehrende
Werftarbeiter erfreulicher weise der Kgl. Gallerie einver-
leibt werden, Pötzelbergers waldeskühle und Walther
Tonz mit 2 Bildnissen zu nennen. Graf Kalckreuth erfreut
besonders mit einein ganz entzückenden Kinderbildniß, das
den scharfen künstlerischen Beobachter ohne Prätension und
ohne gesuchte Schlichtheit zeigt. Die im anstoßenden Raume
in einem durch einen Dorhang abgetheilten Kabinet mit
Oberlicht nach den eigenen Angaben des Künstlers auf-
gestellte Luna von pildebrand scheint uns trotz der aus-
gegebenen gegenteiligen Parole kein glückliches Werk zu
sein: ist das nicht ganz Schwanthaler? wie herrlich sind
im Nebenzimmer dagegen Meisterbüsten pildebrands, wie
die des Herzogs Karl Theodor v. Bayern, des Dr. Fiedler
und seiner Gattin, die vergoldete Bronzebüste einer Dame
und weiter das mächtige Relief Bismarcks und die ent-
zückende Statuette des Wasserträgers. Die anschließenden
Zimmereinrichtungen, die unendlich viel des Interessanten
und Schönen bringen, müssen wir in Pinblick auf den knappen
Raum übergehen und wenden uns zu der reichhaltigen
Sammlung der graphischen Arbeiten und pandzeichnungen,
wo wir indeß auch nur hie und da einen Namen, eine
Arbeit aus der reichen Fülle herausgreifen können. Es
wird darauf ankommen, nicht sowohl unbestrittene Meister
auf diesem Gebiete zu erwähnen, als solche, deren Namen
noch nicht in Aller Munde sind. Da sind feine Porträt-
köpfe, die neben tüchtigem Können vornehmen Geschmack
bekunden, von Marie Stein, eine Anzahl ganz vortrefflicher
Bildnißradirungen von dem Münchener peinrich Wolff,
Blätter von Oscar Graf, farbige Holzschnitte von origineller
Wirkung von Peter Behrens, farbig gedruckte Radirungen
von Arthur Illies-Pamburg zu erwähnen, Algraphien von
Cornelia paczka-wagner, der Cyklus vom Weberaufstand
von Käthe Kollwitz, in wenigen Tönen gedruckte Stein-
zeichnungen von Carlos Grethe und p. R. von Dolkmann,
die vorzüglich wirken, malerisch-meisterhafte Radirungen
von Schulte im pofe, die pikanten farbigen Lithographien
von Fritz Burger, solche von Ernst Eitner, vorzügliche
Pastelle von Meyer-Cassel, Zeichnungen von Pans Fritzsch
und Pans Rüger-Dresden, sowie Porträtzeichnungen und
Radirungen von Georg Jahn. C. M.
München:
Var Wnrlgewerbe im Narpalasi
unä in üer „Zeression".
Don Leopold Gustav, München.
^p»as Kunstgewerbe hat diesmal die Erwartungen Dieler
enttäuscht. Nicht etwa, daß wir etwas noch nie
Dagewesenes gefordert hätten, oder weil die Eröffnung
jener Abteilungen im Glaspalast sich nut mehr als
Münchener Gemütlichkeit verzögerte. Im Dorjahre er-
hielten wir hier unleugbar stärkere Anregung, einen un-
gefähren Begriff, wie sich die Welt der päuslichkeit in den
Augen tüchtiger Talente malt. Diesmal aber begegnen wir
zumeist stimmungslos nebeneinander aufgestellter Derkaufs-
waare. Als das verdienstvollste Moment der modernen
Innenkunst erachten wir doch, daß sie jedem Raum eine
seiner Derwendung gemäße Stimmung giebt, daß sie mit
der frostigen Eleganz der guten Stuben und unbenutzbaren
Sitzgelegenheiten rc. aufräumte. Deshalb sind für Aus-
stellungen fertige Zimmer von weit mehr erzieherischem
werthe, als die verwirrende Aufstellung von Linzelgegen-
ständen. Den ersten Raum, den wir von der Seite der
„christlichen Kunst" her in der kunstgewerblichen Abtheilung
betreten, erregt wohl am meisten Bedenken. Architektur,
Skulptur, Farbenstimmung rc.rühren von den Architekten pelbig
und paiger her. Schon der Eingang, eine schwarze wand
von zwei Säulen unterbrochen, wirkt seltsam. Die Decke
blauer Pimmel nut goldenen Sternen; die Wandmalerei:
lange weiße Friedhofsmauer mit parallel laufenden: Fuß-
weg, alles wie mit dem Lineal getüncht, die andere wand
blauer Pimmel in blaues Meer übergehend, dann etwas
grüne wiese. Zu dieser Feierlichkeit mit den Inschriften
„Astrum" „Aeternitas" paßt recht schlecht das gelbe
Soxha in der Nische, dann sind noch blaue Fauteuils mit
rothem Ueberzug vorhanden; außerdem an sich recht hübsche
Schränke von Alfred petrasch. In dem weiter liegenden
zweiten Zimmer der genannten Architekten ist inan sich
wenigstens über seine Benutzung klar; es ist ein Spiel-
zimmer, Dorfelderbillard und Spieltische, alles in ein
intensives Dunkelblau oder Roth getaucht; was an Farben-
freudigkeit zu viel, lassen die Formen vermissen. Viel
sympathischer wirkt der Riemerschmidsche Raum; neben
dein primitiven Gartenmöbelstil mit mattfarbigem Eichen-
holz kommt das Mahagoni wieder zu Ehren; das Zimmer
hat übrigens keine zentrale Stimmung, sondern zerflattert
in so und so viel recht hübsche Eckchen. Emanuel Seidl
giebt sein prunkvolles römisches Badegemach in zweiter er-
weiterter Auflage. So vornehm und künstlerisch dieser
Baderaum an sich wirkt, so banal nimmt sich das Toiletten-
zimmer ans, welches mit ihm verbunden ist. Diese Frisir-
sessel würden bei keinem Coiffeur oder Zahnarzt als be-
sonders schön auffallen, und die Toilettengegenstände aus
Elfenbein kann man sich sehr gut als Fabrikate solcher
denken, die gar nicht wissen, daß es auch Kunst im pand-
werk giebt. Berlepsch hat ein Boudoir mit anstoßender
Bibliothek eingerichtet. Die beiden Räume sind, wie sie
der Künstler als gegeben annehmen mußte, sehr ungeeignet,
so daß der Kamin und die Bücherschränke zu groß wirken,
wenn uns Berlepsch auch diesmal nicht mit neuen Ideen
überrascht, so bringt er doch harmonische Zimmer, bei denen
sich das Auge nicht an Farbenüberfluß reizt. Die von
pocheder eingerichtete Palle würde ganz anders wirken,