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Die Kunst-Halle — 4.1898/​1899

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Nummer 3
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Galland, Georg: Zur Kritik der Moderne
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Schmidkunz, Hans: Kunstpädagogik, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.63302#0047

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Nr. 3

Die Aun st-Halle.

35

Handlung gleichwohl mit doppelten: Interesse besuchen
werde. Mit gebührender werthschätzung
Melchior Broederlam.
wir haben dem Schreiben unseres Mitarbeiters
zur Erläuterung nichts hinzuzusügen.

NuystpääaZoAich.
von Ls ans Schmidkunz.

(Schluß.)
(j^i^^ir hatten die Kunstpädagogik engeren Sinnes
ebenso wie eine eigene wissenschasts-
Pädagogik unterschieden von den Päda-
gogiken der niederen Schulen (Volksschulen) und der
höheren Schulen (Gymnasien u. s. w.). Nun giebt
es aber neben diesen auch Schulen, die eigens für
den Unterricht in Wissenschaften und Künsten einge-
richtet sind: die Hochschulen. Sehen wir von wissen-
schaftlichem und künstlerischen: Unterricht außerhalb
dieser Schulen ab, so wird die Frage nach diesem
Unterricht und nach der ihn ergänzenden Erziehung
zur Frage nach einer Hochschulpädagogik; auch
eine solche besitzen wir erst bruchstückweise, und die Ver-
vollständigung der bisherigen Pädagogik durch sie ist vor-
läufig nur eine Forderung, die sedoch in der allerjüngsten
Zeit bereits zu selbstständiger Thätigkeit übergeht.
Für unser Interesse stehen die Kunstschulen engeren
Sinnes, die meist so genannten „Akademien der
bildenden Künste" im Vordergrund; und für ihre
Geschichte, für ihre Neformbedürfnisse u. s. w. ist
denn auch von der Litteratur wenigstens einiges ge-
than worden. Vorangegangen waren ihnen haupt-
sächlich die Werkstätten und Meisterateliers, in denen
der Kunstjünger seine Lehr- und Gesellenzeit eben so
durchmachte, wie sonst bei einen: Gewerbe; dann
auch Gesellschaften mehr wissenschaftlicher Art, wie
Lionardo da Vinci's (89^ zu Mailand eröffnete
„Akademie", und endlich die verschiedenen Maler-
vereinigungen, wie sie, meist mit den: Namen des heiligen
Lucas in ihrem Titel, seit Ende des (3. Jahrhunderts
zu Venedig, später zu Florenz, Mailand, Bonn be-
standen. Seit Ende des (6. Jahrhunderts entwickelten
sich, und zwar gerade als ein Gegensatz gegen das,
was wir heute „akademisch" nennen, und speziell von
diesen „Lucaszünsten" angefeindet, die Kunstakademien.
Sie „entstanden, als auch die Zeit, in welcher die
ganz großen Geister, wie Lionardo da Vinci, die
Lehrthätigkeit sür einen wichtigen Theil ihres künst-
lerischen Lebensberufes gehalten hatten, vorüber war,
und die Meister anfingen, nur ihrem eigenen Ruhme
und ihrem eigenen Reichthume nachzujagen." „Die
Gründer der ersten eigentlichen Kunstschule waren
Ludovico, Agostino und Annibale Taracci, deren
'Ueuätzmiu clsAli ineururuiuutü gegen Ende des

(6. Jahrhunderts in Bologna eröffnet wurde." Sie
hatte im bewußtesten Gegensatz zu dem damals
herrschenden Mode-Manierismus die Regeneration der
Kunst durch das Studium der Natur und der großen
alten Meister zu ihrer Losung gemacht, und ihre
Vertreter galten geradezu als „Umsturzpartei". So
berichtet der Kunsthistoriker woermann.
In gleicher Weise ging es dann weiter. Das
(7. Jahrhundert sah nicht wenige Akademien ent-
stehen (die erste deutsche (662 zu Nürnberg), und seit
der Mitte dieses Jahrhunderts begannen die Staaten,
damals überhaupt zumeist die Träger des Neuen,
diese Schulen zu ihrer eigenen Sache zu machen.
Fast überall erhob sich lebhafter Widerstand der
zunftmäßigen Künstlerkreise; ein widerstand, der
gerade das Gegentheil von dem ein bis zwei Jahr,
Hunderte nachher auftauchenden Tadel war. So er-
ging es besonders den neuen Kunstakademien zu
Paris ((6H8) und zu Wien (erste Anfänge (692
festere Gestalt (726). Aber noch im (8. Jahrhundert
wurde ihr wirken für eine freie Kunst von staatlicher
Seite begünstigt. Der Verfall der Akademien und die
bekannten vorwürfe gegen sie stammen aus der Zeit
der letzten Iahrhundertswende, also der Zeit, da
überhaupt „Zopf" und „perrücke" sich ablebten. An
dem werthvollen wie an dem werthlosen des „Zopf-
und Perrücken-Iahrhunderts" hatten auch die Kunst-
schulen theil; ihre Mißerfolge gelten nicht blos als
Mißerfolgederakademischen Lehreinrichtungen, sonder::
zugleich als Mißerfolge des Gesammtgeistes jenes
Jahrhunderts. Diesem Geist „entsprangen und ent-
sprachen die falsche Lehrmethode, welche keine lebendige
Wechselwirkung zwischen Meister und Schüler zuließ,
der Regelzwang, welcher jede selbstständige Regung
unterjochte, und das Vorurtheil, als sei Alles durch
Dressur zu erreichen", (woermann).
Der widerstand gegen die Kunstakademien als
Verderberinnen jeder Kunst wurde schon von Künstlern
der klassizistischen Zeit erhoben, von Torstens, Thor-
waldsen u. A. Dann aber traten gegen sie beson-
ders die „Romantiker", speziell die sogenannten „Na-
zarener" auf. Inr Jahre (8(0 wurde Friedrich
Overbeck sammt drei Freunden aus der Wiener
Akademie ausgewiesen, weil sie „sich in eigenen
Kompositionen versucht hatten." Dieser Vorsall gilt
recht eigentlich als „der Bruch der neudeutschen
Kunst mit der altakademischen Richtung." Daß mit
dieser zugleich die Ueberlieferung des Malenkönnens
aufgegeben wurde, war begreiflich und wirkte in
der nun folgenden Epoche der Kunstgeschichte, in der
gerade das „Malenkönnen" fehlte, fühlbar nach.
Bald aber zog der neue Geist selber in die Akademien
ein. Tornelius war es, der in diesem Sinn die
Düsseldorfer Akademie neu organisirte ((82(); wie
da Freiheit der Kunst, Selbstthätigkeit des Schülers,
persönliches Verhältniß zwischen ihm und dem Lehrer,
kurz der gerade Gegensatz gegen „akademischen" Regel-
 
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