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Die Kunst-Halle — 4.1898/​1899

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Nummer 13
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Norden, J.: Berliner Kunstschau
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Kunstchronik
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Nr. (3

Die Aunst-Halle

20f

Nur kurz erwähnen möchte ich noch die elementare Macht
der„Sturn:"-Symxhonie, den geheimnisvollen grünen Darben-
zauber des „Felsenthals" mi't seinen: Schauer der Einsam-
keit und die „peilige Familie", die lllbends aus einen: chügel
außerhalb Meißens lagert, während die rotbe Vollmond-
scheibe an: porizont aufsteigt, so zwar, daß sie einen
Glorienschein um das Paupt des Arbeiterkiudlems webt,
das aus den: Schoß der Mutter in den Abendfrieden
bineinjauchzt. In: Hintergrund links wieder das raffe-
volle Profil der alten Stadt. Mas die Bildnisse betrifft,
fo muß inan sich allmälich in sie hineinsehen. Sie ge-
winnen dann immer mehr und mehr Leben. Man über-
sieht das herbe Kolorit und die, inan möchte sagen, un-
aelenke Linienführung. Die Augei: aber blicken so unheim-
lich lebensvoll, vergrößert meistens, mit eine::: Blick ii:
weite unerreichbare Fernen, oft schmerzdurchzittert. Das
portrait des Lieutenants v. p. ist eines der eigenartigsten,
das inan fehen kann; man vergißt dieses Gesicht ebenso-
wenig, wie die altklugen Kindergesichter auf anderen Bilderi:.
Auch das Selbstportrait ist interessant, obschon, oder gerade
weil es eine Wesensverwandtschaft mit der Schaffnngsweise
eines Lukas Cranach zeigt. I. N.
Ein abermaliger Rnndgang durch die jüngste Aus-
stellung im Künstlerhaus führte mir eine kleine Unter-
lassungssünde zu Geinüth. Ich hatte neulich vergesse«:,
Ad. Schladitz' zu erwähne::, der in den Nebensälen einige
recht achtungswerthe Arbeiten ausgestellt hat. UArkt er
mitunter auch etwas hart, wie z. in den beiden Elsässer
Studien und auch in der Tiroler Bauernstube mit den:
Siesta haltenden jungen Mann, so hat er dafür in der
„Sonntagsruhe" eine«: sehr glücklichen Wurf gethan. Wie
da der alte Schulmeister im sommerdunstigen Zimmer am
Klavier sitzt und den Tasten eine schlichte Melodie entlockt,
dabei ein Bierglas vor sich — das wirkt sehr stimmungs-
voll. Dazu kommt der malerisch fein herausgebrachte farbige
Effekt des Fensters mit dem sonnigen Grün der Sträucher
dahinter. Eine treffliche Arbeit ist in anderer Beziehung
auch das Motiv aus dein Danziger Artushof. Pier er-
scheint die gewissenhafte Zeichnung durchaus am Platz.
I- N.
X
Nunstchromk.
* Berlin. Die Große Kunstausstellung ^899
verspricht nach der Zahl der Anmeldungen und der Sonder-
ausstellungen, auch infolge stärkerer Betheiligung des Kunst-
gewerbes, einen nicht gewöhnlichen Umfang zu erhalten.
So viel ist sicher, daß eine Reihe von Künstlern, zumal aus
München, die mit ihren widerstrebenden Gruppen hier nicht
ausstellen, dennoch einzeln gern nach Berlin kommen.
Kollektionei: von Werken wird man, außer den Wiener
Künstlern, von Scheurenburg, Breitbach, Paul Meyerheim,
Jans Bohrdt, von Schennis, M. Rabes, Bans Meyer,
P. Michetti u. a. in Moabit antreffen. In der „Per-
inanenten" des Künstlerhauses wurde dieser Tage das
Eintreffen eines Kolofsalgemäldes von G. Roch eg rosse,
Paris, benannt „Die Jagd nach dein Glück" erwartet; die
Malerei war in Deutschland vorher noch nirgends aus-
gestellt gewesen. — Prof. Bans Bohrdt schuf neuerdings
Entwürfe für die Ausschmückung eines kaiserlichen Bade-
zimmers, Darstellungen von alten und neuen Schiffstypei:
der heimischen Marine, das Ganze naturalistisch von See-
produkten eingefaßt. Die kgl. Pozellanmanufaktur wird
diese Malereiei: in Delfter Manier auf Fliesen ausführen.
- Die Berliner Schlosser-Innung widmete eine geschmiedete
Gedenktafel mit Inschrift den: Andenken des Fürstei: Bis-
marck als ihrem Lhren-Meister für dessen Mausoleum in
Friedrichsruh. Die Tafel wird von einem Wapxenadler
bekrönt, die Widmung von einem Eichen- und Lorbeerkranze
umschlossen. Entwurf und Ausführung rühren von den:
Pof-Kunstschlosser p. Marcus her.
" Berlin. Wie berichtet wird, soll der vielbesprochene
Austritt des Pofraths Paulus aus seinem Münchener Ver-

hältnis Zusammenhängen mit seiner beschlossenen Ueber-
siedelung nach Berlin. Es heißt, ihm sei im Kunstsalon
Ed. Schulte eine seinen eminenten Fähigkeiten als Ge-
schäftsführer entsprechende Position angelloten worden. Was
über dadurch ii: jenem Salon angeblich nothwendig werdende
Aenderungen (?) der künstlerischen bezw. kunsthändlerischen
Absichten gesagt wurde, gehört ins Reich der Fabel. Die
bisherige Tradition der gerade dadurch erfolgreichen Firma
ist wohl über den Wechsel in den Personalien ihres Be-
triebs erhaben.
* Berlin. Der Atelierbesuch des Kaiserxaares bei Prof.
G. Eberlein galt dessen beiden Gruppen für die Sieges-
allee: Friedrich l. nebst Schlüter und Dunkelmann und
Friedrich Wilhelm Hl. nebst Blücher und Stein. Die jugend-
liche Auffassung, die der Künstler Friedrich Wilhelm Hl.
aegeben hat, fand die volle Zufriedenheit des Kaisers, der
sich zu Professor Eberlein etwa äußerte: „Sehen Sie, fo
denke ich nur auch den dritten Friedrich Wilhelm; unser
deutsches Volk weiß noch gar nicht, wie schön er als junger
König gewesen ist!" Für das Reliefporträt Schadows, das
ii: der Mitte der Bankanlage plazirt werden wird, stellte
der Kaiser dein Künstler eine Büste Schadows in: Besitz
seiner kaiserliche«: Mutter ii: Aussicht.
* Dresden. Der peld dieser Tage war der Schöpfer
des Reichsxalastes in Berlin, perr Geh. Baurath Prof.
Dr. Wallot, an den von allen Seiten Telegramme von
Freunden und Vertrauenskundgebungen von Körperschaftei:
kamen. Dieser Wallot - paroxismus erreichte in einein
Fackelzuge der hiesige«: Künstler seinen Pöhepunkt. perr
Wallot antwortete sehr hübsch in einer an die begeisterten
Festgenossen gerichteten Rede, ii: der er diese Kundgebungen
als einen „Protest gegen die Mißachtung der Künstler durch
den Reichstag" und als de«: impulsiven Ausdruck der
„Solidarität der Berufsgenossen" bezeichnete. Berr Wallot,
den wir als Baukünstler hochschätzen und als Menschen
ebenso hochachte::, hätte nur diese Rednergabe mehr bei den
Sitzungen der Aussch:::ückungs-Koin«i:ission des Reichstags
zur Förderung seiner und seiner künstlerischen Mitarbeiter
Thätigkeit frnktistziren solle«:. Er hat es statt dessen vor-
gezogen, von der Leitung der Ausschmückungsarbeiten des
Reichshauses in Berlin überhaupt zurückzutreten. Nach
den Aeußerungen bei der letzten Reichstagssitzung, die den
Gegenstand behandelte, wird man ihn: keinen Nachfolger
geben, sondern die ;oooo Mk. Iahrgehalt künftig sparen.
Die Verdienste seiner herrliche«: Schöpfung und den Dank
der Nation wird dem ausgezeichneten Meister nichts dauernd
trüben können, auch nicht der Hinweis auf heraldische Ver-
stöße .und einzelne Mißgriffe, z. B. in der jüngsten Auswahl
seiner künstlerischen Mitarbeiter. In letzterer Beziehung
fällt die Schuld zugleich auf gewiße Dresdener Einflüsse,
die seine Entscheidung mitunter lenkten, nicht zum vortheil
der Schönheit der Gesamtausschmückung, vielleicht, weil
er dies empfand, fehlte ihn: ii: Berlii: zuletzt die Unbe-
fangenheit und der Muth, seine Maßnahmen immer zu
rechtfertige«:, während er in Dresden, nach seinen jüngsten
Aeußerungen zu schließen, sich viel freier fühlte. Er ist so
schnell genug das Gpfer eines durch seinen Fortgang ans
Berlin begründeten Mißverhältnisses geworden.
* Weimar. Der hiesige Maler Friedrich Fleischer,
dessen Gemälde „Der sterbende Goethe" großes Aufsehen
hervorgerufen hat, hat dieses dem Großherzog von kveiinar
zum Geschenk gemacht. Das Bild wird in einen: Zimmer
des oberen Stockwerks des Goethehauses, das eigens dafür
hergerichtet wird, aufgestellt werde«:.
* Tbemnitz. Die städtische«: Kollegien Habei: für die
Errichtung eines größere Theater-Neubaues bis auf
weiteres jährlich 50000 Mk. in den Paushaltplan eingesetzt.
* Nordhaufen. Für das geplante Bismarck-Denk-
mal sind im engeren Kreise bereits 6000 Mk. gezeichnet
worden. Demnächst erfolgt ein öffentlicher Aufruf an die
Bürgerschaft zur Zeichnung von Beiträgen.
* Münster. Pier soll eii: Dei:kn:al errichtet werden
zur Erinnerung an die Schließung des westfälische«:
Friedens im Jahre Ausführung hat Prof. v. Zum-
busch in Wien, der Schöpfer des Kaiser Wilhelm-Denk-
mals an der Porta, übernommen.
2 pamburg. Die große Frühjahrsausstellnng
ii: der Kunsthalle, welche alljährlich von: pamburger Kunst-
 
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