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Die Kunst-Halle — 4.1898/​1899

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Nummer 23
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Galland, Georg: Die Kranach-Ausstellung in Dresden
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Schestag, August: Die Jahresausstellung im Wiener Künstlerhause 1899
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https://doi.org/10.11588/diglit.63302#0407

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Nr. 23

4- Die Nun st-Halle

355

halten. Vielleicht wird sich einst das Resultat —
staunenswerth wird man es dann wohl nennen
dürsen — so gestalten, daß der früher von Allen
genau gekannte Lukas Kranach nur eine Seite dieser
künstlerischen Persönlichkeit repräsentirt, während man
die andere Seite, die uns das Schaffen des hoch-
strebenden, ebenbürtigen Zeitgenossen Dürers, des
Meisters der Venus von s50s>, enthüllt, bisher nur
wenig kannte. Populär wurde in der That lediglich
der behäbig lebende Hofmaler des Kurfürsten
Friedrichs des weisen, der Lheff einer sehr betrieb-
samen lverkstattt, dessen Schüler und Gesellen so vor-
züglich auf die „Individualität" des Meisters einge-
arbeitet waren, daß grade deren Arbeiten auf Distanz
unter Hunderten leicht erkennbar sind, aber bei aller
Echtheit ihrer historischen und malerischen Erscheinung
nur als Denkmäler mehr kunsthandwerklicher als
wirklich künstlerischer Thätigkeit gelten können. Viel-
leicht auch nimmt die Kranachfrage eine andere
überraschende Wendung. Gedulden wir uns einst-
weilen und warten wir das Ergebniß der Forschung ab,
die sa auch für die alte Malerschule von Aschaffen-
burg von einschneidender Wichtigkeit sein muß.
Daß hierzur Lösung des Problems so umfangreiches
Material zusammengebracht, ist das große Verdienst
dieser Dresdener Ausstellung. Der Katalog woer-
manns gliedert das gesammte, so verschiedenartige
Material nach den: gegenwärtigen Stande der Kunst-
wissenschaft und resümirt in der Einleitung die ob-
waltenden Schwierigkeiten und Gesichtspunkte. In:
Ganzen sind s58 beglaubigte und unbeglaubigte
Originale hier ausgestellt, denen eine Anzahl Repro-
duktionen, eine „Beweinung Ehristi" von M. Grüne-
wald und mehrere Malereien des jüngeren Lukas
Kranach angeschlossen wurden. Daß inan endlich
auch zwei übrigens ziemlich langweilige Bildnisse
eines heute lebenden Herren gleichen Namens hinzu-
zufügen für richtig fand, ist ein Witz und zwar ein
schlechter. Man stelle sich nur einmal etwa den Blöd-
sinn eines Theaterzettels vor, auf den: zu lesen wäre:
Shakespeares „Hamlet" mit einem Epilog von dem
heute lebenden Mr. Tobias Shakespeare aus Oxford.
G. G.
X
vie IabmalMtellung im Wiener
WlMIerhaim >syy.*)
Von A. Schestag, Wien.
Porträt der verewigten Kaiserin Elisabeth
von Horovitz bildet den Mittelpunkt der
diesjährigen Ausstellung. Der Künstler,
der die hohe Frau nur flüchtig gesehen hatte, fertigte,
von dem Kaiser selbst berathen, nach Photographien
H verspäteter Abdruck. Die Red.

und alten Bildern sein Werk, das seiner Aehnlichkeit
wegen allgemein gelobt wird, seiner künstlerischen
Auffassung nach aber durchaus nicht befriedigt. Es
ist wieder ein typischer Horovitz: stupende Treff-
sicherheit und Mangel an Komposition und Farben-
sinn. Die Geschmacklosigkeit, in die Stirne gekämmte
Haare vorne gerade abzuschneiden, ist schwer zu ver-
zeihen, besonders da die meisten Bilder der Kaiserin
die wundervollen Flechten in natürlicher weise ge-
ordnet zeigen. Auch die übrigen Arbeiten des
Künstlers, Porträts der Baronin Königswarter und
des Professors Albert bestätigen unser blrtheil. Ein
unmöglicher brauner Ton in den Gesichtern wirkt oft
geradezu störend. Die geistige Vertiefung in die dar-
zustellende Persönlichkeit vermissen wir auch bei
Angelis Dumba Bildniß, geradezu flach aber ist
Zeniseks Bild des Kardinals Schönborn.
wie weit es mit der Akademie der bildenden
Künste in Wien gekommen ist, wird durch die von
zwei Professoren ausgestellten Arbeiten: Griepenkerls
Exzellenz Haymerle und L'Allemandes Erzherzog
Ferdinand Karl nur zu deutlich gemacht. Für den
Budapester Parkklub hat Ferraris ein Bild Kaiser-
Wilhelms in rother Husarenuniform auf rothem
Grunde mit Fleiß und Geschick doch wenig Kraft
gemalt, ohne den Vortheil, der ihm koloristisch ge-
boten war, auszunutzen.
Von den jungen wiener Malern sind uns be-
sonders zwei durch die Auffassung, die sie in ihren
Bildern zeigen ausgefallen: Schiff und Bruckner.
Ersterer bringt das Bildniß eines jungen Mannes,
der in elegantem Kostüm nonchalant mit über-
schlagenen: Beine in seinen: Fauteuil ruht und seine
Zigarette raucht. Die Figur sitzt gut in: Raume, der
Hintergrund —- ein vornehmer Salon —- ist fein ge-
stimmt, das ganze Bild in Hellen: Tone gehalten,
wir habe«: sofort die Impression eines feinen,
ungezwungene,: Gesellschaftsmannes. Der zweite,
Brückner, der das Bild einer jungen Komtesse bringt,
versteht durch Komposition und Farbe das vor-
nehme Mädchen vortrefflich zu schildern, es liegt ein
zarter Hauch über den: gut charakterisirendem
Bildniß.
Von den Ausländern hat Lenbach ein durch
seine großartige Konzeption hervorragendes Herren-
bildniß aus dem Besitze des Herren Max Ritter
von Gomperz und H. Fechner ein vortreffliches Porträt
des Prinzregenten von Bayern und eines des Schrift-
stellers Raabe ausgestellt. Keberzeugend charakterisirt
G. Ludwig Meyn in seinem Doppelbildniß die Schau-
spieler Kainz und Müller.
Von den Arbeiten, die religiöse Themen be-
handeln, sei Kasparides: „Ich bin der weg — die
Wahrheit — das Leben," erwähnt. Thristus geht
an der Spitze eines langen Zuges einen: in der
Ferne leuchtenden Kreuze zu, doch die ihm folgen
sind abgehärmt und elend, ohne Kraft und ohne
Leben, sie bewahrheiten durchaus nicht die Worte,
die der Künstler dem Werke beigesetzt hat. Auf
dem Bilde des Müncheners Hoffmann von Vestenhof
„Zwei Messias" sieht inan in einer engen Straße
einen prunkvollen Festzug, in deren Mitte der Gegen-
stand der Verehrung: das goldene Kalb getragen
wird, mit Musik und Kriegern, Priestern und nackten
Frauen über Stusen herabziehen. Bescheiden an die
wand zurückgedrängt, betrachtet Thristus, umgebeu
von seinen Jüngern, das Schauspiel. Viel be-
deutender, dem Inhalt und der Form nach, ist das
Kolossalbild des Norwegers Skredsvig: „Des Menschen
 
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