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Die Kunst-Halle — 4.1898/​1899

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Nummer 2
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Haller, Armin: Ein Brief Friedrich Geselschap's
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Gustav, Leopold: Aus München
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https://doi.org/10.11588/diglit.63302#0033

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Nr. 2

Die Kunst-Halle

23

Amsterdam thätig ist, durch den Rang seiner steche-
rischen Leistungen sich ein Anrecht auf das allgemeine
Interesse erworben, Eo verschiedenartig auch das
Schaffen beider, des Malers und des Linienstechers,
sich von Anfang an gestaltete, sie gehörten doch der-
selben künstlerischen und geistigen Sphäre an, die
durch keinen Geringeren als Cornelius in dem
rheinischen Kunstorte einst erzeugt wurde. Frühzeitig
von einander getrennt, hielten sie doch die gemein-
samen Iugenderlebnisse, die herrlichen Erinnerungen
an das alte fröhliche und innige Düsseldorfer Kunst-
treiben, der gleiche Eifer für ein ideales Ziel durch
die Reihe der Dezennien im brieflichen Konnex. Sie
unte. richteten sich gegenseitig über ihre künstlerischen
Pläne, und Geselschap, der in früheren Jahren eine
sehr mittheilsame Natur war, ließ sich gern über die
Verhältnisse in Berlin offen aus, zumal dann, wenn
er sich manchen Aerger frisch von der Leber herunter-
schreiben wollte. Ungefähr gleichzeitig als Stang
durch seine großen Blätter berühmt wurde, begründete
auch Geselschap durch seine gedankenreichen Fresken,
zumal die in der Berliner Nuhmeshalle, seinen Ruhm.
Und so waren denn grade diese Jahre, da der Line
viel von dem Andern in den Zeitungen las und
auch sonst hörte, geeignet zu regem Meinungs-
austausch.
Es ist vielleicht nur Wenigen heute bekannt, daß
Geselschap, bevor er seine Malereien im Kuppelsaal
der Ruhmeshalle ausführen durfte, erst dem alten
Kaiser Wilhelm I einen Begriff von der dekorativen
Wirkung seiner malerischen Ausschmückung der Kuppel
und der Segmentflächen darunter geben mußte. So
ließ er denn die obere Hälfte des Kuppelsaales im
kleinen Maßstab sorgfältig bauen und klebte dann
seine in Wasserfarben ausgeführten geplanten Bilder
in das Modell hinein. Alsdann führte er den Kaiser
unter diese Miniaturkuppel, und das Lrgebniß war
dessen freudige Zustimmung und der definitive Auftrag
zur Ausführung des künstlerischen planes. —
Der Brief, den wir untenstehend von Geselschap
veröffentlichen, beschäftigt sich dagegen nicht mit den
eigenen Dingen, sondern mit einem Werke des
Empfängers, freilich den: bedeutsamsten des Stang-
schen Grabstichels, dem Hl. Abendmal Lionardos,
einem bewundernswerthen reinen klassischen Linien-
stiche, der wohl ohne Zuhilfenahme der Radirnadel
doch die volle malerische tonige Schönheit der
Radirung mit der edlen Linienführung des Kupfer-
stiches verbindet. Nicht nur des Empfängers wegen,
dem erst kürzlich Kaiser Wilhelm II durch Ueber-
sendung seines Porträts eine schöne Ehrung erwies,
sondern mehr um Geselschap's anerkennende und
völlig neidlose Art einem andern Künstler gegenüber
zu bestätigen, sei dieses vor ca. sO Jahren verfaßte
Schreiben der Aufmerksamkeit des freundlichen Lesers
empfohlen.

Sehr verehrter Freund!
Nach der Rückkehr von Dresden empfing ich Ihren
lieben Brief und eilte gestern zu Meder, welcher mir
Ihren Stich des Abendmales v. Leonardo im besten
Lichte zeigte und kann Ihnen mittheilen, daß ich selten
einen so vortrefflichen in jeder Beziehung klassischen
Stich, der dem Griginalwerke des großen Meisters
würdig ist, gesehen habe. Köpfe und Hände, zu welchen
ja namentlich viel Wissen und Können gehört, sind
außerordentlich schön ebenso die Gesammthaltung und
ich freue mich, daß Sie alle Hülfsmittel erschöpft
haben um die Charakteristik der herrlichen Iüngertypen
und die des Heilandes in so glücklicher Weise bei aller
Schwierigkeit wieder erstehen ließen, so daß man Ihnen
dankbar sein muß für dieses höchst schwierige aber ganz
gelungene Unternehmen und ich gratulire Ihnen von
Herzen zu dieser Ihrer neuesten That. Leonardo ist in
unserer modernen seichten Zeit leider wenig begriffen
wie alle klassischen Meister auf den Gebieten
ernster großer Kunst, aber es wird sich dennoch eine
Gemeinde feinfühlender Menschen finden, denen das
verständniß für eine Heere Kunst nicht verloren gegangen
ist und diese werden es sein, von welchen Sie Dank
und Erfolg erwarten können. Auch möchte ich Ihnen
noch sagen, daß ich die Art des Stiches, welcher das
Wesen der Radierung mit dem Grabstichel vereinigt
darzustellen scheint, mich höchst sympathisch anmuthet,
denn ich kann nicht verhehlen, daß mich mancher Stich
durch seine harte Linienführung, die Sie gänzlich ver-
mieden haben, hierdurch kalt läßt, weil das Wesen der
Malerei in seiner Weichheit nicht erreicht wurde und
Ausdruckslos wird, von Hans Meyer die besten Glück-
wünsche und seine volle Anerkennung.
Somit herzlichste Grüße an Sie und Ihre liebe
Frau und nochmaligen besten Dank für Ihren lieben Brief
Ihr
Berlin d. 29. Mai ^888. Fr. Geselschap.
Lützowplatz t2.

Aus Uüycbey.

^^m „Kunstverein" findet eine Kollektion Bilder
von Ernst G. Simonson - Castelli gewisse Be-
achtung, so wenig inan auch hier wie in Berlin,
Frankfurt a. M. u. a. Vrten, wo die Ausstellung
bereits früher war, trotz des hohen technischen Könnens des
begabten Dresdener Künstlers, den Mangel individueller
Ausdrucksformen übersieht. Da die „Kunst-Halle" diese
immerhin sehenswertste Kollektion im vorigen Jahrgang
schon ausführlich besprochen hatte, dürfen wir uns die
Wiederholung versagen. Im Kunstsalon von Fleisch-
 
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