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Die Kunst-Halle — 4.1898/​1899

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Nummer 19
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Schmidkunz, Hans: Leipziger Kunst
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Imhof, Franz: Berlin: Zwei Atelierausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.63302#0341
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Nr. (9

—-L- Die Aun st-Halle

297

Wien Tonätzungen („Autotypien")/ die Z. B. Metallisches
gut wiedergeben. Daß auch Meisenbach, Riffarth und Eo.
in diesen: Sinne verdienstvolles bieten, überrascht nicht;
ihre, „in einer Lorn: gedruckte" „Dreisarben-Buchdrucke"
seien noch besonders gerühmt, während wir aus das
Mannigfache, das sonst in Drei- und Vierfarbendrucken, in
farbigen Ansichtskarten (zumal vor: der überhaupt Vieles
bringenden Photomechanischen Kunstanstalt Scheiter und
Giesecke, Leipzig), in naturwissenschaftlichen Illustrationen
u. dgl. geleistet ist, nur mehr verweisen können, sei aus
der Fülle von „Prachtwerken" und Aehnlichem, die das
neben jener Ausstellung liegende Lesezimmer des Vereins
der Buchhändler zu Leipzig — im.Ganzen etwas ober-
flächlich — ziert, die weite Mannigfaltigkeit und der ruhig
vornehme Eindruck der Buchwerke aus G. pirths Kunst-
verlag, München, erwähnt.
Scheiden wir von all dem mit dein Gefühl, daß die
alten Klagen über ein Zurückbleiben des deutschen Luch-
Kunstgewerbes hinter dem sonstigen deutschen Kunstgewerbe
einerseits und andererseits hinter dem ausländischem Buch-
Kunstgewerbe noch immer ziemlich berechtigt sind, so wird
dieses Gefühl leider bestätigt durch eine kleine Ausstellung,
die irr Leipzig vor Kurzem auf ihrem weg nach München
einige Tage lang zu sehen war: dänische Buchkunst,
ausgestellt in der Leipziger Kunstakademie: Pier war man
mit einem Schlag wie in eine andere Welt versetzt, in eine
Welt des wirklich Künstlerischen, und war befreit von der
fabrikmäßigen Geschäftswaare jener heimischen Ausstellung.
Vor allem bekam man selbständige dekorative Leistungen
in Buchbandxaxieren zu sehen — Geringeres freilich in den
inneren („Vorsatz"-)papieren, desto Schöneres aber in den
äußeren, für die Deckel bestimmten Papieren. Vor allen
zeichnet sich darin wohl der Verlag von Anker Kyster aus;
vorwaltend sind es pflanzliche Motive in moderner Auf-
fassung, sehr einheitlich gehalten, reich an Farbigkeit, das
uns sonst so plagende Braun zumal durch Grünliches er-
setzend. Als eine Unvollkommenheit erscheint uns jedoch
die immer noch vorhandene Erinnerung an die Technik des
Malerpinsels. Auch der „Verein für Buchhandwerk" zeigt
bemerkenswerthe Einbände, sie sind gegenüber Kyster mehr
älteren Charakters und gegenüber der dort festgehaltenen
Einheitlichkeit von bunterer Mannigfaltigkeit.
Auf welchen alten — übrigens längst berühmten -
Bestand das dänische Buchgewerbe gegründet ist, bezeugt
das Hauptwerk dieser Ausstellung, ein in großen Dimen-
sionen HSXZSXlS oru und mit hoher Vollkommenheit
gearbeitetes Album. Die Mitglieder eines der mehreren
dänischen Buchfachvereine, des „Vereins der dänischen
Provinzbuchhändler", haben es dem Begründer und Vor-
sitzenden des Vereins, L. E. Milo in (Odense, zum
l so jährigen Fest seiner Firma gewidmet. Der Einband ist
aus hell chamois-farbigem Lhagrin und trägt in der Mitte
ein Widmungswapxen; die einzelnen Blätter enthalten
photographische Porträts und Städtebilder, umrahmt von
ornamentirenden zarten Sepiazeichnungen, die etwas wie
eine dänische Flora ausmachen.
Im deutschen Kunstgewerbe ist bereits versucht worden,
die Entwicklung durch ein vertiefen in die deutsche Flora
zu fördern; man darf wohl auch unserem Buchkunstgewerbe
rathen, auf diesem weg ebenfalls das Seinige zu suchen.
Pans Schmidkunz.

Serlin:
Lmi Utelmaumellungen.
(pierzu die Abbildung.-)

iese jetzt beliebten Atelierausstellungen gehen
in Berlin auf einen zeitgemäßen Vorschlag
zurück, den unser „reaktionäres", „kunstfeindliches", unter
dem „Ausschluß der (Oeffentlichkeit" erscheinendes „Kunst-
blättchen" vor Jahren anzuregen sich erlaubte. Juden:
wir daran erinnern, wollen wir doch zugleich all den lieben
Gegnern der „Kunst-Palle" den Balsam, den jene Gemein-
plätze ihnen ins wunde Perz träufeln, nicht vorenthalten.
Freilich ist unser Kind, die Atelierausstellung, mittlerweile
so kräftig gediehen, daß seinen beträchtlichen Ansprüchen
die „Kunst-Palle" schon räumlich nicht immer genügen
konnte, wir bitten daher für jede vergangene und künftige
Unterlassung bei dieser Gelegenheit feierlichst um Ent-
schuldigung. Zudem ist es ja Aufgabe der Tageskritik, die
Fachpresse darin zu entlasten.
Eine Ausstellung von Prof. Peter Breuer darf aber
selbst in der ungünstigsten Zeit des Jahres nicht übergangen
werden. Die etwas beengten Räume im Akademiegebäude
haben eigens für die Besucher Emxfangstoilette, in Gestalt
von Teppichen, Draperien, Blattpflanzen, erhalten. Der
Künstler hat eine Auswahl seiner Werke in «Originalen
und Gipsabgüssen hier vereinigt. Zuerst frägt man natür-
lich nach seinen jüngsten Arbeiten. So nach den: Modell
für das Bismarck-Standbild, das Breuer als Sieger
in einer engeren Konkurrenz nunmehr ausführen wird.
Er wählte die schlichte, bürgerliche Auffassung der
Kanzlergestalt, wie sie z. B. auch Magnussen bevorzugt;
und das überrascht bei der Eigenart Beider nicht. Feine
Beseelung, die sich wohl manchmal bis zu mühsam ver-
haltener Leidenschaft steigern kann, aber niemals die Grenze
der edlen Linie überschreitet, weiß Breuer stets mit statua-
rischer würde zu vereinigen. Er ist dadurch heute einer
unserer geklärtesten Plastiker; und grade diese Bismarck-
statue offenbart so recht seine künstlerische Tugend des Maß-
haltens. Im pilfsmodell steht hier auch die für die Sieges-
allee bestimmte Gruppe, in deren Mitte Kurfürst Johann
Sigismund den streng historischen Stempel im Kostümlichen
wie als Porträt besitzt. Das Reiterbild Kaiser Friedrichs <11.
für Köln, mit dem kraftvollen Sockel von Schmitz, das hier
sodann im kleinen Modell zu sehen ist, wird wohl noch eine
Aenderung an: Paupte des Kaisers, statt des Lorbeers einen
pelmschmuck, erhalten; er ist hier nicht „Unser Fritz" mit
scherzhaft gekräuselter Lippe, sondern ganz „(Oberster
Kriegsherr".
Line eigenthümliche statuarische Schöpfung Breuers ist
die bronzene Kolossalfigur Karls des Großen, die gleich-
zeitig als Pendant zu L. Manzels peinrich III. im Moabiter
Ausstellungsgebäude aufgestellt ist. Der alte mächtige
Kaiser, den die Volksxhantasie sich nicht so robust und
starr, sondern gern erregt, mit wallendem Barbarossabarte
vorstellt, so etwa wie ihn Breuer selbst früher einmal
skizzirt hatte, trägt hier den geschichtlichen Schnurrbart und
eine primitive Krone. Lehrreich ist es immerhin, zu sehen,
was künstlerisch manchmal herauskommt, wenn ein Bildner
auf den Pfaden geschichtlicher Reflexionen wandelt, weit
unmittelbarer wirkt doch die Breslauer Suarez-Statue auf
 
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