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Die Kunst-Halle — 6.1900/​1901

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Nummer 4
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W., D.: Die Goldschmiedekunst zur Zeit Benvenuto Cellinis
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Rücklin, R.: Die Emailkunst auf der Pariser Weltausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.65263#0066
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52

4- Die Kunst-Halle -L-

Nr.

Merkmale der italienischen Renaissance des s6. Jahr-
hunderts ist die künstlerische Thätigkeit des am
3. November f500 als der Sohn eines Florentiner-
Architekten geborenen Benvenuto Lellini.
Lellini war, obgleich er hin und wieder dem
Zuge der großen Plastik huldigte, im Grunde ge-
nommen jederzeit ein Goldschmied und schuf als
solcher in jeder gebräuchlichen Art von Schmuck-
gegenständen und Ziergefäßen Meisterwerke, die für
seine Zeit mustergiltig waren und jene mit der
Modernen gemeinsamen Züge trugen, die wir vorher
angedeutet haben. Leider kennen wir nur sehr wenige
seiner Merke und die meisten nur aus seiner eigenen
Beschreibung. Die vielen Stücke, welche man Lellini
zuschreibt, sind wohl zum Theil aus seiner Zeit, aber
kaum auf ihn als Urheber zurückzuführen; daß man
aber so unendlich viele Kunstwerke aus dem f6. Jahr-
hundert als von ihm herrührend bezeichnet,
dokumentirt Lellinis große Bedeutung, die selbst
dadurch in den Augen der deutschen Goldschmiede
um nichts geringer wird, daß wir auch in Deutsch-
land ebenbürtige Meister wie Wenzel Zamnitzer
besaßen.
Line besondere Bedeutung für uns hat Lellini
noch durch seine fachschriftstellerische Thätigkeit, welche
uns werthvolle Aufschlüsse über die damalige Technik
verschafft und Winke giebt, die uns noch heute von
großen: Dortheil sein können. Er schrieb unter-
anderem eine Abhandlung über Goldschmiedekunst,
welche in 56 Kapiteln Vorschriften ertheilt über
Niello, Filigran, Email, Edelsteinkunde, Fassung und
Aufbringung von Edelsteinen, das Schneiden von
Stempeln und prägen von Münzen und Medaillen,
über die große Gefäßbildnerei und ihre Techniken,
wie Gießen, Treiben, Vergolden und Färben der
Metalle. Diese Abhandlung, welcher in jedem Punkte
eine große Meisterschaft in der Praxis ihres Verfassers
vorausging, ist mit großer Klarheit geschrieben und
kann in vieler Beziehung noch heute als ein Hand-
buch für den Gold- und Silberschmied gelten. Sie
zeugt aber auch davon, daß die Technik der Renaissance
in der Goldschmiedekunst durchaus nicht hinter der
unsrigen zurücksteht, ja sie sogar nicht selten übertrifft,
und ferner, daß Lellini ein Meister von einzig da-
stehender Vielseitigkeit war.
Von den wenigen authentisch von Lellini her-
rührenden Werken sind die bekanntesten das große
Salzfaß in der Kaiser!. Schatzkammer in Wien, die
„Nymphe von Fontainebleau" und die perseus-
Statue in der DoAAia äsi laiwi seiner Vaterstadt
Florenz. Das erstgenannte Salzfaß ist eines der häufig
auf Fürstentafeln der Renaissance zu findenden großen
Ziergefäße, die man „sslerlg," nannte. Es zeigt die
in Silber plastisch dargestellten Figuren des Neptnn
und der Kybele als personifizirung des Meeres und
der Erde, umgeben von reichem allegorischen und
ornamentalen Schmuck. Gegenüber den beiden ge-
zwungen dasitzenden mythologischen Figuren des Salz-
fasses ist allerdings die Bronzestatue des Perseus künst-
lerisch bedeutender, in beiden Werken aber eine
klassische, auf Anatomiestudien zurückzuführende Formen-
beherrschung wahrzunehmen, die die Genialität Lellinis
in beredter Sprache preist.
G. w.

Vie Arym'Ihuysk auk äer
Dariser WelkausskelluyA.
Von R. Rücklin.

eit mehreren Zähren verfolge ich mit be-
sonderem Interesse die Wandlungen in der
modernen Emailkunst, oder vielmehr die
Wandlungen, welche zu einer Moderne in unserer
Lmailkunst führen könnten. Ls ist klar, daß von
einer solchen wohl erst die Rede sein kann, wenn
wenn unter unsern Emailmalern einmal eine schöpfe-
risch beanlagte Künstlernatur ersteht, die mit im-
pulsivem Verständniß für diese edle Technik ihr ein
neues, elementares Leben einzuhauchen weiß. Die
Bestrebungen des Berliner Malers L. Schirm, deren
Ergebniß eine Verwendung des mit Folie unterlegten
Transluzid-Emails in großem Maßstab zur Zimmer-
dekoration und zu Möbeleinlagen ist, haben wohl die
unbedingte Beschränkung des Emails auf einen kleinen
Maßstab durchbrochen, im Uebrigen aber bis jetzt
einen lösenden Einfluß auf das in kleinem Maßstab
arbeitende Email nicht auszuüben vermocht. Und ich
glaube, daß hier doch stets der künstlerische Schwer-
punkt seiner Ausübung liegen wird, weil das Email
eben für die farbige Verzierung von Schmuck und
Kleingeräth in Edelmetall die einzige Technik darstellt,
welche absolute Dauerhaftigkeit mit der nothwendigen,
technischen Vielseitigkeit verbindet. Zn diesem Rahmen
haben in England G. Frampton Schmucksachen mit
Emailverzierungen in den denkbar schlichtesten Formen,
in der Wirkung jedoch von großem, dekorativem
Reize, und Hubert Herkomer verschiedene gemalte
Darstellungen, u. A. ein Prunkschild, in der jüngsten
Zeit hergestellt, von denen wohl ein neuer Anstoß er-
hofft werden darf. Zedoch ist diese Bethätigung mit
der Lmailkunst bis jetzt noch nicht umfänglich genug,
um daran weitergehende Hoffnungen knüpfen zu
können. »
Schade, ewig scbade, daß von diesen bedeutsamen
Arbeiten auf der pariser Ausstellung nichts zu sehen
war! England hat uns diesmal mit seinem modernen
Kunstgewerbe in einem Grade im Stich gelassen, der
garnicht genug bedauert werden kann. Für Arbeiten
in Künstleremail bleibt so eigentlich nur noch Frankreich
und Deutschland für die Betrachtung übrig, wobei
ersteres übrigens qualitativ und quantitativ so sehr
überwiegt, daß es als der einzige, wirklich bedeut-
same Repräsentant dieses Faches auf der Weltaus-
stellung angesehen werden muß.
Ls ist wohl nicht überflüssig, hier, ehe ich an die
Besprechung der einzelnen Leistungen gehe, den Stand-
punkt festzustellen, von dem aus ihre Beurtheilung er-
folgen soll. Wenn ich sage, daß dieses derjenige der
modernen Kunstanschauung ist, so ist damit noch nicht
ohne Weiteres festgestellt, welche Anforderungen dieser
an die Emailtechnik stellt. — Was heute in Email
geleistet wird, hat sich der Hauptsache nach aus zwei
(Quellen entwickelt: einmal aus der weißgrundigen
Emailmalerei des f8. Jahrhunderts, die in ununter-
brochener Tradition bis heute fortgepflegt wurde, und
aus dem Email auf dunklem Grund, oder auf durch-
schimmernder Metallunterlage, wie die Renaissance es
entwickelt und die kunstgewerblichen Reformbestre-
bungen zu Ende der siebziger Zahre es wieder auf-
genommen hatten. Technisch sind beide Richtungen
in der letzten Zeit außerordentlich bereichert und viel-
 
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