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Die Kunst-Halle — 6.1900/​1901

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Nummer 9
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Die Erhaltung der Kunstdenkmäler in Sachsen
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Münch, Wilhelm: Denkansätze
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Nr. 9

Die Aunst-Halle

(35

Venlisötrs.
von w. Münch.
H aß der Luxus sich der Kunst günstig erweist, ist all-
bekannt; das Beste am Wohlstand und Luxus ist
überhaupt, daß sie der Kunst förderlich werden. Nun kann
sich aber auch in der Kunst selbst wieder eine Art von Luxus
entfalten, der vielleicht als recht volle Blüthc derselben
empfunden werden mag, aber in Wirklichkeit doch mit
Entartung nahe zu berühren droht. Bei der Musik gehört
dazu nicht blos die Massenform der Aufführungen, sondern
auch die lleppigkeit der Instrumentation und das schwelgende
Eich-Hin- und -Herwerfen in Akkorden und Tonarten; bei
der Architektur nicht bloß die Ueberfülle der Ornamente
und nicht bloß die Kostbarkeit des Materials, sondern auch
die gleichzeitige Dienstbarinachung aller Etilarten; und auch
die übrigen Künste stellen sich zu Zeiten in luxurirender
Entfaltung dar — se auf eigene Art
4?
Die Kunst muß vielleicht einmal eine Zeitlang auf-
hören, Gesundes zu erzeugen, nm dann später wieder für
das Gesunde Kraft gesammelt zu haben. Auch uns Ein-
zelnen geht es sa so, daß wir Zeiten haben, wo wir uns
in Minderwerthigkeiten Herumtreiben, ohne aus dieser
Ephäre heraus zu können, aber doch auch, ohne für immer
darin gebannt zu sein.
Wie viele der Künstler der Gegenwart glauben ihre
Individualität auszuleben, während sie doch nur ihrem Be-
thätigungsbedürfniß genugthun und in allem Objektiven
ganz von außen her, von der Strömung des Tages be-
stimmt werden.
-
Der Künstler dars etwas Weibliches an sich haben;
es wird ihm nicht übel genommen, weder von Männern,
noch (was inehr betont werden muß) von Frauen. Diese
verstehen ihn damit um so voller und können sich auch
rückhaltloser begeistern. Er steht gewissermaßen über den
Geschlechtern, wie die Kinder darunter stehen, Nicht ganz
selten freilich erlaubt sich der Künstler auch weibisch zu
werden, worauf dann mindestens die Männer ihn preis-
geben, und ans der anderen Seite ergreifen die Künst-
lerinnen oft etwas Männisches, womit sie jedenfalls
nicht zur Höhe über den Geschlechtern gelangt sind, sondern
etwa nur in eine Sphäre neben ihrem Geschlecht. In
unseren Tagen freilich dars man dagegen keine predigt
halten, da der Zug der Zeit zu stark ist und inan in Ge-
fahr käme, von den neuen Bacchantinnen (wie einst
Pentheus) zerrissen zu werden.
(Neue Jahrbücher für das klassische Alterchmn, Geschichte und deutsche
Litteraiur IIP so.)
X
Vie kwaltung
M KunEnkmäler in Zacdsen.
Kommission zur Erhaltung der Kunstdenk-
mäler im Königreiche Sachsen, eine laut Ministerial-
verordnung vom 29. Juni (89^ auf Ersuchen des Königl.
Sächs. Alterthumsvereins genehmigte Sonderbehörde, hat

jüngst einen Bericht über ihre Thätigkeit in den Jahren
1898 und (899 veröffentlicht (Dresden, Druck von Meinhold
und Söhne). Daraus ist als für die Oeffentlichkeit von
Interesse hervorzuheben: die genannte Behörde hat zu be-
gutachten: Welche öffentlichen Kunstdenkmäler sind
zu erhalten und auf welche Weise? Welche sind
wieder herzu st eilen? Welche sind aber gar zu be-
seitigen? Welchen Gesuchen ferner um diesbezügliche
Staatsbeihilfeu ist zu entsprechen? Ebenso führt die Kom-
mission die Aufsicht über die im Königreiche vorhandenen
Kunstdenkmäler und ertheilt Rathschläge zu ihrem Schutze.
Der Borsitz und die Geschäftsleitung steht einem Rathe
vom Ministerium des Innern zu, zur Zeit dem Geheimen
Regierungsrathe Dr. Roscher. Gegenwärtig soll die Kom-
mission erweitert und durch besondere Pfleger in den
einzelnen Landestheilen ergänzt werden. An gedruckten
Mittheiluugen veröffentlichte sie bis jetzt 20 Hefte unter
dem Titel: Beschreibende Darstellung der älteren
Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen
— insgesammt 2235 Seiten Text, (272 Textbilder und
2-1? Beilagen. Ferner wurden im Ganzen bei 689 Ein-
gängen 36 Sitzungen abgehalten. Die Erhaltung mehrerer
Steinwerke, so die der berühmten goldenen Pforte am
Dome zu Freiburg, des Todtentanzes auf dem inneren Fried-
Hofe zu Dresden-Neustadt, eines Sandsteinreliefs, und die
Restaurirung des ebenfalls aus Elbsandstein gebauten
Dresdner Zwingers veranlaßten die Erwägung, ob Fluate
und andere Imprägnirungsmittel am Haustein
zur besseren Erhaltung anzuwenden seien. Der
Kommissionsbericht besagt über diese wichtige Frage, daß
die Ansichten der Sachverständigen hierin noch weit ausein-
andergehen; die einen nämlich halten eine Tränkung der
Oberfläche von plastischen Werken für einen werthvollen
Schutz gegen Verwitterung, andere warnen im Gegentheil
davor, da durch eine solche Schutzdecke die Verdunstung der
aufsteigenden Bodenfeuchtigkeit und des Regenwassers, das
durch feine Lücken und Risse des Ueberzugs eingedrungen
sei, gehindert werde. So erachtete inan es schließlich für
nothwendig, das Ministerium um die Berufung von Sach-
verständigen für diese Linzelfrage zu ersuchen; nach an
„verschiedenartigen und verschieden verwitterten Hausteinen"
gemachten Imprägnirungsversuchen erwarte man einen ein-
gehenden Bericht des Ergebnisses. Das Ministerium ent-
sprach der Bitte: von der ernannten Versuchskommission —
acht Mitglieder: drei Professoren von der Technischen Hoch-
schule zu Dresden, ein Professor der dortigen Kunstakademie,
ein Mitglied der Kunstdenkmälerkommission, von der hier
die Rede ist, zwei Bauräthe, ein Lehrer von den Technischen
Lehranstalten zu Chemnitz — wurden bis jetzt drei Sitzungen
abgehalten. Das Ergebniß aber der eingeleiteten praktischen
versuche ist, da auch die Zeit zu sichtlichen Erfolgen offen-
bar zu kurz war, noch ein ungeklärtes. Obschon man in
Berlin mit Keßlerschen Fluaten, mit denen man vom
September Z895 bis Juni (896 20 Gebäudeflächen tränkte,
„gute" Erfolge erzielt habe und z. B. auch die Nadel der
Kleopatra in New-Hork mit Wachs überzogen sei, so müsse
man doch eine größere Anzahl angegriffener Sandsteinstücke
— Sandstein kommt in Sachsen vornehmlich in Frage —
chemisch, geologisch und mechanisch untersuchen und an
ihnen hernach versuche mit wachs, Paraffin, Wasserglas-
lösung, Testalin und Keßlerschen Fluaten anstellen. Zu
ermitteln sei auch, ob im Auslande Veröffentlichungen über
derartige Imxrägnirungsergebnisse erschienen seien. Die
 
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