Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst-Halle — 6.1900/​1901

DOI Heft:
Nummer 9
DOI Artikel:
Die Erhaltung der Kunstdenkmäler in Sachsen
DOI Artikel:
Wirth, Albert: Maltechnische Streifzüge
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.65263#0160

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die Kunst-Halle

Nr. 9

(36

erforderlichen Mittel zu den weiteren versuchen bis zur
Höchstsumme von 2000 M. wurden von den Landftänden
bewilligt.
Die Restaurirung des durch Ruß, Kolsiengas, Staub
n. s. w. stark beeinflußten Dresdner Zwingers (bekanntlich
ursprünglich als Schloßvorhof gedacht, jetzt für Sammlungen
bestimmt), die inan seit zwanzig Jahren betrieb, so zwar,
daß man die Verwitterungen durch Zementguß ersetzte und
das Abstechen der Neutheile durch Ueberzug von Firniß unter
Farbzusatz mit nachfolgendem wachsen verkleidete, erregte
endlich den berechtigten Zweifel, ob das bisher eingeschlagene
Verfahren mit dem Surrogat, welches doch dem Sandstein-
charakter widerstrebe, angemessen sei; ob man nicht viel-
mehr den ursprünglichen Stoff des Bauwerks selbst, also
wiederum nur Sandstein, zur Ausbesserung benützen müsse.
Nach eingezogenen Erkundigungen sei auch in anderen
Ländern der Ersatz alter Bautheile durch Zementguß ver-
worfen worden, obschon man z. L. in England bereits
ungefähr t800 Ergänzungen damit vorgenommen habe.
Hingewiesen wurde auch auf den Gegensatz, den bezüglich
der Ausbesserung die von William Morris*) gegründete
englische „Gesellschaft zum Schutze von Altbauten" (8ooiety
tor tke Protection ol Rncient 6ui1äin§s) einnimmt: die
Gesellschaft verwirft nämlich nicht nur das Ueberarbeiten,
sondern das Einfügen neuer Theile in den alten Bau über-
haupt. Sie betrachtet moderne Zuthaten als Fälschungen
von überkommenen Kunstdokumenten und will allein mög-
lichsten Schutz vor verfall und Erhaltung des inneren
Bauorganismus, keine Ausbesserung. Da inan jedoch er-
kannt hat, daß ein solches gewiß an sich pietätvolles Pro-
gramm nicht durchführbar ist, so steht inan auch im konser-
vativen England zur Zeit auf folgendem Standpunkte:
vermeide nach Möglichkeit einen Eingriff in den künst-
lerischen Bestand des Baus, ersetze mit alleräußerster Be
schränkung nur solche Theile, deren Schadhaftigkeit ent-
weder konstruktiv bedenklich ist oder den Bau wesentlich
entstellt, Einsturz drohende Theile trage ab, aber die
nummerirten alten Steine benutze, wenn irgend zulässig, beim
Wiederausbau, oberflächliche Unschönheiten dulde!
In einem Anhänge giebt der Bericht Rathschläge für
die Veranstaltung von Alterthümer - Ausstellungen; vor-
geschlagen werden u. A. folgende Ausstellungsabtheilungen-
vorgeschichtliche Alterthümer, kirchliche Alterthümer, Gegen-
stände der Grtsgeschichte, Waffen, bezw. Kriegserinnerungen,
Urkunden, Schriften, Bücher, Trachten und Schmuck, Textile
Erzeugnisse, Keramische Arbeiten, Metallarbeiten, Holz-
arbeiten, Münzen, Uhren, Bilder, worunter auch Repro-
duktionen fallen, verschiedenes. Uebrigens bestehen im
Königreiche Sachsen, das seinem äußeren Umfange nach
nur ungefähr den H5. Theil des deutschen Reiches aus-
macht, bereits in 25 Ortschaften Sammlungen von Alter-
thümern.
Auch wir wünschen der in Rede stehenden Kommission,
deren Arbeitspensum fürwahr kein geringes ist, einen
ferneren gesegneten Erfolg ihrer Wirksamkeit. R. w.
*) Der bekannte Dichter, Maler, Kunstgewerbler und
Sozialist; über ihn wäre neuerdings zu vergleichen das
Werk von A. vallance: IVilliom lilorri«. Ili« art, Ms
vritinKS null KLs publio llks. XVItb portr. 8. placke«.
Dauäou 1897. Imp. Zo.

Mslkechyische SkpeikLüKe.
Alte Deckengemälde. — Fresko oder Tempera?
or einiger'Zeit brachte eine Zeitschrift Bild
und Artikel über ein in einem Sitzungssaal
in München befindliches Deckengemälde
r>on Martin Knoller aus dem Jahre (87^. Darin
wurde mitgetheilt, daß dieses große angebliche Fresko-
bild schadhaft sei und abblättere. Da ich seit Jahren
Süddeutschland, Bayern und Oesterreich bereise und
in den Kirchen, Klöstern und Schlössern die dort be-
findlichen wand- und Deckenmalereien studire, erregte
jene Nachricht natürlich mein Interesse. Gerade
Martin Knoller war mir wohlbekannt. Seine Art
zu malen, kenne ich besonders aus einem seiner-
größten Decken-Gemälde in der Kirche des Württem-
berger Klosters Neresheim, jetzt im Besitz des Fürsten
von Thurn und Taxis. Knollers Bilder entstanden
meist im letzten Drittel des achtzehnten Jahrhunderts.
In Gberschwaben, Bayern und Oesterreich findet
sich aus der Zeit von (720 bis (780 eine Reihe
gut erhaltener Decken-Gemälde, und die Namen der
damaligen heimischen Künstler Alexander Zick, Geg.
Hermann Januarius Zick, Hermann Zingler, auch
die mehrerer Italiener wiederholen sich in den
Kirchen, Klöstern und Schlössern jener Zeit. Alle
jene Gemälde werden in der Regel als Freskobilder
bezeichnet. Nach meiner Ueberzeugung aber trifft
diese Bezeichnung auf die wenigsten Werke jener
Zeit zu. Die Richtigkeit meiner Behauptung wird
wohl durch die folgende Erfahrung unterstützt.
In Biber acb, einer ehemaligen alten Reichs-
stadt (bis (802), befindet sich an der Decke der
Stadtpfarrkirche ein 35 Meter langes und (0 Meter
breites Decken-Gemälde mit ungefähr (08 Figuren.
Die Decke befindet sich (si Meter hoch über dem
Fußboden der Firche. Gemalt ist dieses große Ge-
mälde von Johannes Zick im Jahre (7^6. von
demselben Maler befindet sich auch ein Deckenbild
im Schlosse zu Würzburg im Erdgeschoß.
vor einigen Jahren beschädigte ein orkanartiger
Sturm zur Nachtzeit das Dach der Biberacher Stadt-
pfarrkirche derart, daß zwei 6 Meter große Stücke
Hutz herabfielen.
Mir wurde bei dieser Gelegenheit der Auftrag
zu Theil, die Malerei der Decke wieder zu ergänzen,
was mir um so weniger Schwierigkeiten verursachte,
als ich schon früher eine Aufnahme des ganzen
Deckenbildes gefertigt hatte.
Jetzt zeigte sich bei näherer Untersuchung, daß
das Decken-Gemälde nicht ul kr68ev, sondern in
Tempera gemalt war. Ich malte die Ergänzungs-
stücke gleichfalls in Tempera, und es sind die neu-
gemalten Theile kaum mehr zu finden, so genau
ließen sich die Farben nachmischen.
So wie dieses Gemälde sind wohl die meisten
anderen aus jener Zeit nicht ul krssLO gemalt; über-
einstimmend zeigen sie Farben, welche al frs8eo gar
nicht möglich sind, weil auf Kalk nur eine ganz be-
schränkte Anzahl Farben kalkecht bleibt. Auf alle Fälle
aber blättert ein al frs8L0 gemaltes Bild nicht ab,
sondern die Farbe ist mit dem Hutz versteinert und
läßt sich allenfalls wischen. Manche Fresken sind
zuletzt zwar mit Temperafarben fertig gemalt
worden und kann also bei manchen ein gemischtes
Verfahren stattgefunden haben.
 
Annotationen