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Die Kunst-Halle — 6.1900/​1901

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Nummer 6
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Gustav, Leopold: Münchener Brief
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Jessen, Jarno: Berliner Kunstsalons
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https://doi.org/10.11588/diglit.65263#0105

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Nr. 6

Die Aunst-Halle

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von Welt möglichst wirkungsvoll zu gestalten. Daß hierbei
die Erfassung des Seelischen nicht besonders tief geht, sei
nicht verschwiegen. Lselenefsrauendorfer-Nühlthalers Pastell-
Porträts zeigen Frauen und Rinder stellenweise etwas
weich, aber immer individuell gestaltet. Räubers Frauen-
Bildnisfe sind sicher lebensähnlich und auch gut und
schlicht gemalt. Seine Andromeda ist ein etwas süßlicher
Akt, während die Meereswogen flott gegeben sind. w. von
Bongos Frauenstgur wirkt dekorativ kühl; Lützows Bilder
„Jesus und Judas", „Die Erweckung des Lazarus" w.
haben nicht die sonstige interessante Roloristik; sie wirken
darum doch nicht innerlicher; Runz Meyer zeigt diesmal
eine zeichnerische Entgleisung in den Beinen seines Bauern-
knaben. Theodor Recknagl ist in dem Porträt einer
Matrone viel selbständiger, als in seinen Mädchenköpsen
in Lenbachmanier. Pacher hat aus eine Glasscheibe von
kolossaler Größe eine Madonna gemalt. Diese Gelmalerei
aus mattes Glas zeigt manch' hübsche koloristische Wir-
kung. Nicht ganz einverstanden sind wir mit der Zeichnung
der einen pand. Die Züge der schwebenden Mutter
Gottes zeigen ziemlich typisches Gepräge; frischer ist das
Gesicht des Jesusknaben. Das Modell eines wirklich sehr
glücklichen Schiller - Denkmals haben Bildhauer August
Schneider und Architekt Paul Psann geschaffen. Endlich
einmal kein Schiller für Mädchen-Pensionate; ein lebens-
voller Mann und doch liegt alles allzu Menschliche hinter
ihm im wesenlosen Scheine.
Zum Schluffe ein paar Worte über eine neue Rünstler-
gruxpe: Der Bund. Das wollen ist groß, aber das
Rönnen nicht immer im gleichen Maße. Franken-Webers
Pandora ist als Akt nicht übermäßig interessant; die dem
Gesäß entsteigenden Dämpfe sehen wie Florschleier aus,
wie sie beim Ballet üblich sind. Moors Porträts sind
temperamentvoll, hingestrichen; Theater-Effekte sind nicht
vermieden. Stumpfs Gewitterstimmungen sind recht talent-
voll, durch Alles geht aber die nervöse Unruhe seines
„Ahasver". L. Leonhardt bringt gute Landschaften, Noaks
Bäuerin ist ein zeichnerisch prächtiger Studienkopf. Die
Zeichnungen Schmidt-Pelmbrechts und Gertels Zeichnungen
sind tüchtig, aber zu gedankenschwer. Schwesingers direkt
aus dem Stein gehauenes Porträt-Relief und die Büste
zeigen sehr achtunggebietendes Rönnen. — Wahlverwandte
sind die Mitglieder des „Bundes" kaum.
Leopold Gustav.
Hevliyev ^uyskssloys.
Schulte — Gurlitt- ponrath <L Ban Baerl e.
^^^er Berliner Runstsreund führt ein rechtes Schlaraffen-
leben. Die Leiter der Runstsalons tragen ihm
mit wahrem Bienenfleiß zusammen, was irgend aus dem
überreichen Mahl des internationalen Runstschaffens Schmack-
haftes bereitet wurde. Den regsten Eifer entfaltet nach
dieser Richtung die Firma Schulte. Augenblicklich sind
dort Gerichte aus den letzten Münchener Sezessions- und
Glaspalast-Ausstellungen geboten. Mit einer reicheren
Sammlung als irr München stellt sich der reichbegabte,
junge Paul Schröter vor. Er zeigt sich in seinen perren-
und Damen - Porträts großen und kleinen Formats als
vortrefflicher Eharakteristiker von lebhaftem Farbensinn

und technischer Feinheit. Das Porträt einer Dame in Blau
ist koloristisch und individualistisch eine seine Arbeit, die
nur durch die Behandlung des Hintergrundes und durch
die eckige Pose in der Gesamtwirkung geschädigt wird.
Seine Porträtgruppe vom „Bauernball" erfreut durch be-
sonders gelungene Eharakteristik des feschen Burschen und
durch das reiche Blau und Roth der pastellsarben.
Rrästig setzt er mit breiten Strichen eine moderne Dame
aus die Leinwand. Trotzdem er hier nur schwarze und
graue Töne wählte, kommt die Lebensfrische des Modells
zu voller Geltung. Das Ehepaar Partmann zeigt sich
in mannigfachen Leistungen, die dem Talent jedes Theiles
Ehre machen, während Rarl Partmann in einer Anzahl
Genreschöpfungen seine seine, etwas träumerisch-idyllische
Art, die sich von der Gefahr des Süßlichen sernhält, aufs
Neue bekundet, stellt sich GIga Beggrow-Partmann
in ihren Stillleben mit der männlichen Energie eines
Abraham van Beyeren vor. Ihre „Fische", „Zwiebeln",
„Sonnenblumen und Chrysanthemen" sind in kräftiger
Malerei mit starken Rontrastlichtern und gesättigten Farben
wie altniederländische Werke gelungen. Ein „Studien-
köpfchen" von Rarl Partmann, das einen Jungen im
Bollgenuß der ersten Zigarre zeigt, ist ein wahres Rabinet-
stück vornehmer Behandlung und köstlichen pumors.
Unter den Münchenern fällt Joseph Oppenheimer
mit verschiedenen Porträts aus. Er läuft Gefahr, durch
Robustheit künstlerische Wirkungen zu beeinträchtigen. Das
„Gruppenbild" einer Mutter mit zwei Rindern wirkt kraß
und unruhig. Die Unsauberkeit des pintergrundes, die
Flüchtigkeit der Stoffbehandlung schädigt den Gesammt-
eindruck. Line „männliche Porträtstudie" bringt, besonders
in dem oberen Theil des Ropses, die markigen Züge der
Physiognomie kraftvoll heraus. Das Bild im „Japanischen
Rostüm" wollte den Effekt und hat ihn erzielt. Der Rarls-
ruher Raspar Ritter strebt nach Lhik. Meist malt er
elegante Damen, die wie kleine, geschmackvolle Genrebilder
anmuthen, oder er verhüllt ein leerblickendes Modell in
orientalischen Pomp. Er irrlichterirt von Benjamin-Con-
stant zu Lenbach. Zwei Porträts Ludwig Nosters
zeigen den Rünstler in seiner schweren, aber tüchtigen
Art. Line leichtere pand hat der Schotte George penry,
der etwas von Laverys Schulung in sich ausnahm. In
der Bezeichnung seiner Frauenxorträts als „Grauer put"
und „Federboa" sehen wir ihn zufällige Aeußerlichkeiten
über individuelle Eigenarten stellen. Pier geht die Seele
im Rostüm unter. Geradezu lächerlich wirkt dies bei
dem flüchtig gemalten und koloristisch reizlosen Bildniß
einer Engländerin, die nur ganz „Federboa" sein wollte.
Das hübsche Mädchengesicht unter dem grauen put büßt
glücklicher weise nur wenig von seinem Reiz durch diese
unjugendliche Ropsbedeckung ein. Das Werk erfreut im
klebrigen durch vornehme Ausführung und Tonstimmung.
Werner Begas, der von zwei Musen gelockte Sohn
des großen Vaters, legt hier in drei männlichen Bildnissen
Proben seines embryonischen Könnens als Porträtmaler
ab. Am gelungensten erscheint der bärtige Rops eines
alten perrn, während die Anderen hart die Karikatur
streifen. Es beliebt dem Maler außerdem einen höchst
absurden gelblichen Tori zu wählen. In Adolf Peiler
hat die verwöhnte Salondame einen glücklichen Inter-
preten gesunden. Das lebensgroße Bildniß der „Frau
v. R." wird in Ton und paltung dem Typ dieser ver-
 
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