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Die Kunst-Halle — 6.1900/​1901

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Nummer 5
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Ueber Künstler-Ateliers
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Fischbach, Friedrich: Eierstab-Ornamente
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https://doi.org/10.11588/diglit.65263#0083

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Nr. 5

Die Aunst-Halle

67

dadurch, daß in den: Arbeitsraume neben dem
Hauptlichte auch sog. Spiellichter hervorgebracht
werden können; hierzu müssen Vorkehrungen getroffen
sein, die das Abblenden rc. des Tageslichtes derart
ermöglichen, daß bei der Arbeit zeitweise eine der
künftigen Erhellung des Merkes entsprechende Be-
leuchtung geschaffen werden kann.
Bei der Mahl eines Bauplatzes ist, neben der
Erwägung aller vorhandenen oder möglicherweise
noch entstehenden Lichtschwierigkeiten, daran zu denken,
daß das Atelier an der fraglichen Stelle keinen Er-
schütterungen ausgesetzt und daß hier das Zufahren
der rohen Steinblöcke und das Abfahren der fertigen
Bildwerke in genügend einfacher, bequemer Meise
möglich sei.
Für die Umfassungsmauern der Bildhauer-
Arbeitsstätten wird ebenso Massivbau wie Fachwerk-
bau gewählt; letzterer ist nur dann ausgeschlossen,
wenn er die ausreichende Erwärmung der Atelier-
räume im Minter nicht gestattet. Zm klebrigen ge-
nügen die sonst üblichen Wanddicken, solange nicht
Minden oder andere maschinelle Vorrichtungen an
den Mauern anzubringen bezw. zu befestigen sind;
insbesondere erfordern etwa vorhandene Laufkrahne
stärkere Mauern, um auf denselben die Laufbahn
des Urahns mit Sicherheit lagern zu können.
Für die Fußböden größerer Ateliers empfehlen
sich Estriche mehr als Bretterbeläge, wegen der
Bodenfeuchtigkeit im Erdgeschoß, der häufigen Be-
netzung mit Wasser und der starken Abnutzung durch
harte schwere Gegenstände. Zn Rücksicht auf die
Mintertemperatur ist ein Asphaltbelag einem
Zementestrich vorzuziehen; in beiden Fällen ist eine
Schicht hydraulischen Betons als Unterlage zu ver-
wenden. Sind besonders starke Angriffe auf den
Fußboden zu erwarten, so thut man gut, auch ein
Steinpflaster zur Ausführung zu bringen. Für die
Dachdeckung dürfen alle Materialien, Metalle wegen
der Sonnenwärme ausgenommen, zur Verwendung
kommen, wenn sie nur eine genügend dichte Kon-
struktion ermöglichen; sür sehr flache Dächer wird
namentlich Holzzement, sonst aber auch Dachpappe
zu empfehlen sein.
Benutzt man die große Atelierthür zugleich für
Personenverkehr und den Transport der Steinblöcke
und Bildwerke, so empfiehlt es sich, dieselbe drei-
flügelig zu gestalten, sodaß allein der Mittelflügel
für den gewöhnlichen Personenverkehr zu dienen
hätte. Sonst können auch zweiflügelige Thore Ver-
wendung finden. Schiebethore würden manche Vor-
thelle darbieten, wenn sie nur nicht so undicht
schlössen, was zur Winterszeit mit Unzuträglichkeiten
verknüpft ist. Für das große Atelierfenster ist Eisen-
konstruktion, zum Mindesten für die Sprossen, zu
wählen, damit von der Lichtfläche möglichst wenig
verloren gehe. Zur Verglasung verwende man
Dopxelglas; Spiegelscheiben geben durch ihre ge-

schliffenen Flächen zu störenden Spiegelungen Anlaß.
Die Heizung geschieht am besten durch eine Warm-
wasserheizung; doch sind auch genügend große Re-
gulier-Füllöfen nicht ausgeschlossen. Für ausreichende
Wasserzuführung ist Sorge zu tragen.
Die Thonmodelle der Freiskulpturen werden auf
einer drehbaren Scheibe ausgeführt und es muß für
letztere ein ausreichendes Fundament hergestellt
werden. Nicht selten wird die Drehscheibe, behufs
Verschiebbarkeit, auf einen Magen mit gesicherter
Bahn gesetzt. Man hat ferner den kostspieligen
Versuch gemacht, die Modellirscheibe mittels hydrau-
lischen Druckes oder in anderer Meise auch vertikal,
von unten nach oben, zu bewegen, um so die Wir-
kung der Modelle in der Unteransicht bequemer
zu erkennen. Sie kann auch auf einer Schienenbahn
durch das Thor nach außen geschafft werden, wenn
es gilt im Freien zu arbeiten oder von der Wirkung
des Modells draußen unterrichtet zu werden. Die
Schienenbahn dient zumeist für den Transport der
Steinblöcke in den Atelierraum. Sonst kommen noch
Drehscheiben und Drehstühle für lebende Modelle
u. s. w. in Betracht. Endlich erfordert die Aus-
führung großer Bildwerke häufig Gerüste, die leicht
zu konstruiren und zu versetzen sein müsseu, die also
nicht nur zur Arbeit, sondern auch zur Betrachtung
der in der Entstehung begriffenen Skulpturen dienen
können.
Damit hätten wir die Hauptgesichtspunkte für
den Bau und die Einrichtung der Bildhauerateliers
berührt. Zn einem zweiten Artikel werden wir,
unter Führung des Geh. Bauraths Dr. E. Schmitt,
von den Arbeitsstätten der Maler sprechen.
X
Hierstab
Von Friedrich Fischbach.

Bötticher erläuterte in seiner
Tektonik der Hellenen den sogenannten
Eierstab als aneinandergereihte, umgebogene
Blattspitzen und stempelte ihn als speziell tragendes
Ornament, da er eine Belastung als Ursache der
Umbiegung der theils runden, theils spitzen Blätter-
annahm-. Da er auch einen senkrechten Strich da und
dort fand, so mußte dieser die Blattrippe sein, vom
ästhetischen Standpunkte war nichts gegen diese
Deutung einzuwenden. Schließlich stand sie im
Vordergründe der Lehrmeinungen, die den zahlreichen
Schülern Böttichers mathematisch unantastbar galten.
Selbst der sonst eigene Bahnen wandelnde Ornamentist
Prof. M. Meurer bezeichnete jüngst in einem Vor-
trag den Eierstab als botanisches Ornament.
Beifolgende Abbildungen bekunden das absolute
Gegentheil. Schade, daß sie nicht ein halbes Zahr-
hundert früher erschienen sind, denn das damalige
Znteresse für griechische Klassizität ist sehr gesunken.
 
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