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Die Kunst-Halle — 6.1900/​1901

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Nummer 14
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Osten, E.: Frühreife Künstler in England
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Imhof, Franz; Jessen, Jarno [Mitarb.]: Berliner Kunstschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.65263#0254

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220

4- Die A u n st - H a l l e

Nr.

richten, tüchtige Radirungen, die er im Alter von acht
Jahren produzirte, und mit seinem zehnten Jahre war er
einer der geschicktesten Zeichner in England. Drei Jahre
später wurde eine von ihm stammende Zeichnung eines
Bernhardinerhundes von seinem Bruder Thomas gravirt
und veröffentlicht, und der Akademie-Katalog dieses Jahres
enthält den Namen „Meister" L. Landseer, 33, Foby Street",
als des Malers zweier bedeutender Gemälde, eines „Porträts
eines Maulesels" und des „Porträts einer Hühnerhündin
mit ihrem Zungen".
Der „unsterbliche Turner" ivar nicht weniger frühreif
als „Meister Edwin Landseer". Die Thüren der Akademie
standen ihm schon offen, als seine Altersgenossen in Eton
und Harrow noch in den unteren Klassen saßen. Als er
„ein frischer, geschwätziger kleiner Mann von acht Zähren
ivar, mit kleinen blauen Agen, einer Papageien-Nase und
frischem Teint", schuf er eine vorzügliche Zeichnung der
Margate Kirche. Zwei und drei Zahre später wurden
seine Zeichnungen im Schaufenster des seinem Vater ge-
hörenden Ladens zum verkauf ausgestellt und die Bilder
fanden regen Absatz. Einige Wochen nach Vollendung
seines fünfzehnten Geburtstages erschien sein Name in
den: Katalog der Königlichen Akademie als Maler einer
„Ansicht des Erzbischöflichen Palastes, Lambeth".
Zosna Reynolds mar ein geschickter Künstler, lange
bevor er die Geheimnisse des Schreibens und Rechnens
ergründet hatte. Zm Alter von acht Zähren zeichnete er
das Schulhaus von Plympton, in dem sein Vater als
Lehrer thätig mar, und diese Zeichnung bildete lange den
Gesprächsstoff in Devonshire. Lange bevor er die Zwanzig
erreicht hatte, war er als vollendeter Künstler anerkannt.
David wilkie war nebenbei frühreif, denn nach seiner
eigenen Aussage konnte er „früher zeichnen, als lesen,
früher malen, als buchstabiren". Als Züngling von acht-
zehn Zähren schuf er zwei ausgezeichnete Gemälde „Zeres
auf der Suche nach Proserpina" und „Diana und Kalifto"
und gewann eine Prämie von (0 Guineen bei der Trustees
Academy.
kV. E. Roß erhielt im Alter von dreizehn Zähren
einen Preis bei der Society of Arts für eine gute Skizze
„wat Tylers Tod", und im nächsten Zahre erzielte sein
„Urtheil Salomons" die Silbermedaille der Gesellschaft und
einen Preis von 20 pfd.
Charles Barry, der ausgezeichnete Architekt und
Schöpfer des Neuen westminifter-palaftes, war erst fünf-
zehn Zahre alt, als seine „Ansicht des Znnern der Westminister
Hall" die wände der Akademie schmückte. Zu dieser Zeit
war er Lehrling einer Architektur - Firma in Lambeth.
Bemerkenswerth ist, daß Westminister, sein Geburtsort, ihm
seinen ersten künstlerischen Erfolg und eine Generation
später seinen größten Triumph brachte.
Von den späteren englischen Künstlern hat Keiner so
früh begonnen, wie Zohn L. Millais, der im Alter von
neun Zähren der hervorragendste Schüler der Saßschen
Akademie war. Als kleiner Knabe von elf Zähren ge-
wann er einige Studienpreise, und als er siebzehn Zahre
alt war, wurde sein erstes Gemälde in der Akademie aus-
gestellt, das allgemeine Aufmerksamkeit und Bewunderung
erregte.
Markus Stone erstürmte die Festungen der Akademie
im Alter von kaum achtzehn Zähren, obgleich er nie eine
Kunstschule besucht hatte, und von da an fehlte er bei

keiner Ausstellung. Seinen ersten großen Erfolg errang er
fünf Zahre später mit seinen: Gemälde „von Waterloo
nach Paris".
F. Goodall stellte im Alter von sechszehn Zähren sein
erstes Gemälde „The Lard Players" (Die Kartenspieles
in den Räumen der Akademie aus, und ein Zahr früher
hatte er die „Zsis" und die große Silbermedaille der Society
of Arts gewonnen. Aber das bemerkenswertheste Beispiel
frühen künstlerischen Erfolges ist wohl das von venri
Edouard Lortes, der seinen weg in den pariser Salon im
Alter von zwölf Zähren fand.


Wei-Iiyei- Tuyskscchuu,
v Ausstellung der NationalgaIlerie.
ie Schenkurig einer Anzahl von Gemälden und Plastiken
aus der Sammlung des kürzlich gestorbenen Berliner
Bankiers Felix Koenigs hat der beschenkten Staatsgallerie
Anlaß zu einer Ausstellung des gejammten künstlerischen
Nacblasses gegeben. Ein Vorwort des Katalogs giebt in
beredter Ausführlichkeit über die Persönlichkeit des Sammlers
und das erst während der letzten (6 Zahre seines Lebens
geworderre Resultat seines Sammel- und Kunsteifers er-
wünschten Aufschluß. Es wird hier gesagt, daß dieses in
jeden: Falle sehr respektable Lrgebniß „überaus persönlich
gefärbt" sei, einen „starken individuellen Geschmack"
verrathe. Zch muß leider gestehen, daß ich vergeblich nach
dein starken individuellen Geschmack des ehemaligen Besitzers
gesucht habe, der in seinen Räumen Skulpturen von Rodin,
Klinger und L. Brunow, Gemälde von Böcklin, Z. Schaber/
Segantini, Favretto und M. Piltz vereinigen konnte, von
einein bekannten Sprüchwort hat der Autor dieses Vorworts
in der That etwas zu ausgiebig Gebrauch gemacht; und
übrigens, so wünschenswerth in: Allgemeinei: Schenkungen
an öffentliche Zustitute sind, für die hohe Ehrenhalle der
nationalen Kunst liegt darin, bei aller nicht genug zu
preisenden Großmuth, und nicht nur in einer Beziehung
etwas, was zugleich Widerspruch hervorruft, wieder ein
neuer Rodin und drei Plastiken des Rusten Tronbetzkoy neben
Bildern von Favretto, Daubigny, Emile Elans, Segantini,
Anders Zorn u. A. sind die diesmalige Ausbeute für die
Vermehrung der Staatsgallerie, an deren Front die von
der eigenen Gallerieleitung mißachtete Widmung „Der
deutschen Kunst" prangt, wenn das so weiter geht, wäre
die Frage, wann wir endlich hier einen Rodin-Saal —
vielleicht an Stelle des II. Eornelius-Saales, dessen Znhalt
den Beständen der akademischen Hochschule einverleibt werden
könnte — bekommen, wohl nur eine Frage der Zeit. Das
geschenkte Bildwerk ,.KKorwm.6 sb sa zosuses" von Rodin
ist ein ungefüger Marmorblock, an dessen einer Seite ein
nur bis zur Hüfte nach unten entwickelter nackter Mensch
in kann: P4 Lebensgröße einem andern menschlichen Wesen
(nach den: Katalog) Leben einbläst — es könnte auch leicht
das Gegentheil angenommen werden, voi: der Klinger-
fchen armelosen „Amphitrite", die ebenfalls durch Schenkung
an die Gallerte kommt, ist zu melden, daß die Polycromie
des Steines durch häufiges Betasten der Stelle des Unter-
körpers, die der Künstler durch die Meffnung des Gewandes
eigenartig umrahmte, eine unbeabsichtigte Steigerung er-
fahren hat.
 
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