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Die Kunst-Halle — 6.1900/​1901

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Nummer 19
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Meyer, Bruno: Zur Richard Wagner-Denkmals-Konkurrenz: Modelle im Landesausstellungspalast
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Imhof, Franz: Berliner Ausstellungen: die Große Kunstausstellung 1901, (II)
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https://doi.org/10.11588/diglit.65263#0343

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Nr. 19

-z- Die Aunst-Halle

299

Stadt Berlin noch durch die Gebeine aller Fühlenden
rast. — Bei Hermann Hosaeus-Berlin („Stein") ist der
machtvolle Sessel eindrucksvoller, als der daraus
sitzende Meister; noch mehr das lapidare Postament.
Aber dessen Größe kann doch nicht mit dem völligen
Mangel jeglicher weiteren Zuthat versöhnen. Hans
Dammann - Lharlottenburg („Richard Wagner-
Brunnen") hat den an sich nicht üblen Gedanken,
solch' Denkmal in Form eines Brunnens zu gestalten,
durch die Ausführung' umgebracht. Nur als Büste
ragt der Meister aus endlos langem, nackten:, vier-
kantigem Pfeiler in die Luft; links und rechts eine
nichtssagende, unmögliche, sitzende, weibliche Figur,
vorn ein Schwan. Bildhauer E. Beyrer und Archi-
tekt Franz Renk-München („Prüfer") haben sich zu-
sammengethan, sind aber nicht recht zusammenge-
kommen. Line ausgezeichnete sitzende Figur mit zwei
sehr sprechend bewegten Händen thront aus dem in-
teressanten Ausbau des massigen Postamentes (dem
Herterschen von Weitem verwandt), an dem nur
noch ganz untergeordnetes Relieswerk erscheint.
Line originelle Idee hat Gustav Lberlein-Berlin
(„Harmonie") durchgeführt: der Meister sitzt (recht
unbequem) vor einem hohen viereckigen Ausbau nut
unmöglich verrenkten Schwänen als Lckverzierungen.
Dieser trägt eine flöt: komponirte Gruppe: die Muse
küßt den Dichter, der schüchtern in ihre Leier greift.
Dieser Anordnung liegt das richtige Gesühl zu
Grunde, daß der im Denkmale Gefeierte, wenn er
auf einem beträchtlichen Unterbau zu stehen kommt,
durch die räumliche Entfernung den: Auge (und
leider auch den: Interesse) des Beschauers allzu sehr
entrückt wird. Aber schlimmer ist es doch noch, wenn
er zu einer Art von Dekoration eines auch ohne ihn
selbstständigen und abgeschlossenen großen Ensembles
herabgedrückt wird. —
Das ist die „engere Wahl" des Preisgerichtes.
Zur Ehre der deutschen Bildnerei aber darf gesagt
werden, daß das Material vorhanden gewesen wäre,
eine erfreulichere Blumenlese zu veranstalten. Eber-
lein hat sich noch zu zwei Entwürfen bekannt („Mu-
sikalische Gestaltung" und „Deutsche Musik"), beide
mit stehenden Figuren in üblicher Anordnung, von
denen namentlich die zweite recht ausdrucksvoll ist;
auch die Vordergruppe des Postamentes hat schönen
Fluß. — „Oper und Drama" ist freilich nur eine
gute stehende Figur, wie „Linde" eine gute sitzende;
aber „Tannhäuser und Lohengrin" hat zu dem mit
der Feder in der Hand Sitzenden aus den im Motto
genannten Musikdramen zwei vorzüglich angelegte
Seitengruppen entnommen: eine entschieden be-
merkenswerthe Anordnung. — Der stehende Wagner
in dem Entwürfe des Bildhauers Viktor Seifert und
des Architekten Joseph weiß („Durch Nacht zum
Licht") ist wohl zu weich, aber sehr ansprechend, die
(nur architektonische) Gesammtanlage hübsch.
Unbegreiflich erscheint es, wie ein zweiter Ent-
wurf mit dem Rennworte „Harmonie" hat über-
sehen werder können. Der stehende Wagner mit
Notenblatt und Dirigentenstab in der linken Hand ist
eine der allerbesten Figuren, an temperamentvoller
und treffender Charakteristik kaum von einer anderen
erreich:. Ebenso durch das Schwergewicht der Idee
überragend ist der Grundgedanke des Postamentes:
Die urdeutsche Rraft der Dichtkunst, vereint mit den:
Wohllaute der Harmonie, schafft des Meisters uu-
sterbüche Werke. Die kraftvollen und formvollendeten
Figuren verkörpern diesen Gedanken sprechend. Ich
glaube die Hand Johannes Pfuhls (Grünewald) in

dem Werke zu erkennen. Ebenso hätte wegen seiner
eigenartigen und glücklichen Verbindung der Sockel-
figuren unter sich und nut der Hauptfigur der Ent-
wurf „Muse" hervorgehoben werden sollen: Psyche
zur Rechten, in die Leier des sitzenden Meisters
greifend, erweckt zwei vorn links ruhende urdeutsche
Recken. — Auch „Deutscher Mythos" ist be-
achtenswerth: gute sitzende Figur, aufblickend; vorn
sehr schöne Gruppe eines Barden, an den ein blühen-
des Weib sich anlehnt. — „parsival" setzt gleich
Lberlein den Meister vor einen großen viereckigen
Aufbau, aber weniger untergeordnet, daher in der
Idee besser. — Eine ganz frappante Lösung bietet
endlich „Nibelungen": die sehr gute sitzende Figur
ruht auf einen: romanisirenden, kräftigen Postamente.
An dessen linker Seite hin nach vorn herum (Ge-
sammt-Massenvertheilung imposant!), zieht sich eine
höchst schwungvolle Gruppe von Figuren aus
Wagners Werken.
Diese Nachlese macht — scheint's — einen
besseren Eindruck als die Auslese!
Bruno Meyer.
X
Aerliyer AasskelluyKey.
Die Große Kunstausstellung syot- (II.)

ie diesjährige „Große" stellt dem Kritiker eine sehr
schwierige Aufgabe. Sie führt ihm die verschwen-
derische Fülle der Werke — es sind weit über 2500
Nummern vorhanden — nicht in scharf gesonderten über-
sichtlichen Gruppen vor, in welchen man sich bequem
zurechtfinden kann, sie bietet ihm erstaunlich wenige klang-
volle Namen berühmter Zeitgenossen, deren Ligenart
man schon kennt und von deren Höhenkunst aus sich das
klebrige in angemessenen Abständen leicht betrachten ließe.
Nein, und leider Nein. Ls ist eine Ausstellung von
Unberühmtheiten, wie sie in solchem Umfange selten
zusammenkommt. Berlin fast allein ausgenommen, fehlen
— da Lenbach bei der Niederschrift dieser Zeilen erst
erwartet wurde — so ziemlich alle Sterne auswärtiger
Kunstorte, wenigstens so weit es die Malerei angeht.
Ich würde einen interessanten Artikel schreiben können,
würde ich mich mit allen Koryphäen beschäftigen, die hier
nicht „gastlich zusammenkamen". Ulan wandelt durch
die kühlen weiten Räume und sieht sich überall Neulingen
gegenüber; nicht etwa neuer Kunst. Selbst in den früher
für die Renommirten bestimmten Hauptsälen hängen jetzt
die Arbeiten von Uinz und Kunz. Und Hinz und Kunz
arbeiten keineswegs schlecht. Lin braver, tüchtiger Durch-
schnitt verräth sich allerwärts, eine Rückkehr zu solider
Mache, zu bewährten alten Rezepten und Motiven im
Genre, im Blumenstück, in der Landschastschilderung, die
wieder die topographisch interessanten Gegenden bevorzugt,
zu pittoresken Kriegsszenen, zu hingelagerten Akten, zu
pikanten Kostümfiguren u. a. verhüllten und unverhüllten
Sinnlichkeiten, die den Beschauer amüsiren sollen und sich,
ein farbenbuntes Ensemble, gleich einem ungeheueren
Bilderbogen vor unseren Blicken ausrollen.
wir wollen, da die hohe Kunst in diesem Jahre andere
Schauplätze bevorzugte, dem Berliner Salon von tyo; nur
ein paar Artikel widmen und rechnen daher aus die
Absolution unserer verehrten Freunde, wenn wir
manches verdienstvolle Werk übergeh'en. Unsere Freunde
 
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