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Die Kunst-Halle — 6.1900/​1901

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Nummer 2
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Frankfurt a. M. Kunstbericht
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Imhof, Franz: Berliner Kunstsalons
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https://doi.org/10.11588/diglit.65263#0035

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Nr. 2

4- Die Aunst-Halle -4-

23

ist ein kleines Strandbild mit der blauen Wasserfläche in
der Ferne. Liier ist der Natureindruck ein vollkommener
und jeder Strich verrätst hier die spielende Sicherheit des
Meisters. — Line Sammlung Wolkenstudien in Pastell von
Hans Christiansen-Darmstadt schwelgen in sezessionistischen
Farbenskalen und erinnern an moderne Glasmalereient-
würse. — Ludwig v. Zumbusch-München ist mit ein paar
charakteristischen Bildchen vertreten, die aber keine rechte
Vorstellung davon geben, was dieser talentvolle Maler in
Wirklichkeit kann. Lenbach zeigt uns außer einem Moltke-
pastell ein entzückendes Bildniß der Sastaret, dem so rasch
berühmt gewordenen „clunoinA ^vouclsr". Line italienische
Landschaft von Henri Harpignies, ein paar superbe Schön-
leber, ein neuer Liebermann (Pastells und eine stimmungs-
volle Landschaft: „Dachau am Abend" von Keller-Reut-
lingen wären von den neuausgestellten Werken bei Hermes
noch weiterhin zu nennen. rr.
X'
Hei-Iiyei- ^uysksaloys.
(. Bei Ld. Schulte und Fritz Gur litt.
us der Fülle der Gesichte tritt im Salon Schulte die
künstlerische Erscheinung des Spaniers Ignario
Zuloaga als etwas Besonderes, als eine stärkere Potenz
hervor. Vollblütiger und national-spanischer als er ist
kaum einer der Lebenden. Der Ton seiner Gemälde ist
dunkel, in den Schatten schwärzlich — der echte Gallerie-
ton —, und auch an großzügiger malerischer Kraft und
kühner Breite der Pinselführung erinnert er mehr als
Andere an die alten spanischen Meister. Dennoch ist er
modern in den Stoffen, denn er giebt hier seine Gegen-
wart und eigenartige Typen seiner Umgebung, Träger
einer schon etwas verlumpten Noblesse. Lola, die rothge-
schminkte Zigeunerin, den Nachtwächter, der gleich dem
breitspurigen volksdichter Don Miguel de Segovia halb
Hidalgo, halb Bauer ist, ferner einen Stierkamxs mit in-
teressanten Einzelheiten, eine Straßenszene mit grotesken
halbvermummten Gestalten beiderlei Geschlechts u. dgl. Fast
alles lebensgroß. Seine „Versuchung" mit der brutal häß-
lichen, frech geputzten Zigeunermaid wirkt wie ein be-
kleidetes Pendant zu Manets nackter „Olympia", ein Be-
weis, daß die Strahlen beider sich hier in Goya treffen.
Lichtlos wie dessen Kunst aber auch, so rücksichtslos wahr
ist Zuloagas Schilderung.
Lin Vertreter der kerngesunden belgischen Landschasts
Malerei ist Paul Mathieu. Mag auch die Absicht den
sympathischen Künstler geleitet haben, Stimmungen, Däm-
merungsbilder, Elegien von Herbst und Abend zu geben,
das Beste und Ligenthümliche von ihn: sind doch die heiter-
frischen sommerlichen Tagbilder. Der Schotte Neid-
Murray malt kleine Naturausschnitte, wiesen, Waldsaum,
Teich mit Spiegelung, einen türkisblauer! Pimmel und dazu
etwas Vieh oder Schwäne als Staffage: eine höchst ge,
schmackoolle Wahrheit, die koloristisch delikat, ja distinguirt
wirkt. Rob. Anning Bell, London, lernen wir als
Illustrator in einem Stil der Federzeichnung kennen, der
uns an Polbeins Holzschnitte erinnert; in seinem eintönigen
Gemälde „Adagio", einer Spiel- und Tanzaufführung von
fünf weißgekleideten Jungfrauen, läßt er uns in die
poetisch-ätherische Welt schauen, in der sich der britische

Kunstkonsument am wohlsten fühlt. Auch der Dresdener
Richard Müller hat sich an Polbein gebildet, aber er ist
dabei mit beiden Füßen am Boden der Wirklichkeit, die
nirgends aushört trivial zu sein, haften geblieben. Lin
rücklings gestellter weiblicher Akt, ein lebensvoller Frauen-
kopf, ein im Rasen hingestreckter pandwerksbursche, ferner
mehrere landschaftliche Proben bekunden einen eminent
sorgsamen Studienfleiß, der neben hohen zeichnerischen Er-
folgen auch gelegentlich echt Malerisches ermöglicht, z. B.
dieses schummerige kleine Studio mit dem struppigen Naler
vor der Staffelei.
Wieder kommen uns Brachtschüler; dieses Mal gleich
gruppenweise. Klub moderner Landschafter Berlins
lautet die Firma. A. Mesteritz wählte u. A. rothbelaubte
„Kirschbäume im perbst", dann den aus einem Gift-
prozeß bekannten „Teufelssee im Grünewald". Auf ein
leichtes Gruseln des Beschauers scheint es überhaupt die
Richtung dieser modernen Romantiker Berlins, diese mit
Pilse von bestimmten Silber- und Goldrahmen dekorativ
geschickt zurecht gestutzte landschaftliche Stimmungsmalerei
abzusehen. A. Liedtke betitelt eine Leinwand „das einsame
paus", eine andere „Pappeln im woikenschatten"; C. Wendel
malte ein Fischergehöft in Gewitterstimmung. Talent
haben auch die übrigen Herren dieses jüngsten Berliner
Kunstklubs ohne Frage. Sonst halte ich in der diesmaligen
Schulteschen Sammlung noch mehrere Bildnisse von Leibl-
Frau I. Schultzen-Asten, Georg Meyer-Ball, Ernst Nelson
und Kurt Stoeving für recht bemerkenswertste Leistungen.
Die Blumenstücke und Stillleben von Elisabeth Ankermanu
sind mit Verve koloristisch geschmackvoll urd naturwahr
gemalt. Die beiden Marinen von Pans Petersen, München,
dürfen, des schönen dekorativen Farbeneffektes wegen, nicht
gering bewerthet werden. Die farbigen Illustrationen
eines Märchens von Musäus von den wiener Künstlern
Heinrich Lefler und Josef Urban geben woh! den poetisch-
phantastischen Reiz der „Bücher der Lhronika der drei
Schwestern", aber zu wenig das Schlicht-Volksthümliche des
deutschen Märchens .... Von Plastiken scheinen mir hier,
neben einer geistvollen Bronze-Plaquette mit Nietzsches
Bildniß von Kurt Sto eving, drei gelungene Arbeiten von
Sandor Iaray, die Büsten der Schauspielerin Reisenstofer,
des Arztes Prof. Lassar und das kleine Marmor-Hochrelief
einer unbekleideten Nachtwandlerin, der Beachtung werth-
Die Herbstausstellung von Fritz Gurlitt bedeutet
einen hübschen Erfolg. Man darf hier gewöhnlich daraus
rechnen, neben allerlei Neuheiten, die dieses Mal mit
Mustren Namen wie Thoma, Klinger, Uhde, Dagnan-
Bouveret u. A. verbunden sind, auch manches ältere Stück
zu finden, das den Beschauer durch die weihe der Erinne-
rung oder durch kunstgeschichtlichen Werth fesselt. Zwei
kleine subtile Heidelberger Landschaften von Rottmann und
drei Werke von Anselm Feuerbach, darunter das
schwarz-weiß aus röthlichem Grunde gemalte Bildniß der
Mutter des Künstlers, der auf seinem großen braungetönten,
breit und fest angelegten Selbstporträt so zufrieden, ruhig
aus der Leinwand herausschaut — sind immerhin keine
unwichtige Sache. Auch eine kleine Gebirgsszenerie von
Calame und eine noch nicht durch schottische Gedanken-
und Farbenblässe angekränkelte große Leinwand „Abend in
Venedig" von Ludwig Dill mögen in diesem Zusammen-
hänge genannt sein. Desgleichen die energische Studien-
 
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