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Die Kunst-Halle — 6.1900/​1901

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Nummer 6
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Zimmern, Florenz: Neue Florentiner Keramik
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Zur Kritik des neuen Buchschmuckes
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https://doi.org/10.11588/diglit.65263#0103

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Nr. b

Die Kunst-L) alle

85

in Italien eingetreten ist, dafür liefern verschiedene
Thonwaaren-Eblissemente untrügliche Beweise. Ls
gebührt vor allem ein Wort des Lobes perrn
Lamillo Novelli, Sekretär des Instituts der schönen
Künste in Rom, für seine keramischen Erzeugnisse
„a Kran tnoeo", und nicht minder dem Signor
Galileo Lhini in Florenz.
Signor Novelli strebt, die Majolica-Kunst ledig-
lich für Luxuszwecke zu fördern, in welchem Sinne
sie, nach den von ersten Künstlern entworfenen, in
Fayence und Gubbio hergestellten Tellern, Krügen,
Vasen rc. zu schließen, auch ehemals kultivirt wurde.
Indessen kopirt er jene herühmten Vorbilder nicht
etwa, nur inspiriren läßt er sich hei der Arbeit von den
älteren, vornehmlich orientalischen Kleistern, und so
muthen seine Schöpfungen so frisch und spontan, wie
etwas ganz Neues an. Bisher haben die modernen
Nachahmer der genannten Kunstwerke zumeist mit den
goldigen Tönen und dem metallischen Glanz zu stark
operirt. Signor Novelli übt darin die bei den
Originalen beobachtete Zurückhaltung, und dies sichert
ihm seine hohen Erfolge. Nie hat er sich zur ge-
ringsten Konzession an den vulgären Geschmack der
Menge herbeigelassen. Und aus diesem Grunde oer-
muthllch ist auch die in Wirklichkeit ihm zuerkannt ge-
wesene goldene Medaille bei der vom Gandelsminister
(8^6 ausgeschriebenen Preisbewerbung ihm versagt
worden, da seine durch Grazie und freie künstlerische
Auffassung ausgezeichneten Arbeiten doch nicht
„eigentlich eine kommerzielle Industrie repräsentirten."
Unglaublich, aber wahr! Aus gleichem Grunde
finden auch Novellis Majoliken in England, den Ver-
einigten Staaten, Deutschland und Frankreich besseren
Absatz als in dem Lande ihrer Entstehung.
Natürlich hat das Wiederaufblühen der Keramik
in Italien zum Erfinden neuer Ornamentstyle geführt,
die den modernen Geschmack mit der Anlehnung an
die alten Kunstformen kombiniren. Auch wurde die
Aufmerksamkeit dem Umstande zugelenkt, daß die
Glasuren — so werthvoll die Erzielung einer guten
Email und schöner Lüster auch ist — doch immer
nur Mittel sind und waren, nie Selbstzweck, wie so
viele moderne Nachahmer zu glauben scheinen.
Zeichnung und Modellirung sind und bleiben das
eigentliche Werk, das vor Staub und Abnutzung zu
bewahreu die Glasur dienen soll.
Signor Thini, der seine Werkstatt „lü ^.rto «leUa
OsrarniLL" nennt, strebt das Angenehme mit dem
Nützlichen zu vereinen, indem er nicht nur Luxus-
gegenstände hervorbringt, sondern auch die gewöhn-
lichen Töpserwaaren auf das Niveau eines gebildeten
Geschmacks zu erheben trachtet. Er wählt für seine
Vasen und Töpfe, seine Becher und Amphoren
Blumen- und Pflanzenformen in den mannigfaltigsten
Verbindungen von Stielen, Aesten, Blüthenblättern
und Kelchen, aus welchen er die originellsten Muster
gestaltet. Daneben liebt er, seinen Verzierungen Köpfe
einzufügen, phantastische oder mythologische Gebilde
im Lharakter Botticellis, Fra Angelicos und am
häufigsten Ghirlandajo's. Manche der Vasen sind mit
Malereien bedeckt, die uns Fabeln und Märchen er-
zählen, oder Liebesszenen zwischen Satyrn und Nymphen.
Kurz, wir sehen hier ein Zusammenwirken der besten
Traditionen entfaltet, die von Italien aus einst den
Ton angaben für die übrige zivilisirte Welt.
Doch sind die genannten nicht die einzigen In-
dustrien in Italien, die einen bemerkenswerthen Auf-
schwung im Sinne einer Wiederbelebung bekunden.
Messing, Kupfer und Schmiedeeisen, Thonkacheln und

feine Porzellane, Seidenbrokate, in denen oft die
antiken imitirt werden, Möbel in zierlichen oder ge-
diegenen Formen, Marmor- und Alabasterwaaren —
alle Branchen zeigen die Spuren einer neuerwachten
Energie, in allen regen sich neue künstlerische Triebe.
Des Weiteren und im Speziellen hierüher zu berichten,
fehlt es mir heute an Kaum; vielleicht, daß ich ein
anderes Mal auf dieses Thema zurückkomme.
X
Lur WM
neuen vucbscbmuclm.
as vor Weihnachten dieses Jahres noch
, rechtzeitig zur Vollendung gelangte schöne
' Werk von Th. Kutschmann, die mit bild-
lichen Proben überreich ausgestattete Geschichte der
Deutschen Illustration (Verlag von Franz Jäger,
Goslar), giebt ein übersichtliches, ohne Voreinge-
nommenheit für irgend welche Richtungen gezeichnetes
Bild der Entwickelung des künstlerischen Buchschmuckes
in Deutschland. Natürlich konnte der Verfasser sich
nicht versagen, am Schlüsse seiner historischen Be-
trachtungen auch den jüngsten Bestrebungen ein
eigenes, wie wohl leider nur ganz kurzes Kapitel zu
widmen, das -— und dies scheint uns bemerkenswert^
genug — eher eine abfällige als eine beistimmende
Kritik der Richtungen gewisser von Vielen bewunderter
Modegrößen giebt. Eine so ernste Aeußerung, die
sich hier als das Ergebniß der aus der geschicht-
lichen Betrachtung geschöpften Erfahrungen des
Verfassers kund thut, hat offenbar weit höheren
Werth als das wohlfeile Lob vieler Tageskritiken,
und darum glauben wir die Sätze des Verfassers zur
Kenntnißnahme und Beherzigung derjenigen Leser,
die dem Gegenstand nahe stehen, an dieser Stelle
wiederholen zu sollen:
„Auf dem Gebiete des deutschen Buchschmuckes
hat sich in den letzten Jahren ein bedeutungsvoller
Wandel vollzogen, dessen Folgen sich jetzt noch gar
nicht übersehen lassen. Joseph Sattler, Otto Eckmann
und Melchior Lechter waren die Tonangeber, die rasch
Gefolgschaft fanden. Lechter griff auf die Manier
des (5. Jahrhunderts zurück, während Sattler an die
Meister des s6. Jahrhunderts anknüpfte, d. h. ihre
Art möglichst getreu nachahmte, worin er eine ganz
bedeutende Meisterschaft erreicht hat. Gleichwohl
kann man in diesen Arbeiten und noch viel weniger
in denen seiner Nachgänger keinen Kunstfortschritt
erkennen, sondern sie müssen trotz der großen technischen
Fertigkeit, die Sattler unleugbar besitzt, lediglich als
Kuriosa betrachtet werden. Fast dasselbe ist bei
Lechter der Fall, der einer nicht minder seltsamen
Richtung verfallen ist. Wo ist ein vernünftiger Grund
dafür zu finden, daß wir uns mühen, Bücher herzu-
stellen, die das Aussehen haben, als wären sie im
(5. oder (6. Jahrhundert entstanden; als sei alles
falsch oder vergeblich gewesen, was deutsche Kunst
im Laufe der Jahrhunderte hervorgebracht hat.
Lernen sollen wir an den Werken der Alten, aber sie
nicht sklavisch nachahmen, wie denn auch die Kunst-
geschichte lehrt, daß die Nachahmer nie fruchtbringend
gewesen sind.
Den entgegengesetzten Weg verfolgt Eck mann,
dessen Ornament mit jeder künstlerischen Tradition
 
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