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Die Kunst-Halle — 6.1900/​1901

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Nummer 24
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Meyer, Bruno: Gr. Berliner Kunstausstellung: IV. Das Kunstgewerbe
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Imhof, Franz: Berliner Kunstsalons
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https://doi.org/10.11588/diglit.65263#0432

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378

Die Aun st-Halle -L-

Nr. 2^

irgend eine ausgeklügelte räumliche Anordnung sie um-
schloß, sondern jedes einzelne war dann für sich ein wohl-
durchdachtes, fein gegliedertes und virtuos ausgeführtes
Stück, welches auch außerhalb des Zusammenhanges, in
dem es auftrat, Wirkung machen und wahrhaft erfreuen
konnte. Das wird unfehlbar der richtige weg bleiben,
auf welchem die Erfindung von Möbeln zu dankens-
werthen Ergebnissen gelangen kann. Mag es Architekten
näher liegen, von dem Zusammenhänge eines ganzen
Raumes, der als solcher von ihnen zuvor gegliedert ist,
auszugehen und alles, was an, ihrer ehemaligen Beschaffen-
heit nach, sogenannten Möbeln, die jetzt aber nicht mehr
Mobilien, d. h. bewegliche Dinge sind, gebraucht wird,
mit der Raum- und Wandgliederung zusammen entstehen
zu lassen; — das sind unter allen Umständen nur Lösungen,
für welche die Gelegenheiten außerordentlich spärlich zu
finden sein werden und welche weder der Möbelindustrie,
noch der allgemeinen Geschmacksbildung einen wesentlichen
Impuls zu geben im Stande sind. —
Die in der Ausstellung sonst noch vorkommenden
einzelnen kunstgewerblichen Gegenstände erscheinen nicht
zu ihrem vortheil, schon weil die Arrangements manches
zu wünschen übrig lassen. In einer Unmasse von Fächern
findet sich kaum ein einziger, der sich über das Niveau
dessen erhebt, was man in besseren Ladengeschäften
dutzendweise vorgelegt bekommt. Die Silbersachen sind gleich-
falls kaum irgenwo zu rühmen, z. B. ein Tafelservice und
Besteck von Willy Dreßler mit ganz moderner Auflage
ist beinahe abschreckend, namentlich die zugehörige
Sauciere. Besser ist es mit den eigentlichen Schmuck-
sachen bestellt. Die Plättchen mit den fabelhaft flachen
Reliefs von Permann pidding übertreiben wohl die Zart-
heit bis zur vollständigen Wirkungslosigkeit; man sieht die
Formen kaum. Durch ihre sehr dezente Modernität, die
durchaus geschmackvoll ist, zeichnen sich die Schmuckgegen-
stände der Königlichen Zeichenakademie panau aus. Dazu
muß dann der vortreffliche Briefbeschwerer von Max
Wiese daselbst in Gestalt einer Schlangenbändigerin er-
wähnt werden. Die Keramik läßt beinahe Alles zu
wünschen übrig. Diese „modernen" Töpfe, die aussehen,
als wenn sie in den ältesten Büdnerhäusern auf dem
Boden zusammengesucht wären, kann man wirklich nicht
mehr ernsthaft als Leistungen nehmen. Gut wie immer
sind die Porzellangefäße von PH. Rosenthal in Selb in
Baiern mit ganz modernem Dekor, aber einzeln in Nippes-
sammlungen sicher nicht zu verachten. Am glänzendsten
ist die Bronze vertreten. Doch soll aus dem vielen vor-
handenen nur die kleine Gruppe von Arbeiten von Sausei
in Tokio hervorgehoben werden, namentlich sein Bronze-
Falke, von ähnlicher Art wie die vor mehreren Jahren
hier ausgestellt geweseuen, in zwei Exemplaren, das eine
versilbert und das andere in braunem Bronzeton.
B. M.
Wei-Iiyev ^uysksaloys.
stattlichen Gesellschaft überwiegend Pariser
er sind bei Ed. Schulte die Säle für die
Mich zu Anfang September eröffnete Herbst-
ausstellung eingeräumt worden. Man hat Sorge getragen,

daß unser Publikum eine Anzahl Werke aus den „Salons"
dieses Jahres auch ohne die Reise an die Seine frühzeitig
genug kennen lernt. Auch die Mehrzahl der Künstler ist,
gleich der getroffenen Auswahl ihrer Werke, uns unbekannt.
Da ist z. B. Gaston Po chard für uns ein Neuling, der
so leuchtende, vollblütig strotzende Töne wie etwa ein russischer
Sensationsmaler liebt und u. a. bei einer „Frohnleichnams-
prozession" breit und derb angelegte Figuren auf die Lein-
wand bringt. Maurice p. Guy fruktifizirt die heutige
Mode des Archaismus indem er, als Spezialität feines
Schaffens, die plastischen Madonnen der primitiven Meister
des ;3. bis Jahrhunderts polychrom nachmalt. Der
zartsinnige elegische Poet und pastellist Iwill schildert
die sanfte Monotonie entlegener Grtschaften, die an Dünen
oder anderen Plätzen liegen, und er erregt und stimmt die
Phantasie des Beschauers nicht nur durch den tonigen Effekt
seiner Szenerieen, sondern auch durch die Staffage etwa eines
hochragenden Kruzifixes. Gabriel Nicolet malt mit Grazie
und Geschmack weibliche Modelle, die er, je nach der Um-
gebung, bald „Der Traum", bald „Die Tasse Thee" benenut.
Eonstance LH auch et überragt mit einigen sorgfältigen
Porträts alter Damen entschieden die weibliche Durchschnitts-
leistung. Adolfe Levier verbindet in einem, auf grau-
grünen Fond gesetzten, dunklen Perrenporträt sensiblen Aus-
druck und vornehm schlichten Ton. Die zierlich frischen
Bildnisse von penri Rondel zeigen ebenso delikate Be-
handlung wie feinsinnige Individualisirung.
Bei den sonstigen Ausländern ist — von zwei oder
drei Ausnahmen abgerechnet — kein nennenswerther Grad
von Griginalität zu entdecken. Potvin-Brüssel erinnert
in der kräftigen Mache seiner dunklen staffirten Interieurs
an die Art Lourbets; bald wählt er eine schwarzhaarige
Grisette, bald ein malerisches Stück Atelier. Rupert
Bunny-Paris, der ein brittischer Künstler zu sein scheint,
bietet eine lebensgroße Frauengruppe von idealem Gepräge,
das die Bezeichnung „Goldenes Zeitalter" rechtfertigen soll.
Im verzeichniß gleichfalls als „pariser" figurirt der plein-
airist Gagliardini; feine sonnigen Motive von Rapallo
bei Genua, vom Lago Maggiore und aus der Provence
verdienen wegen der Echtheit ihrer Naturwirkung Beifall.
Zu jenen Ausnahmen möchte ich vor allem die beiden
Polländer Focco und Thamina Tadama rechnen. Die
Dame giebt sich theilweise stark pessimistisch in ihren schmutzig
braun oder grau hingestrichenen Landschaften, in denen sie
die Eigenart ihrer durch Dünen, Kanäle, Mühlen belebten,
stets bewölkten peimath auffällig outrirt, Focco Tadama
ist auch Naturalist, dabei aber ein köstlicher Meister, der in
Nach-Regenstimmungen kaum seinesgleichen findet und es
prächtig versteht, den bläulich gefleckten Pimmel durch die
feuchte Atmosphäre, aus allen Pfützen und nassen Erd-
furchen hoffnungsvoll lächeln zu lassen.
An Umfang seiner ausgestellten Arbeiten steht in dieser
ersten perbstausstellung der Münchener Permann Neu-
haus im Vordergründe. Er ist ein Farbendichter, aber
nicht Liner von hinreißendem Schwünge, sondern bloß ein
sinnenkräftiger Märchenerzähler mit einem gehörigen Schuß
von Unbeholfenheit. Er gewährt auch dem selbstgeschnitzten
und stark kolorirten polzgerähm eine erhebliche Bedeutung
für die geschaffene Komposition und ihren Inhalt. So bei
der: Gemälden „Schneewittchen imGlassarge" und „Pimmels-
schlüssel", wo der Rahmen als offenes Pimmelsfenster eine
wiese mit einem Blumen pflückenden pausbäckigen Mädchen
 
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