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Die Kunst-Halle — 6.1900/​1901

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Nummer 5
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Ueber Künstler-Ateliers
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https://doi.org/10.11588/diglit.65263#0082

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66

4- Die Aunst-Halle

Nr. 5

der neben seinen umfangreicher: Kartons neuerdings
auch im kolossalen Maßstabe modellirte. wie viele
Andere beschäftigen sich jetzt mit der „angewandten
Kunst" (ein einfältiger Ausdruck! nur für den ver-
ständlich, der schor: weiß, was damit gesagt sein soll),
drehen Töpfe auf der Töpferscheibe, stellen für Fenster,
Thüren, Lichtkronen farbige Glasflüsse her, behandeln
Schmelzfarben in Muffelöfen, entwerfen Schmuck-
sachen für Juweliere u. s. w. Ihnen Aller: kann
und soll durch angemessene Anlagen vor: Arbeitsstätten
viel Nutzen und Freude gestiftet werden, sodaß ihr
Schaffen nicht durch örtliche Rnzuträglichkeiten man-
cherlei Art gehemmt, sondern im Gegentheil gefördert
werde.
Line eingehende Erörterung verschiedenster An-
lagen vvn Künstlerateliers nach praktisch - tech-
nischen Gesichtspunkten darf daher auf das Interesse
und die Dankbarkeit der Betheiligten wohl rechnen.
Line solche zusammenhängende Abhandlung ist soeben
im Anschluß an eine bewährte große Publikation er-
schienen*); ihr Verfasser ist Dr. Ld. Schmitt, Geh.
Baurath in Darmstadt. Der Abschnitt „Künstler-
Ateliers" (86 S.) zeichnet sich durch systematische
Lintheilung und Uebersichtlichkeit des Stoffes aus.
Geboten wird hier ferner eine glückliche Auswahl
von sachgemäß gewürdigten Beispielen für jeden nur
in Frage kommenden Bautypus; den Erläuterungen
werden zahlreiche gute Abbildungen der besonders
charakteristischen Erscheinungen beigegeben. Den
Kapiteln ist jedes Mal ein Litteraturverzeichniß an-
gehängt, sodaß es den Lesern möglich ist, sich über
eine bestimmte Atelier-Anlage näher zu informiren.
Unsere Absicht kann es hier nicht sein, diese Ab-
handlung in extsn80 wiederzugeben oder nur auf
sämmtliche wesentlichen Eigenschaften bestehender
Ateliers, soweit sie im „Handbuch" gewürdigt sind,
einzugehen. Auszüge der wichtigsten Punkte aus den
allgemeinen Erörterungen des Gegenstands mögen
an dieser Stelle genügen. Beschränkt sich das Kapital
der Arbeitsstätten für Baukünstler auf nur 7 Bei-
spiele, so wird in den: Buche über Bildhauer-Ateliers
im Zusammenhang nut (s vorhandenen Anlagen
und sogar über (9 typische Maler-Ateliers gesprochen,
wozu dann noch 9 Ateliergruppen d. h. Gebäude nut
mehreren Künstlerateliers kommen. Ein Unterschied
ist natürlich gemacht zwischen für sich bestehenden
Arbeitsstätten und sog. Künstlerheimen. Lassen wir
zunächst einige bemerkenswerthe Ausführungen des
Geh. Bauraths Schmitt über Bildhauer-Ateliers
folgen:
Die räumlichen Erfordernisse sind bei einer
Bildhauerarbeitsstätte die geringsten, wenn dieselbe

*) Handbuch der Architektur IV Tlsi. ü Halbband.
Heft 3; Künstler-Ateliers, Kunstakademien und Kunst-
gewerbeschulen, Konzerthäuser und Saalbauten. Mit 299
Textbildern und ? Tafeln. Verlag von Arnold Berg-
strassen Stuttgart l90s.

blos zum Gebrauch eines einzelne:: Meisters dienen
soll; alsdann ist nur der Arbeitsraum des letzteren
zu beschaffen. Indeß werden viel häufiger zwei
Arbeitsräume verlangt: das Hauptatelier und einen
kleineren Atelierraum, worin die punktiere:' ihre Ar-
beiten ausführen rc. Größere Ateliers haben in der
Regel drei Haupträume: das eigentliche Atelier für
den Meister, den Arbeitsraum für die punktierer und
Praktiker und einen dritten Arbeitsranm für Gehilfen,
Schüler oder für Herstellung von besonderen kleinern
Gegenständen. Empfohlen werden gesonderte Ein-
gänge für alle drei Räume. Zu den weiteren Er-
fordernissen gehören noch eine Thonkammer, ein
Raum zum Abformen und Gießen, eine Umkleide-
kammer mit Waschtischeinrichtung, ein Raum für
lebende Modelle mit besonder::: Zugang. Nicht
selten wird auch ein Sprech- oder Empfangszimmer
für den Meister beansprucht. Für die Arbeitsräume
ist gute Beleuchtung Hauptbedingung.
Mas die Maße dieser Räume betrifft, so hängt
dies von der Größe der Bildwerke ab, die geschaffen
werden sollen. Für gewöhnliche Verhältnisse genügt
eine Thürbreite von 2,5 bis 3 m und eine Thürhöhe
von 3 bis 3,5 m. Sollen Kolossalwerke geschaffen
werden, so steigern sich diese Abmessungen bis 5:8 w.
Für den Raum selbst, bei dem die Art der Licht-
zuführung übrigens mitspricht, genügt gewöhnlich
ein Kubus von 7 m Seitenlänge; darin lassen sich
Statuen von p/ffacher Lebensgröße ausführen. Bei
Herstellung kleinerer Bildwerke genügen selbstredend
bescheidenere Abmessungen. Die Größen von Ko-
lossalateliers müssen von Fall zu Fall besonders er-
mittelt werden. Das gilt zumal sür die Tiefe des
Arbeitsraumes, die gestattet, das Merk aus ange-
messener Entfernung zu betrachten. Dazu benutzt
man freilich auch vor- und andere Nebenrüume, um
so den ausreichenden Fernstandpunkt zu erzielen. Soll
man die Unter an sicht der Monumentalschöpfung
beurtheilen können, so wird wohl auch in einer
Atelierecke eine Grube zu diesem Zwecke hergestellt.
In: Nothfalle dürfte für derartige ungewöhnliche
Fälle ein provisorischer Barackenbau sich empfehlen.
Bezüglich der Beleuchtungsfrage ist festzu-
halten, daß für den Bildhauer jedes Licht brauchbar
ist, wenn es ihn nicht blendet oder sonst direkt stört.
Deckenlicht ist ::: manchen Fällen sogar erwünscht,
nur darf weder das Bildwerk noch das Modell un-
nüttelbar davon getroffen werden. In der Regel
bevorzugt man hoch einfallendes Seitenlicht, selbst
wenn es an der Eingangsseite dicht über der Thür
angeordnet werden muß. Bei mehreren Arbeits-
räumen wird einer für Deckenlicht einzurichten sein,
um in: Bedarfsfälle zur Verfügung zu stehen.
Sind Werke des Bildhauers dazu bestimmt,
schlecht beleuchtete Innenräume zu schmücken, wird
auch bei der Feststellung der Wirkung im Atelier
darauf Rücksicht zu nehmen sein. Ls geschieht
 
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