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Die Kunst-Halle — 6.1900/​1901

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Nummer 13
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Galland, Georg: Wilhelm Bode über die moderne Kunst
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Gustav, Leopold: München: Frühjahrsausstellung der "Sezession"
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https://doi.org/10.11588/diglit.65263#0233
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Nr. s3 <—Die Kunst-Halle -r-— 20s

In einer Schlußbemerkung faßt unser Autor noch
einmal seine scharfsinnigen kritischen Erwägungen
kurz zusammen: ein Gähren und Brodeln, ein
Suchen und Haschen überall, Unbestimmtheit und
Ungewißheit, Regellosigkeit und Formlosigkeit, die Stil-
widrigkeit als Grundlage eines angeblichen neuen
Stils! . . . lVir zitirten darum zum Theil ganz
wörtlich, weil uns selber daran lag, das Urtheil
einer auf der Gegenseite so hoch geschätzten Autorität
hier ungeschminkt zu geben, um nicht etwa dein
Einwand zu begegnen, es seien die Sätze hier aus-
einandergerissen, der Ausdruck verschärft und dadurch
der Sinn der Betrachtungen gar entstellt worden.
Menn die Abhandlung dennoch mit geschickter Rede-
wendung hoffnungsvoll ausklingt und von Kinder-
krankheiten die Rede ist, die bekämpft und über-
wunden werden können, so erinnert das an jenen
beliebten Effekt: die gründlich gesagte Wahrheit
durch ein bischen Wohlwollen schließlich zu über-
zuckern. Wie es in einer Shakespearischen Sentenz
heißt, daß auf dem fettesten Boden das Unkraut am
bestell gedeihe, so dürften hiernach vielleicht auch all
die oben berührten Irrungen und Wirrungen der
Moderne amEnde nur für die üppige Gunst der heutigen
Verhältnisse reden. Und der besonders freundliche
Lieser des Aufsatzes wäre dann um so eher geneigt,
der Meinung des Autors beizupflichten: die beinahe
elementare Gewalt, mit der diese Bewegung sich
Bahn gebrochen und in kürzester Zeit die Leitung
errungen hat, biete schon eine gewisse Garantie
für einen schließlichen Erfolg. Andererseits
hat doch Bode wiederholt von Manierismus, ver-
steckter greisenhafter Sinnlichkeit u. dgl. gegenüber
den Modernen gesprochen, und das scheinen denn
doch mehr Alterskrankheiten als Kinderkrank-
heiten zu sein. . . . Nichtsdestoweniger schadet die
seltsame Diagnose nichts und Niemandem; sieht es
doch im Gegentheil gut aus, für die Zukunft
optimistische Hoffnungen auszudrücken.
G. G.
X
Müncften:
Frühjahrsmisstkllung der „SeWaii."
von Leopold Gustav.

ie Frühlingsausstellung am Königsplatz bringt einige
junge Talente zur Geltung, deren Stärke im Kolo-
rismus liegt; auch im klebrigen könnte man der Exposition
das Motto „Viel Licht und viel Farbe" geben. Das Rein-
malerische überwiegt, das Gedankliche vertritt fast nur der
Berliner Ludwig von Hofmann.
Uhdes großes, wie zwei kleine Bilder, stellen junge
Mädchen im Garten dar. Helles Licht durchfluthet die
Lauben und Hecken. Das große Bild: ein Mädchen will
dem Hunde einen Stab aus dem Maule reißen, während
die älteren Schwestern zusehen, ist ja fast genremäßig;

reizvoll ist das Gemälde jedoch durch die lebendige Un-
gezwungenheit in der Bewegung der Gestalten und durch
die virtuose Behandlung der Lichtwerthe. Daneben hängt
ein ganz anders geartetes Werk Albert v. Kellers
„Chiromantie". Die drei Frauenakte sind in einen fein
differenzirten Goldton getaucht, der auf den einzelnen
Körpern durch die Schatten verschieden schillert. Dieses
Bild, mit seinen kaum auszudrückenden Lichtnüanzen, zeigt
wieder Kellers Virtuosität in weitestem Sinne. Der Alte
im Hintergründe hebt noch die Wirkung der Akte. Man
weiß zwar nicht recht, was er bei den sich schicksalkündenden
Frauen zu thun hat, aber man kommt wDhl nicht zum
Fragen durch das Fesselnde der Malerei.
Franz Thomas „Jugend des Bacchus" ist eine inter-
essante, stark farbenfreudige Leistung. Der Maler hat wohl
an Rubens gelernt. Line starke Eigenart in der Be-
handlung des Stoffes vermag ich noch nicht zu erkennen;
das gilt auch für Heinrich Froitzheim, dessen „Erster ver-
such" den fast gleicher: Vorgang schildert. Hans R. Lichten-
bergers koloristische Studien abschreckend häßlicher Frauen-
akte stoßen anfänglich ab; aber man mag die Lichteffekte
stellenweise übertrieben finden und wird doch anerkennen
müssen, daß ein selten starkes Temperament aus den
Arbeiten spricht, wir werden Lichtenberger jedenfalls im
Auge behalten müssen. Lin koloristischer Draufgänger ist
auch Ernst Stern; wie in der Wahl seiner Motive —
sich aus- oder ankleidende Modells — steckt er mit seinen
gewandt behandelten Lichteffekten noch zu sehr in Atelier-
probleinen, um harmonische Wirkungen erreichen zu können,
wilh. Volz' acht Skizzen und Entwürfe sind ungleich im
werthe; manches könnte man ganz gut missen. Der Ringel-
reigenflüstertanz hat etwas Sublimes in den Farben.
Aeußerst beachtenswerth ist Ludwig Kirschners
Porträt des vor wenigen Tagen verstorbenen Generals
von parseval. Dem eigenartigen Blau der bayerischen
Uniform gehen die Maler sonst meist aus dem Wege, indem
sie dem porträtirten den Mantel umhängen oder sonstwie
mildernde Schatten auf den Rock fallen lassen. Kirschner
wählt einen ganz Hellen Hintergrund; es sieht aus, als
fiele volles Sonnenlicht auf den blauen Waffenrock. Die
jovialen Züge des alten Herrn passen sehr gut zu dem
farbig-lebendigen Eindruck des Ganzen. Auf Kirschners
Damenbildniß wirkt der Hintergrund etwas unruhig.
In Philipp Kleins Damenbildniß im Freien ist das
matte Roth der Gestalt in die Farben der Waldstaffage
fein gestimmt und der Rhythmus der Bewegung glücklich
angedeutet. Die Dame mit dem Hund ist ein ^ziemlich
nüchternes Genrebild, die Dame mit der Reitgerte dagegen
voll Temperament. Leo Putz bringt an Stelle seines nicht
immer geschmackvollen Kolorismus eine Porträtstudie in
stumpfem Graubraun, die nicht ganz befriedigen kann.
Württenbergers Böcklinporträt, technisch von Lenbach
abhängig, wirkt sehr lebensvoll. In der Malweise indivi-
dueller ist württenbergers Bildniß L. v. Bodmans; un-
gefähr so habe ich mir den Lyriker aus seinen Versen
vorgestellt, winternitz bringt neben seinem Lieblings-
motiv — in Tönen schwelgender Musiker, ein prächtiges
Porträt einer Dame in Trauer, das sehr vornehm und
ruhig im Ton ist- Bei „Jäger und Hund" dürfte letzteres
malerisch der interessantere Theil sein. Sehr lebensecht
wirkt Balmers Porträt eines Markgräfler Bauern; Schewes
junge Dame ist reizvoll gemalt, vielleicht mit etwas
 
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