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Die Kunst-Halle — 6.1900/​1901

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Nummer 13
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Gustav, Leopold: München: Frühjahrsausstellung der "Sezession"
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https://doi.org/10.11588/diglit.65263#0234

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202

4- Die Aunst-Halle

Nr. fZ

Koketterie nach der Kunst L. von Pofmanns hinzielend.
Knrowskis Bildnisse sieht inan wie durch einen Schleier.
Sie zeigen übrigens viel Können; auch die Porträts von
Lübbes und Eberstein in erster, von Ioh. Leonhard und
Belänyi in zweiter Linie sind erwähnenswerth. p. v. Försters
Damenporträt ist ganz schlicht gehalten, muß aber sehr
lebensähnlich sein.
Pans Borchardt bringt wieder »'eine sattfarbigen,
seinen, stellenweise etwas kokett gemalten Biedermeier-
bildchen, Karl Bauer ein fein abgestimmtes Interieur
in Roth, Landsberger erinnert in seinen Schwarzwälder
Bildchen fast an Leibl, wenn er sich auch mehr dem Genre
nähert. In seinen badenden Knaben zeigt er sich von
ganz anderer Seite. Wir sahen ihn im Vorjahre in
Skizzen an dem Problem arbeiten; er hat jetzt in der Dar-
stellung der sich im Wasser und auf den nackten Körpern
spiegelnden Sonnenstrahlen eine schöne Vollendung erreicht.
Emanuel pegenbarths Pferde und pnnde sind viel-
leicht noch künstlerischer geworden; auch Wasser und Licht
weiß er prächtig zu geben. Von seltener Plastik sind
Ad. Thomanns Kühe und Pferde; Toobys Thiere sind
gelegentlich noch etwas schwer.
Schramm-Zittau bringt neben seinen Hühnern und
Truthähnen Enten im Wasser; er vermag die Spiegelung
der Sonne in dem bewegten Wasser famos zu geben; seine
Landschaften, meist in regenfeuchter Novemberstimmung,
sind mit Bravour hingestrichsn. payeks Malweise ist
noch ausgereift. Er bringt diesmal famos gezeichnete
Schweine; auch als Landschafter ist er stark vertreten, wie
sein weiß er Wasser, Sonnenlicht und Winterstimmungen
zu geben; auch Lugen Wolff hat mehr Rnhe gewonnen.
Die untergehende Sonne wirkt bei ihm nicht mehr als
Farbenzauber, Feuersbrunst. Ein interessanter Künstler;
seit Jahren ist sein Talent jetzt völlig reif geworden.
Keller-Reutlingen's Abend auf dem Lande ist ein
Bild von stiller Größe; Benno Becker bringt wieder seine
ernst und tief gestimmten Landschaften, deren Düsterkeit er
einmal durch eine am Seeufer hinziehende Prozession
wirkungsvoll unterbricht. Dagegen will mir aus einein der
arideren Gemälde die rothe Gestalt auf dem blauen Sitz
weniger in Beckers seriöse Landschaft passen. Rich. Kaiser
scheint sich jetzt mit Glück vorwärts zu entwickeln. Sein
Flußlauf hat sehr seine malerische (Dualitäten. Ungleich
ist noch sehr Pietzsch. Er hatte immer etwas stark Deko-
ratives. In der Fensterverglasung für ein Nusikzimmer
zeigt er diese (Dualität am richtigen (Drte; aber manches
seiner bildmäßig gedachten Werke wirkt kulissenhast.
Dagegen ist ein Motiv aus den Voralpen und Anderes
künstlerisch einfach und schlicht. Vverbecks groß geschaute
Landschaften zeigen uns erfüllt, was pietzsch sucht.
Buttersack hat eine Menge seiner flott gemalten Land-
schastsausschnitte gesandt; er bleibt nicht mehr so skizzen-
haft wie früher. Bössenroth bringt diesmal Nebelstudien;
dies ist auch das Uebungsseld pummel's, der ziemlich an
die Glasgowschule erinnert. Pummel bringt übrigens auch
die Porträtstudie eines lachenden Mannes, die mit Verve
hingestrichen ist. Fehrenbergs Abendlandschasten zeigen das
Abendroth in allerlei Stadien; ost wirken die Bilder etwas
kühl. Lrodels Wolken sind noch virtuoser geworden;
Zschille giebt Nebelstimmungen stellenweise mit Neigung
zum Stylisiren. Lin schlichter Landschafter ist Paul Wolff;
besonders die zarten Reize des Frühlings schildert er in
naiver Freude.

Ueber Ludwig von Pofmann brauche ich nicht ziel zu
sagen, da die Bilder in Berlin bekannt sind. Seine „pri-
mitiven" Gestalten in ihrer koketten Einfachheit manchmal
nüchtern, manchmal mit romantischem Timbre, interessiren
wohl, aber sie befriedigen wenig

Aus öery tIeseichpeise.

erhalten folgende Zuschrift, der wir gern
Aufnahme gewähren: Angeregt durch
den Aufsatz von R. Nücklin, Pforzheim,
„Line amerikanische Zeichenlehrmethode" in
No. s2 der Kunsthalle V l.Iahrg., erlaube ich mir darauf
hinzuweifen, daß auch bei uns in Deutschland, und
zwar im Jahre s869, bereits von Maler Karl Ehren-
berg in Rom ein Werk über „das Zeichnen und
der Zeichenunterricht" erschienen ist, worin der Ver-
fasser eben genau dieselben Prinzipien vertritt, daß
Uebung in der Handfertigkeit als Grundlage des
Zeichenunterrichts vor allen Dingen voranzugehen
hat, und er sagt unter Anderem wörtlich:
„Die Hand muß von vornherein gezwungen
werden, dem willen des Lenkers zu folgen, sie
muß frei und locker werden. Line Bildung
oder Weckung des Augenmaßes steht dabei erst
in zweiter Linie. Die Hand muß zuvor Ge-
horsam lernen, darnach können Auge und Geist
befehlen. So lange der Wille nicht die Hand,
wenigstens bis zu eiuem gewissen Grade, be-
herrschen kann, hilft eine richtige Beurtheilung
der Größen nichts: man wird nicht im Stande
sein, sie wiederzugeben.
Verfasser empfiehlt dann hauptsächlich Strich-
übungen, welche in einem Zuge gemacht werden
müssen, ohne abzusetzen, und zwar nicht etwa
geometrische Striche, die von Anfang bis Lnde gleiche
Stärke haben, sondern Striche, die mit Druck an-
fangen und allmälig verlaufen; ebenso umgekehrte
Striche mit Druck am Lnde u. s. w. Auch soll bei
diesen Bedungen sehr richtig ! — Nadirgummi über-
haupt .nicht benutzt werden, damit der Schüler sieht,
welche Fortschritte er je nachdem gemacht und falsch
stehen gebliebene Striche mit den besseren vergleichen
kann.
Ich habe selbst als Hülfslehrer an der hiesigen
Kgl. pr. Baugewerkschule in diesem Wintersemester
in der V. Klasse (vorbereitungsklasse) diese Strich-
übungs-Methode nach Lhrenberg eingeführt, und
zwar so, daß ich zu Anfang einer jeden Zeichenstunde
(HItündl.) diese Bedungen im Hefte machen lasse und
nach Wochen dann als Klassenarbeit, welche zensirt
wird, Zusammenstellung dieser Bedungen auf Zeichen-
bogen ausgeführt. Ich finde gerade diese Bedungen
für außerordentlich wichtig für den gejammten Zeichen-
unterricht, und ist es dem Lehrer frei gegeben, je
nachdem die Bedungen weiter auszudehnen und zu
erweitern.
Für den Lehrer ist diese Methode allerdings sehr
anstrengend und für den Schüler mitunter langweilig,
jedoch wird ein guter Lehrer den Schüler immer
wieder anregend beeinflussen können. Hier kommt es,
wie überall, immer auf das „wie" an, in welcher
weise der Lehrer vorgeht und selbst durchdrungen
ist von dem, was er lehrt.
Zweck dieser Zeilen sollte nur der sein, zu
konstatiren, daß ein Landsmann im Jahre s869 schon
 
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