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Die Kunst-Halle — 6.1900/​1901

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Nummer 16
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M., C.: Dresden: Internat. Kunstausstellung 1901
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Brosch, L.: Venedig: IV. Internat. Kunstausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.65263#0287
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Nr. s6

Die Aun st-Halle

Künstler eine interessante Original - Marmorarbeit,
ein „Muse" genannter weiblicher Kops, an dem
die Haare aus geschmiedetem Eisen bestehen, ferner
die sich im Neigen schwingenden Mädchen von
P. jDöppelmann, in versilberter Bronze, ein Jüngling
mit Speer von R. D. Fabricius, eine weibliche
Marmorbüste und ein Marmorporträt des Architekten
w. Kreis von Selmar Werner, beides schlicht form-
vollendete Werke, ein reizendes nacktes Knaben -
Figürchen von Fr. Hecht, eine Bacchantin von G. Boeder.
Daß Hermann prell hier als interessanter Bildhauer
mit einem weiblichen Kopf, einer Aphrodite, in ver-
silberter Bronze und einen Prometheus in Bronze
auf den plan tritt, zeigt die universale künstlerische
Persönlichkeit des Meisters der dekorativen Malerei.
Zuletzt sei noch eine schöne Aschen-Urne von
Karl Meisen - Berlin, der in der Bewegung vor-
zügliche Geigenspieler von B. von Gosen-München,
Ser Kugelspieler von G. Kiemlen - Stuttgart und die
im Seitensaale befindliche Kollektiv - Ausstellung
der Steinzeug-Arbeiten des verstorbenen Jean Garries,
die außerordentlich interessant ist, hervorgehoben.
L. M.
L
veneSIg:
iv. Internat. IsulMauMeUung.
Von L. Brosch, Venedig.
dem Frühling haben sich die Pforten der auf
jedes zweite Jahr angesetzten venezianischen
Kunstausstellung aufgethan. Die Umschau läßt sich Heuer
rascher bewerkstelligen, da das Bedeutende viel sporadischer
als sonst hervortritt. Das gilt relativ am meisten für die
italienische Sektion. Es ist eine Gepflogenheit, die hin-
sichtlich der historischen Kunst der Italiener ein gutes
Recht hat, diese nach den landschaftlichen Grenzen, nach
den Provinzen, zu gliedern. Heutzutage erscheint dieser
auch hier gewählte Gesichtspunkt rein äußerlich, nicht aus
den inneren Verhältnissen begründet.
Der uns am meisten zu fesseln weiß, ist Fontanesi
mit seinen grandiosen Landschaften. Bei ihm giebt es
keinen Kampf zwischen Nittel- und Hintergrund, das
Ganze löst sich frei und harmonisch; Konzeption wie Dar-
stellung gehen in eins auf: die Färbung wirkt manchmal
mild und zart, öfter wuchtig, dabei satt und tief und
immer brillant. Der Luftton ist klar, das Wolkengeschwirr
zumeist hellgrau mit verfließenden Rändern, nichts
Schablonenhaftes. Er untermalt die Leinwand mit einem
goldigen Asphaltton, setzt alsdann meist das Grün darauf.
Ja, Kobaltklexe, wie sie aus den Tuben kommen, werden
keck hingesetzt und alles der Hauptsache unterordnet. Dieser
vor Jahren verstorbene Poet des Pinsels, welcher der
französischen Schule der dreißiger Jahre manches ver-
dankte, ragt hier kühn in die Gegenwart hinein, allen
Landschaftern Italiens voran. — Luigi Nono verräth in
seiner Sonderausstellung gesunden Farbensinn, einen
warmen, selbst leidenschaftlichen Ton und zeichnerisches
Talent, namentlich in seinen alten Werken. Rührend ist
sein KtzknAinna p666g,kovn.m. Eine kummervoll knieende
Frau betet inbrünstig zur Madonna, wolkiger Himmel
mit leichtem Abendroth, darunter das Wasser eines Kanals,

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ein Segel, ein trefflich gemaltes Marmorgeländer und
welke, hingestreute Blätter, die der feierlichen Ruhe späte
Herbststimmung geben. Auf seinem „Ave Maria" liegt
eine gedrückte, dumpfe Atmosphäre; hier schimmert kein
Wölkchen, das Ganze wirkt wie eine gewaltige Abendpoesie.
- Previati, der einen Saal für sich hat, ist ein Künstler,
der sozusagen Ideen malen will, hält wenig auf korrekte
Zeichnung, und sein Kolorit ist fast auf jedem Bilde recht
schmutzig. Der alte Meister Morelli bringt leider nur
Bilder, die er vor 20 Jahren gemalt, auch seine bekannte
Versuchung des hl. Antonius.
Zu den Modernen kommend, fällt mir in dieser
Gruppe, mehr freilich wegen seiner Dimension, das schon
voriges Jahr in Paris ausgestellte Bild Balestieris
„Beethoven" auf. Etwas zu gleichmäßig in der Mache,
erscheint das Ganze eher für eine Illustation geeignet. Ettore
Tito wiederholt sich in einem Lagunenbild, in dem er sein
Bestes giebt. Lin heroisches Bild stellt Mentessi ans:
„Gloria". Michettis Strandbild wirkt sehr kleinlich gegen
seine robusten Schöpfungen letzterer Zeit. Schwächer ist
diesmal Laurenti mit dem Diptychon „Parallel", in dem
u. a drei Frauenakte in Grün, mittelmäßig in Farbe und
Zeichnung, wirken. Auch Milesi ist auf abschüssige Bahn
geraihen, namentlich in einem Damenbildniß. Porträts
find überhaupt sehr wenig vertreten: ein hübsches, saftiges
Kinderbild von Lino Selvatico; Anton Rizzis Damenprofil
mit Hund wirkt sehr lebendig und einfach; kräftig und
warm in Ton ist die Studie eines bartlosen, dicken Mannes
von Talamini. Liardis duftige Landschaften sind in guten
Exemplaren vertreten; Fragiacomos transparentes Lagunen-
stück gegen Sonnenuntergang erzielt, dem gelben Segeltuch
eines Fischerboots und dein blaugrünen, bewegten Wasser
gegenüber, einen schönen Kontrast. Belloni zeichnet sich
namentlich durch eine hellgrüne Landschaft aus, in der die
Rasenfläche meisterhaft perspektivisch in der Ferne abgestuft
wird. Zu erwähnen wären noch: Delleani, Ehialiva,
Lancerotto, Scatola, Ricci.
widmen wir auch dein Ausland eine kurze Betrach-
tung. Spärlich, aber ziemlich gut ist Deutschland ver-
treten. Lenbach ist mit einem Bismarckxorträt erschienen,
Kaulbach bringt mehreres, und Propheter stellt das lebens-
große Porträt seines Meisters Ferdinand Keller aus.
Zwei große Verstorbene, Böcklin und Leibl, sind gleichfalls
vertreten: Ersterer mit kleineren Arbeiten, unter denen
besonders die unvollendete Landschaft Schmelz und Farben-
kraft besitzt; Letzterer mit einem Studienkopf und einem
Kücheninterieur. Nicht zu vergessen sind L. Gppler, Hierl-
Deronco („Fandango"), A. Jank, Hartmann, sowie Dett-
manns Landschaft mit einem Liebespaar im Mondschein
und seiner Fischertrauung. Als Thiermaler steht Zügel
Allen voran: er zeigt uns kräftig, pastös gemalte Gchsen;
nächst ihm Schramm, der fein beleuchtete Gänse ausstellt.
Von Landschaftern sind zu erwähnen Leistikow und Hoch,
welch letzterer uns vor eine mit knorrigen Baumstämmen
im Vordergrund gemalte Landstraße stellt; auch H. von
Bartels' Marinen und Fischerleute erzielen eine einfache,
große Wirkung.
An ein Adagio mahnt des Russen Stabrowski Bild,
aus dem späte graue Abendstimmung spricht: einsam steht
ein Häuschen neben dunklen Bäumen, im Vordergründe
Wasser; unbeweglich ist die Spiegelung, nahe am Ufer
ruhend einige weiße Enten, famos ist dieser hellste Fleck
 
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