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Die Kunst-Halle — 6.1900/​1901

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Nummer 16
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M., C.: Dresden: Internat. Kunstausstellung 1901
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2H8

Die Aun st-Halle

Nr. s6

mal giebt es recht viele Säle mit unzureichender Be-
leuchtung, die selbst an klaren, sonnigen Tagen in
dunstige Dämmerung getaucht sind, und wieder
andere Räume, die durch seltsame und dem serner
Stehenden unzweckmäßig erscheinende Anbauten ent-
standen sind, und die grelles, die Kunstwerke schädi-
gendes Licht haben: auch der in manchen Sälen an-
gewandte grellrothe Teppichbelag will uns trotz mancher
Belehrung, die wir in hiesigen Blättern darüber
sanden, nicht eben als Gipsel des Geschmacks er-
scheinen; aber im Ganzen ist der Eindruck der Aus-
stellung auch diesmal ein vorwiegend günstiger. Vor
Allem sei der großen Plastikhalle an erster Stelle
gedacht, die unseres Erachtens diesmal zum ersten
Male eine glückliche Ausgestaltung durch den Archi-
tekten wilh. Kreis erfahren hat. wer sie vom Jahre
s8s>9 her in Erinnerung hat mit ihren dottergelben
wänden, ihrem zinnoberrothen Bodenbelag und den
widerlich scharf blauen Postamenten, auf denen die
plastischen Werke standen, wird jetzt durch den vor-
nehmen Klang der Dekoration und die imposante,
ruhige Wirkung der Halle angenehm überrascht sein:
allerdings gereicht die Verhängung der Fenster auf
der einen Langseite, die dem Gesammteindruck sehr
zu Gute kommt, einem Theile der plastischen Werke
zum Nachtheile, der aber bei gutem willen und
besserer Platzausnutzung hätte ausgeglichen werden
können. Zu Gunsten des gewaltigen Nonnmsnt aux
morts von Bartholoms, das fast die ganze (Quer-
wand einnimmt, ist nämlich die Mitte der Halle in
weiterem Maaße, als für bequeme Besichtigung nöthig
gewesen wäre, frei geblieben, und so alles Andere
auf die beiden Seiten verwiesen worden.
Die Aufstellung des in dieser Zeitschrift schon
wiederholt gedachten Werkes in einer tiefblau ge-
tönten, halbkreisförmigen Nische mit einem ebenfalls
halbkreisförmigen Wasserbecken davor, ist die denkbar
würdigste. Ihm zu Liebe scheint auch die ganze
Dekorirung des Saales in stumpfem Grau und Grau-
blau, das hier und da goldigen Grund durchblicken
läßt, angeordnet zu jein, und die Wirkung ist außer-
gewöhnlich schön. Die Zahl der wirklich bedeutenden
plastischen Werke ist des weiteren so groß, daß wir
uns nicht länger bei einem einzelnen Werke auf-
halten können. Auffallend und für den Wandel im
Geschmack der leitenden Persönlichkeiten bezeichnend,
ist der Umstand, daß fast alle polychrome Plastik,
deren es diesmal überhaupt weniger als früher
giebt, aus dem Elitesaal in die kleinen Kabinette
verbannt ist. Ein Nu-dgang durch die Säle zeigte
außerordentlich viel Gutes auf dem Gebiete der
Plastik, und dem wollen wir uns zunächst widmen,
die Malerei und das Kunstgewerbe für später vor-
behaltend. Die Eingangshalle ist würdig durch drei
schöne Werke Zoh. Schillings, eine Pandora, einen
Todesengel auf dem Schlachtroß und einen Friedens-
boten zu Pferde geschmückt. Von größeren Gruppen
in der Haupthalle fallen zunächst auf „Reue" von
Karl Merz-Pasing, eine vortreffliche Arbeit, von dem
Kopenhagener Zul. w. Schultz die lebensvolle, durch
die geschickte Behandlung des Kostüms auffallende
Statue des Dichters Oehlenschläger, die im strengen
Thik gehaltene liegende Grabstatue und die bekannte
Gruppe des kämpfenden heiligen Georg von Fremiet
und die beiden wundervollen Thiergruppen, Tiger-
und Löwenxaare von Gardet, die nicht ungeschickt
zur Flankirung des oben erwähnten Wasserbeckens
verwendet sind, weiter wären zu erwähnen ein
amüsanter, sein durchgeführter Brunnen, „Satyr mit

zerbrochenem Weinkrug", von R. Gckelmann-Dresden,
die bereits bekannte Statue des auferstandenen Lhristus
von H. Hahn, an dessen herber Größe die Mehr-
zahl der Besucher theilnahmlos vorüberwallt, ein
vortrefflicher „Kentaur" von dem jungen Dresdener
petrenz, eine Gruppe „Der verlorene Sohn" von
B. Heising - Wilmersdorf, ein Werk von ebenso vor-
trefflicher Durchführung wie künstlerischer Empfindung,
ein schöner Grabesengel von dem Amerikaner Aug.
Saint-Gaudens, der noch durch ein weniger gutes
Kinder-Relief vertreten ist, und die ungemein lebendige
Figur eines Fischerknaben, der sich von den Fang-
armen eines Polypen befreit, von Ed. Rossi-Neapel.
Zn dem hinter der Haupthalle liegenden kleinen
Plastiksaal finden wir sodann ein Relief in Stein-
zeug „Die Bäcker" von Tharpentier, dessen wenig
günstigen Eindruck wir auf die mangelhafte Be-
leuchtung schieben wollen, ferner die ganz herrliche,
in Holz ausgeführte Figur „Die Aelteste ihres Ge-
schlechtes" von St. Sinding, ein Werk, das wir lieber
als Geschenk eines Kunstfreundes in den Besitz der
Königl. Skulpturensammlung übergeben sehen würden,
als die 2 großen Werke „Tränke" und „Lastträger"
von Meunier, der schon so überreich bei uns ver-
treten ist. Wohlverstanden, wir erkennen sehr wohl
die große Bedeutung Meuniers an und freuen uns,
daß er bei uns gebührend gefeiert wurde, aber wir
glauben, daß es den Verhältnissen unserer Samm-
lung nicht mehr angemessen ist, wenn immer von
Neuem Kunstfreunde veranlaßt werden, seine Werke
zu schenken. Daß dieser selbe Meunier, der einen
großen Theil seines heutigen Ruhmes Deutschland
verdankt, sich kürzlich erdreistete, zu erklären, daß
„der Unterofsiziersgeist Deutschland zu einer einzigen
ungeheuren Kaserne mache", obgleich er zugestandener-
maaßen nicht einmal Deutsch lesen kann, also deutschem
Geistesleben fern steht, vermag unsere Sympathie
für den Menschen nicht zu erhöhen, so daß der
Wunsch, ibn in einem deutschen Museum, in dem
er bereits, seiner Bedeutung gemäß, gut vertreten
ist, nicht gar zu sehr auf Kosten deutscher Bildner
in den Vordergrund gerückt zu sehen, verständlich
erscheinen mag. Endlich sei von größeren Werken
der reizvolle Orpheus - Brunnen von Hubert Netzer
erwähnt. Unter der großen Anzahl kleiner bildnerischer
Werke, vor Allem der Büsten, finden wir ebenfalls
Vieles, das, da für eine eingehende Würdigung der
Platz fehlt, wenigstens genannt werden soll. Da
fällt im Hauptsaal ein Marmorkopf von Thr. Samuel,
„Nele , auf, ferner eine sprechend ausdrucksvolle Büste
von Fr. Gffermann, ein seltsam fesselndes Porträt
in Marmor von A. Kramer - Dresden, eine lebens-
volle Doppelbüste von Fr. Hecht - Dresden und eine
männliche Büste von A. Donndorf, die trotz ihres
schlechten Platzes dem aufmerksamen Besucher nicht
entgehen wird. Eine reizende Bronzefigur eines
Kindes, „Der erste Kampf ums Dasein", von dem
Dresdener R. Hölte, eine entzückende Kindesbüste von
Lucien Schnegg-Paris und die virtuos gemachte edle
Büste der Herzogin von Genua von Pietro Tanonica-
Turin verdienen ebenso, wie das Marmor-Relief
„Liebelei" von Ed. Teles-Budapest und die in einem
der Hinteren Säle aufgestellten, geistvoll gemachten
Bronzen des Fürsten Troubetzkoy eingehende Beachtung
der Besucher.
Eine Anzahl kleinerer Bildwerke stehen sodann
in den Bildersälen zerstreut: von ihnen sind zunächst
hervorzuheben eine reizvoll bewegte Bronzegruppe
„Besiegt" von Richard König, und von demselben
 
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